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21.03.2023
Transfer Pricing

Brasilien führt ein neues Verrechnungspreissystem ein – im Einklang zu den internationalen OECD-Standards

​Seit dem Antrag Brasiliens auf Mitgliedschaft in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ("OECD") im Jahr 2017 wurde die Konvergenz der brasilianischen Verrechnungspreisvorschriften mit den internationalen Standards als wesentlicher Bestandteil des Beitrittsprozesses bezeichnet. Nach Jahren intensiver gemeinsamer Arbeit zwischen der brasilianischen Bundessteuerbehörde ("RFB"), der OECD und anderen Interessengruppen hat die brasilianische Regierung am 29. Dezember 2022 die sog. vorläufige Maßnahme Medida Provisória Número 1.152/2022 ("MP") erlassen, mit der ein neues Verrechnungspreissystem im Lande eingeführt wurde.

Hintergrund

Das brasilianische Verrechnungspreissystem war einzigartig und wich vom Fremdvergleichsgrundsatz und den internationalen Standards deutlich ab, die in den OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen ("OECD-Verrechnungspreisleitlinien") enthalten sind. Obwohl das brasilianische Verrechnungspreissystem aus innerstaatlicher Sicht für seine Praktikabilität und Vorhersehbarkeit bekannt war - z. B. durch die Einführung fester Gewinnspannen, die freie Wahl der Verrechnungspreismethode und Safe-Harbor-Regelungen, führte seine Abweichung von anderen OECD-konformen Verrechnungspreissystemen auf der ganzen Welt häufig dazu, dass die Steuerzahler mit Unsicherheiten und relevanten Risiken im Zusammenhang mit Doppelbesteuerung und internationalen Steuerstreitigkeiten konfrontiert wurden.

Vor diesem Hintergrund zielt die Veröffentlichung der MP durch die brasilianische Regierung am 29. Dezember 2022 darauf ab, die brasilianischen Verrechnungspreisrichtlinien an die internationalen OECD-Standards anzugleichen. Obwohl das MP bereits in Kraft ist, sollten Steuerpflichtige die Besonderheiten dieses Rechtsinstruments beachten und sich über wichtige Details der neuen Vorschriften im Klaren sein.

Die vorläufige Maßnahme Nr. 1.152/2022

Durch die Übernahme des Fremdvergleichsgrundsatzes, ersetzt die MP die alten Verrechnungspreismethoden in der brasilianischen Gesetzgebung mit im Voraus festgelegten Gewinnspannen durch die in den OECD-Verrechnungspreisleitlinien vorgesehenen Verrechnungspreismethoden, wie z. B. die traditionellen Transaktionsmethoden (d. h. die Preisvergleichsmethode, die Wiederverkaufspreis- und die Kostenaufschlagsmethode) und die Transaktionsgewinnmethoden (d. h. die Gewinnaufteilungsmethode und die Methode der transaktionsbezogenen Nettomarge).

Darüber hinaus ändert das MP die bisherigen Dokumentationsvorschriften und setzt den dreistufigen Dokumentationsansatz der OECD um. Dies bedeutet, dass die Steuerpflichtigen nicht nur den länderbezogenen Bericht (Country-by-Country Report) erstellen müssen (der in Brasilien bereits ab bestimmter Schwellenwerte vorgeschrieben war), sondern auch das Master File und das Local File.

Schließlich überträgt die MP ausdrücklich die Festlegung bestimmter relevanter Fragen an die Sekundärgesetzgebung (d.h. in Form von sog. Instrução Normativa) delegiert, wie z.B. Safe Harbour Regeln, zusätzliche Leitlinien für bestimmte Transaktionen (d.h. immaterielle Werte, Unternehmensumstrukturierungen usw.) sowie Verrechnungspreiskorrekturen. Die erste Instrução Normativa wurde vom RFB am 17. Februar 2023 veröffentlicht, wie im Folgenden weiter ausgeführt wird.

Auswirkungen und Vollzug der vorläufigen Maßnahme Nr. 1.152/2022

Generell gilt, dass die MP erst am 1. Januar 2024 in Kraft treten soll, so dass die Steuerpflichtigen mehr als ein Jahr Zeit haben, sich an die neuen Verrechnungspreisleitlinien anzupassen. Die Steuerpflichtigen können sich jedoch auch dafür entscheiden, die neuen brasilianischen Verrechnungspreisregelungen bereits ab dem 1. Januar 2023 anzuwenden. In diesem Fall hat der Steuerpflichtige vom 1. September bis zum 30. September 2023 Zeit, sich unwiderruflich für einen vorzeitigen Übergang zum neuen System zu entscheiden.

Obwohl Unternehmen bereits jetzt prüfen sollten, ob in ihrem Fall ein frühzeitiger Übergang zum neuen brasilianischen Verrechnungspreissystem empfehlenswert ist, sollten sie sich bewusst sein, dass die vorläufige Maßnahme - wie der Name des Rechtsinstruments schon sagt - provisorisch ist. Das bedeutet, dass die MP zwar bereits gültig und vollstreckbar ist, aber innerhalb einer Frist von 60 Tagen (die um denselben Zeitraum verlängert werden kann) in eine Rechtsnorm umgewandelt werden muss, sonst verliert sie ihre rechtliche Wirksamkeit.

Daher muss der brasilianische Nationalkongress den Text des MP bis zum Juni 2023 genehmigen, abändern oder ablehnen (teilweise oder ganz). Die Frist endet erst im Juni 2023, da der Fristlauf aufgrund der Kongresspause im Januar ausgesetzt wurde und die Frist von 120 Tagen erst seit dem 1. Februar 2023 läuft. Wenn der Kongress die vorläufige Maßnahme billigt, muss diese noch vom neu gewählten Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva genehmigt werden, da die Maßnahme unter der Regierung des ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro erlassen und veröffentlicht wurde.

Normative Vorschrift Nr. 2.132/2023

Wie bereits erwähnt, hat die RFB am 17. Februar 2023, die Instrução Normativa Nr. 2.132/2023 ("IN“) veröffentlicht mit dem Ziel der Regelung der MP neben der Definition des Begriffs, der Form und der Bedingungen für die vorzeitige Anwendung des neuen brasilianischen Verrechnungspreissystems durch den Steuerpflichtigen (d.h. ab Januar 2023) bekräftigt die NR auch den Fremdvergleichsgrundsatz, indem sie die sogenannten Verrechnungspreiskorrekturen regelt.

Nach der IN können Verrechnungspreisanpassungen in drei Fällen erfolgen: (i) sog. spontane Anpassung, die vom brasilianischen Steuerzahler direkt bei der Berechnung der Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage vorgenommen wird, um das Ergebnis zu erreichen, das erzielt worden wäre, wenn die Bedingungen der kontrollierten Transaktion im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz festgelegt worden wären; (ii) ausgleichende Anpassung, die von den Parteien der kontrollierten Transaktion vorgenommen wird, um ihren Wert nach dem Fremdvergleichsgrundsatz anzupassen; und (iii) primäre Anpassung, die von den brasilianischen Steuerbehörden im Rahmen einer Betriebsprüfung vorgenommen wird.

Es ist jedoch wichtig hervorzuheben, dass die NR festlegt, dass die spontanen und ausgleichenden Anpassungen nur dann vorgenommen werden können, wenn sie zu einer Erhöhung der Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage des Unternehmens oder zu einer Verringerung des vom Steuerpflichtigen zu nutzenden Verlustbetrags führen. Anpassungen mit gegenteiligem Ergebnis sind nicht zulässig, es sei denn, sie beziehen sich auf als nicht abzugsfähig eingestufte Lizenzgebühren.

Deloitte Brasilien TP Desk

Deloitte Deutschland unterstützt deutsche multinationale Konzerne bei der Analyse der Risiken und Chancen einer möglichen Umstellung auf die neu gefassten TP-Vorschriften.  

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