Bankenkäufe – Neuigkeiten: u.a. Mitwirkung von EZB und BaFin
Änderungen der Inhaberkontrollverordnung sowie der aufsichtsrechtlichen Beurteilung von Institutserwerben
Durch die Änderung der Inhaberkontrollverordnung, des Merkblatts der BaFin zur Inhaberkontrollverordnung und durch den Single Supervisor Mechanism hat sich der Prozess für den Erwerb von Instituten geändert
Erwerb bedeutender Beteiligungen an Kreditinstituten
Bereits seit einigen Jahren steht der Erwerb wesentlicher Beteiligungen an Kreditinstituten in verschiedenen Bereichen auf der öffentlichkeitswirksamen Agenda. Hier ging es etwa um Portfolio-Käufe, die im Rahmen der Teilgesamtrechtsnachfolge abgewickelt werden sollten, sowie um „Notübertragungen" auf der Grundlage des geltenden § 48b KWG. Diese der Finanzmarktkrise geschuldeten Ausnahmesituationen verdecken, dass Erwerbe von Kreditinstituten in den letzten Jahren jedoch auch außerhalb der Reaktion auf die Finanzmarktkrise ein Thema waren und sind. Das zeigt sich nicht zuletzt in den regelmäßig publik werdenden Beteiligungen von Private Equity-Investoren an deutschen Kreditinstituten, beispielsweise an der BHF-Bank (1.0), der KBC und der Bremer Kreditbank.
Die Gründe für den Erwerb von Beteiligungen an Kreditinstituten sind also sehr vielfältig:
- Zum einen kann der Erwerb eines Kreditinstituts unter dem Aspekt eines - im Vergleich zur Gründung -, schlicht schnelleren Marktzutritts interessant sein. Ein Unterfall dieses Ansatzes ist die betriebswirtschaftliche Überlegung des Marktzutritts mit einem ausbaufähigen Geschäftsportfolio. Ein Beispiel für einen solchen Ansatz war etwa der Erwerb der BHF-Bank, wenn auch der Veräußerungsprozess in diesem speziellen Fall geradezu abschreckend langwierig verlaufen ist und das gelegentlich gehörte "Time to Market"-Argument relativiert.
- Darüber hinaus ist der deutsche Einlagenmarkt trotz oder wegen der Niedrigzinsphase grundsätzlich für Zwecke der Refinanzierung interessant. Soweit es sich beim Zielunternehmen um ein Kreditinstitut handelt, das am Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken („ESF“) mitwirkt, ermöglicht das auch international hoch angesehene Einlagensicherungssystem des ESF die Refinanzierung über Einlagen auch institutioneller Einlagegläubiger, weil deren (wenn auch rechtlich nicht durchsetzbare) Haftung mit derzeit 20% deutlich über die gesetzliche Mindestsicherung hinausgeht. Ob und inwieweit diese besondere Form der Einlagensicherung jedoch zukünftig erhalten bleibt, ist nach einem substantiellen Entschädigungsfall in der jüngeren Vergangenheit gegenwärtig Gegenstand der Diskussion unter den Mitgliedern des Prüfungsverbandes.
- Einen weiteren Grund für einen Beteiligungserwerb an einem bereits zugelassenen Kreditinstitut stellt die Tatsache dar, dass sowohl das Kredit- als auch das Factoringgeschäft in Deutschland stärker beaufsichtigt ist als in anderen Jurisdiktionen und deshalb stets ein Erlaubnisträger nach den einschlägigen Vorschriften (u.a. des KWG) tätig werden muss. Ein solcher Erlaubnisträger lässt sich entweder gründen, kaufen oder als Fronting-Einheit dazwischen schalten.
- Im Bereich der Sparkassen und Genossenschaftsbanken sind zuletzt zahlreiche Vereinigungen und Fusionen zu beobachten. Diese sind regelmäßig dem Wunsch nach Hebung von Synergien geschuldet. Gerade Sparkassen und Primärgenossen leiden unter der Margenverengung im Kreditgeschäft, insbesondere dann, wenn ein Passivüberhang besteht und stehen unter entsprechendem Ertragsdruck, dem nur durch Kostenreduktion begegnet werden kann. Die in diesem Bereich gewünschten Effekte zur Synergiehebung durch Vereinigungen und Fusionen der Institute lassen sich in praxi häufig durch den Erwerb von Beteiligungen umsetzen.
- Schließlich lässt sich gegenwärtig auch noch ein Trend zur Mittelstandsbank beobachten. Dabei ziehen in erster Linie Familienunternehmen die Gründung oder den Erwerb eines Kreditinstituts in Betracht, etwa um – unter Beachtung der Großkreditvorschriften – die Refinanzierung des Unternehmens zu verbessern, ihren Lieferanten und sonstigen Vertragspartnern Darlehen gewähren zu können oder Mitarbeitern die Möglichkeit der Vermögensbildung zu schaffen.
Verschiedene Entwicklungen im Bereich der Aufsicht bieten derzeit aktuellen Anlass für Überlegungen zu möglichen Beteiligungserwerben. So liegen inzwischen (i) erste Erfahrungen vom mit der Einbeziehung der Europäischen Zentralbank („EZB“) im Rahmen ihrer Zuständigkeit als „Single Supervisor“ nach Art. 15 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank („SSM-VO“) vor, (ii) die BaFin hat das Inhaberkontrollverfahren einem neuen Referat (BA 15) zugeschlagen und (iii) die Inhaberkontrollverordnung und das entsprechende Merkblatt der BaFin wurden Ende vergangenen Jahres neu gefasst.
Weitere Änderungen betreffen das aufsichtsrechtliche Verfahren im Zusammenhang mit der Kontrolle von Beteiligungserwerben: Die am Erwerb einer bedeutenden Beteiligung interessierte Person (der „Erwerbsinteressent“) ist zur Abgabe einer Anzeige gegenüber BaFin und Bundesbank verpflichtet. Diese nach § 2c Abs. 1 KWG in Verbindung mit § 24 Abs. 4 Satz 1 KWG obligatorische Anzeige ist hochformalisiert und beschwert den Erwerbsinteressenten mit umfassenden Informationspflichten, die anhand von Musterformularen und weiteren Dokumentationen abgearbeitet werden müssen. Die genannte Vorschrift enthält zudem die Verordnungsermächtigung, auf die sich die jüngst novellierte Inhaberkontrollverordnung („InhKontrV“) stützt, welche die Details des Verfahrens regelt.
Die EZB ist – wie früher die BaFin – berechtigt, den Erwerb der Beteiligung an einem Kreditinstitut zu untersagen. Die Untersagung muss innerhalb einer bestimmten Untersagungsfrist erfolgen, deren Beginn sich nach jeweils nationalem Unionsrecht, für inländische Institute also nach deutschem Recht, richtet. Die relevante Bestimmung des § 2c Abs. 1a KWG lässt die grundsätzlich nach 60 Arbeitstagen ablaufende Untersagungsfrist mit dem Datum des Schreibens beginnen, mit dem sie den Eingang der vollständigen Anzeige zu bestätigen hat. Die Behörde hat die Ingangsetzung der Frist damit selber in der Hand. Zwar mag sie eine Pflicht zur Bestätigung des Eingangs der Anzeige haben, diese greift jedoch erst, wenn die Anzeige vollständig ist. Die Beurteilung einer eingegangenen Anzeige auf Vollständigkeit in diesem Sinne unterliegt wiederum sehr weitgehend der Einschätzung der BaFin selbst. Bereits dies kann im Erwerbsverfahren zu deutlichen Unsicherheiten und zu Zeitverzögerungen führen.
Dieses Problem von möglichen Verzögerungen durch Vorgänge innerhalb der Aufsichtsbehörde, auf die ein Erwerbsinteressent nur äußerst begrenzten Einfluss hat, ist jedoch nicht neu. Neu ist jedoch die im Merkblatt der BaFin zum Ausdruck gelangende dezidierte Meinung der BaFin, dass der Zeitpunkt, zu dem die Anzeigepflicht entsteht, im Zeitpunkt der Aufnahme „hinreichend konkreter Vertragsverhandlungen hinsichtlich des Erwerbs der Beteiligung als gegeben anzusehen“ ist. Mit dieser unklaren Bestimmung ist niemandem geholfen. Erstens sind zum Zeitpunkt konkreter Vertragsverhandlungen, also etwa mit Beginn einer Due Diligence-Prüfung, regelmäßig noch nicht alle für eine vollständige Anzeige notwendigen Unterlagen vorhanden. Die Erstattung einer vollständigen Anzeige ist daher zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht möglich. Zweitens liegt es sehr viel näher, den Zeitpunkt der Erwerbsabsicht deutlich später anzusetzen, also etwa zu einem Zeitpunkt, zu dem die für die Vollständigkeit der Anzeige notwendigen Unterlagen vorliegen. Dies dürfte regelmäßig zum Zeitpunkt des Signing der Erwerbsvereinbarung der Fall sein und vor Vollzug der Vereinbarung, die ohnehin unter die aufschiebende Bedingung des Ablaufs der Untersagungsfrist gestellt werden sollte.
Von diesen Überlegungen zu unterscheiden ist jedoch die Frage, ob es nicht sinnvoll ist, bereits deutlich vor dem Signing einen Prozess zur Behandlung der Erwerbsanzeige in Gang zu setzen und mit BaFin und Bundesbank vor zu besprechen. Hier frühzeitig Sicherheit zu erlangen ist nicht nur wirtschaftlich geboten, sondern auch und gerade wegen der straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Bewehrung der Anzeigepflicht.