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23.03.2020
Unternehmensrecht

COVID-19: Maßnahmen im Bereich Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht

 Aktuell: 

  • Verkündung im Bundesgesetzblatt am 27.03.2020 BGBl. I 2020, 569
  • Der Bundesrat hat am 27.03.2020 das zuvor vom Bundestag verabschiedete Gesetz durchgewunken. BR-Drs. 153/20 (B)
  • Der Bundestag hat dem von CDU/CSU und SPD eingebrachten Gesetzentwurf am 25.03.2020 in unveränderter Fassung zugestimmt. Beschluss: BR-Drs. 153/20 Gesetzentwurf

Das Bundeskabinett hat am 23.03.2020 ein Maßnahmenpaket mit Änderungen in verschiedenen Rechtsbereichen auf den parlamentarischen Weg gebracht. So soll das Insolvenzrecht gelockert, die Möglichkeit eröffnet werden, Pflicht-Präsenz-Veranstaltungen online durchführen zu können oder Zahlungen aus bestimmten Schuldverhältnissen zu stunden. 

Hintergrund

Die COVID-19-Pandemie gefährdet – neben der Gesundheit – insbesondere Unternehmer und Gewerbetreibende sowie Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder auch Vermieter und Mieter. Hohe Verluste und erhebliche Schäden sind zu verzeichnen oder zu befürchten. Mit steuerlichen Sofortmaßnahmen (siehe Deloitte Tax-News) und umfangreichen Förderprogrammen haben der Bund und die Länder bereits reagiert.

Beim Umgang mit der Pandemie und ihren Folgen stellen sich zahlreiche rechtliche Fragen, deren Beantwortung angesichts der Neuartigkeit der Sachverhalte nicht immer einfach ist und die bei Marktteilnehmern auch deshalb für eine gewisse Verunsicherung sorgen. Antworten auf diese Fragen sowie weitere Maßnahmen zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen für die Marktteilnehmer beinhaltet der von der Bundesregierung als Formulierungshilfe für die Regierungsfraktionen im Bundestag am 23.03.2020 vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht.

Der Bundestag soll am 25.03.2020 über einen, dann von den Regierungsfraktionen eingebrachten Gesetzentwurf beraten und am selben Tag noch verabschieden. Der Bundesrat berät hierzu in einer Sondersitzung am 27.03.2020.

Gesetzentwurf

Umwandungsrecht

  • Für Verschmelzungen und Spaltungen gilt bei Eintragungen durch das Registergericht (§ 17 Abs. 2 S. 4 UmwG), dass der Stichtag der Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers nicht mehr als 8 Monate vor dem Tag der Anmeldung liegt. Dieser Zeitraum soll auf 12 Monate verlängert werden.

Pflicht-Präsenz-Veranstaltungen

  • Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Europäische Gesellschaften (SE) und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit sollen vorübergehend diverse Erleichterungen für die Durchführung von Hauptversammlungen unter Verwendung elektronischer Fernkommunikationsmittel erhalten. Die Regelungen sollen dabei für sämtliche Hauptversammlungen, das heißt sowohl für die ordentliche Jahreshauptversammlung als auch für etwaige außerordentliche Hauptversammlungen gelten.
  • Es sollen Erleichterungen für die Durchführung von Gesellschafterbeschlüssen der GmbH in Textform eingeführt werden. Danach bedarf es dafür vorübergehend nicht mehr des Einverständnisses sämtlicher Gesellschafter.
  • Auch für Genossenschaften soll es Sonderregelungen geben, die die Durchführung einer „virtuellen“ General- oder Vertreterversammlung ermöglichen. Darüber hinaus soll es weitere Erleichterungen geben, um von einer physischen Präsenz im Rahmen der Geschäftstätigkeit befristet absehen zu können.
  • Vergleichbare Erleichterungen soll es auch für Vereine und Stiftungen geben.
  • Bei Wohnungseigentümergemeinschaften soll aufgenommen werden, dass in der derzeitigen Situation der bisherige Verwalter auch nach Ablauf der Amtszeit bis zur Bestellung eines neuen Verwalters im Amt bleibt. Darüber hinaus soll der letzte beschlossene Wirtschaftsplan bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplans fortbestehen.

Miet- und Pachtverhältnisse

  • Mietern sollen wegen Mietschulden aus dem Zeitraum vom 01.04.bis 30.09.2020 nicht gekündigt werden dürfen.
  • Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete soll aber im Grundsatz bestehen bleiben.

Verbraucher-Moratorium

  • Ein Verbraucher soll das Recht erhalten, Leistungen zur Erfüllung eines Anspruchs aus einem Verbrauchervertrag, der ein Dauerschuldverhältnis ist und vor dem 08.03.2020 geschlossen wurde, bis zum 30.06.2020 zu verweigern.
  • Voraussetzung: Dem Verbraucher ist es aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus nicht möglich, die geschuldete Leistung ohne Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhalts oder des angemessenen Lebensunterhalts seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen zur erbringen.
  • Das Leistungsverweigerungsrecht besteht in Bezug auf alle wesentlichen Dauerschuldverhältnisse.
  • Wesentliche Dauerschuldverhältnisse sind solche, die zur Eindeckung mit Leistungen der angemessenen Daseinsvorsorge erforderlich sind.
  • Die Regelung kann durch Rechtsverordnung verlängert werden, sofern die Beeinträchtigungen noch bestehen.
  • Die Regelung tritt am 30.09.2022 außer Kraft.

Darlehensverträge

  • Für vor dem 15.03.2020 abgeschlossene Verbraucherdarlehensverträge sollen die Ansprüche des Darlehensgebers auf Rückzahlung, Zins- oder Tilgungsleistungen, die zwischen dem 01.04.2020 und dem 30.06.2020 fällig werden, mit Eintritt der Fälligkeit für die Dauer von sechs Monaten gestundet werden.
  • Voraussetzung: Der Verbraucher hat durch die COVID-19-Pandemie Einnahmeausfälle, durch die die Erbringung der geschuldeten Leistung nicht zumutbar ist. Nicht zumutbar ist die Erbringung der Leistung insbesondere dann, wenn ein angemessener Lebensunterhalt oder der angemessene Lebensunterhalt der Unterhaltsberechtigten gefährdet ist.
  • Der Zusammenhang zwischen der COVID-19-Pandemie und den Einnahmeausfällen wird vermutet.
  • Der Verbraucher ist berechtigt, in dem oben genannten Zeitraum seine vertraglichen Zahlungen zu den ursprünglich vereinbarten Leistungsterminen weiter zu erbringen. Soweit die Zahlungen vertragsgemäß weiter geleistet werden, gilt die Stundung als nicht erfolgt.

Insolvenzrecht

  • Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags soll bis zum 30.09.2020 ausgesetzt werden.
  • Dies soll nicht gelten, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des Coronavirus beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.
  • War der Schuldner am 31.12.2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.
  • Ist der Schuldner eine natürliche Person, so ist § 290 Abs. 1 Nr. 4 der InsO mit der Maßgabe anzuwenden, dass auf die Verzögerung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Zeitraum zwischen dem 01.03. 2020 und dem 30.09.2020 keine Versagung der Restschuldbefreiung gestützt werden kann.
  • Die Regelung kann durch Rechtsverordnung bis höchsten 31.03.2021 verlängert werden.

Fundstelle

Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020

 

Alle Beiträge in den Deloitte Tax-News zum Thema COVID-19 

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