Neues Gesetz gegen Korruption im Gesundheitswesen - Was Pharmaunternehmen und Ärzte in Zukunft zu beachten haben
Praktiken von Kliniken und Ärzten wie z. B. „Sponsoring“ oder „Zuweisungsprämien“ bedürfen nach dem neuen Korruptionsgesetz einer kritischen Überprüfung.
Mit dem verabschiedeten Gesetz sind in das Strafgesetzbuch zwei neue Tatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen aufgenommen worden (§§ 299a und 299b). Diese Neuregelungen sollen vor allem Aktivitäten der Pharmaindustrie (z. B. Rabatte oder Kick-Backs bei Verschreibung von Arzneimitteln und offene oder verdeckte „Zuweisungsprämien“) unterbinden.
Neue Straftatbestände
Am 4. Juni 2016 ist das Gesetz gegen Korruption im Gesundheitswesen in Kraft getreten. Nunmehr wird nicht nur korruptes Handeln von Ärzten und Angehörigen anderer Heilberufe nach § 299a StGB unter Strafe gestellt, wenn sie für die Verordnung oder den Bezug von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln oder das Zuführen von Patienten oder das Untersuchungsmaterial Vorteile fordern oder annehmen. Auch die Pharmaindustrie und die Medizinprodukthersteller können sich auf der Gegenseite wegen Bestechung gemäß § 299b StGB strafbar machen, sofern sie solche Vorteile anbieten, versprechen oder gewähren. Die Straftatbestände sollen alle Heilberufe erfassen, die für die Berufsausbildung oder Führung der Berufsbezeichnung eine staatliche Ausbildung benötigen (Krankenpfleger, Hebammen, Logopäden etc.). Bemerkenswert ist ferner, dass auch auf das Strafantragserfordernis für die Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen verzichtet wurde.
Hintergrund der neuen Regelungen
Das neue Gesetz geht auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. März 2012 zurück, in dem der Große Senat für Strafsachen in einem Beschluss festgestellt hat, dass die niedergelassenen Ärzte nicht zu Amtsträgern gehören und auch keine „Beauftragten“ im Sinne von § 299 StGB sind. Das führte im Ergebnis dazu, dass unzulässige Zuwendungen an niedergelassene Ärzte auch bei Beeinflussung des ärztlichen Verhaltens korruptionsrechtlich weder als Bestechung im geschäftlichen Verkehr noch als Amtsträgerbestechung galten, während Klinikärzte von den allgemeinen Bestechungsvorschriften erfasst wurden. Eine solche strafrechtliche Bevorzugung wurde als ungerechtfertigt empfunden und musste abgeschafft werden.
Umstellung und Herausforderungen
Die üblichen Praktiken, mit niedergelassenen Ärzten in Form von Beraterverträgen Zuwendungen zu vereinbaren oder Referententätigkeiten (sog. „Sponsoring“) zu bezahlen sowie offene oder verdeckte „Zuweisungsprämien“ der Kliniken und Ärzte, müssen in Zukunft kritisch überprüft werden. Schon eine unverbindliche Einwirkung auf den Patienten hinsichtlich seiner Wahl für ein Gesundheitsunternehmen gegen eine gewisse Vergütungsleistung an den Mediziner kann rechtswidrig und somit strafbar sein. Auch die Rabattierung beim Bezug von Arzneimitteln oder Medizinprodukten, die zur unmittelbaren Anwendung durch Ärzte oder andere Heilberufsangehörige bestimmt sind (z. B. Zahnimplantate und Prothesen), könnte unzulässig sein.
Praxishinweis
Vor dem Hintergrund der drohenden Geld- und Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren − in besonders schweren Fällen bis zu fünf Jahren − sind Pharmaunternehmen, Ärzte und Angehörige anderer Heilberufe sowie andere Unternehmungen im Gesundheitswesen angehalten, ihre bisherige Unternehmenspraxis auf ihre Rechtswirksamkeit und Zulässigkeit hin zu überprüfen und die „unzulässigen“ Verhaltensweisen unter Berücksichtigung der neuen Gesetzeslage zu ändern bzw. ggf. auch ihre Geschäftspartner zur Umsetzung der neuen Regelungen zu verpflichten.