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02.09.2021
Unternehmensteuer

BMF: Neufassung des Schreibens zur steuerlichen Förderung der betrieblichen Altersversorgung

Das BMF hat mit Schreiben vom 12.08.2021 das bisherige BMF-Schreiben vom 06.12.2017 zur steuerlichen Förderung der betrieblichen Altersversorgung aktualisiert. Die wesentlichen Änderungen des für alle im Bereich der betrieblichen Altersversorgung tätigen Praktiker hochrelevanten Schreibens fassen wir im Folgenden zusammen.

Hintergrund

Vor dem Hintergrund insbesondere der Änderungen durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018 (BGBl. I S. 2338, BStBl I S. 1377) sowie das Grundrentengesetz vom 12. August 2020 (BGBl. I S. 1879, BStBl 2021 I S. 4) wurde das BMF-Schreiben zur steuerlichen Förderung der betrieblichen Altersversorgung neu gefasst. Das neue BMF-Schreiben vom 12.08.2021 ersetzt die BMF-Schreiben vom 06.12.2017 (BStBl 2018 I S. 147) und vom 08.08.2019 (BStBl I S. 834, siehe Deloitte Tax-News). Es ist in allen offenen Fällen anzuwenden.

Gegenüber dem BMF-Schreiben vom 06.12.2017 sind – neben zahlreichen redaktionellen Anpassungen – insbesondere folgende Änderungen hervorzuheben (die Angaben der Rn. beziehen sich – sofern nichts anderes angegeben – auf das BMF-Schreiben vom 12.08.2021).

Allgemeines – Begriff der betrieblichen Altersversorgung und maßgebender Zeitpunkt

In den Textziffern 1 bis 7 erfolgten schon bisher Ausführungen zum Begriff der betrieblichen Altersversorgung, zur Absicherung eines biometrischen Risikos als Voraussetzung für das Vorliegen einer Zusage der betrieblichen Altersversorgung sowie des für die steuerrechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkts der Versorgungszusage. In Rn. 1 wurde nun ergänzend der Hinweis aufgenommen, dass die Zusage des Arbeitgebers einem im BetrAVG geregelten Versorgungszweck dienen muss, die Leistungspflicht nach dem Inhalt der Zusage durch ein im Gesetz genanntes biologisches Ereignis ausgelöst werden und durch die vorgesehene Leistung ein im Gesetz angesprochenes biometrisches Risiko teilweise übernommen werden muss (BAG-Urteil vom 16.03.2010, 3 AZR 594/09, Rn. 23 ff.). Das BMF-Schreiben vom 06.12.2017 regelte bereits bisher, dass keine betriebliche Altersversorgung vorliegt, wenn der Arbeitgeber dem nicht bei ihm beschäftigten Ehegatten eines Arbeitnehmers eigene Versorgungsleistungen zur Absicherung seiner biometrischen Risiken verspricht, da hier keine Versorgungszusage aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Arbeitgeber und dem Ehegatten vorliegt. Nunmehr gilt das entsprechend für Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz sowie für nichteheliche Lebensgefährtinnen und Lebensgefährten (Rn. 2).

Die Rn. 3a bis 3d enthalten klarstellende Ergänzungen zum biometrischen Risiko. So ist bei Eintritt einer Erwerbsminderung, Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit das biometrische Risiko der Invalidität grds. erfüllt. Bei der in den letzten Jahren zunehmend in der Praxis anzutreffenden Grundfähigkeitenversicherung ist grds. ebenfalls die Absicherung des biometrischen Risikos „Invalidität“ gegeben. Demgegenüber stellt die Versicherung des Risikos einer Arbeitsunfähigkeit keine Absicherung des biometrischen Risikos „Invalidität“ dar und dient folglich nicht einer betrieblichen Altersversorgung.

Das BMF-Schreiben berücksichtigt nicht die Grundsätze des Urteils des BFH vom 16.03.2021, X R 44/18 zum Zeitpunkt der Zusage der betrieblichen Altersversorgung. Der BFH hat mit Urteil vom 16.03.2021 klargestellt, dass eine Zusage der betrieblichen Altersversorgung auch dann gegeben sein kann, wenn die Zusage erstmals anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder sogar erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilt wird. Erforderlich für die Qualifizierung als „betriebliche Altersversorgung“ sei lediglich ein Kausalzusammenhang zwischen der Zusage des Arbeitgebers und dem Arbeitsverhältnis, nicht aber dessen Fortbestand. Die Grundsätze dieses (erst nach Erlass des BMF-Schreibens, am 19.08.2021 veröffentlichten) Urteils werden ggf. zu einem späteren Zeitpunkt noch ergänzend in das BMF-Schreiben aufgenommen.

Steuerfreie Sonderzahlungen des Arbeitgebers

Nicht zu besteuernder Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 2 HS 1 Buchst. b EStG sind unter bestimmten Voraussetzungen auch Sonderzahlungen des Arbeitgebers an eine externe Versorgungseinrichtung. Nach Ergänzung des § 234 VAG um einen neuen Absatz 7, der Zahlungen des Arbeitgebers zur Sanierung von Teilbeständen von Pensionskassen regelt, wurden Zahlungen im Zuge entsprechender Satzungsänderungen nach § 234 Abs. 7 VAG nF als lohnsteuerfreie Sonderzahlung aufgenommen (Rn. 19). Ebenso führen Angleichungsbeträge bei der Zusammenfassung von Abrechnungsverbänden eines Versorgungswerks nicht zu besteuerpflichtigem Arbeitslohn (Rn. 19a). Die Bildung eines Gründungsstocks i.S.d. § 178 Abs. 5 VAG stellt allerdings keine Sonderzahlung i.S.d. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 2 EStG dar, weil es sich um Darlehensmittel handelt. Wird auf die Rückzahlung des Gründungsstocks verzichtet oder ist das Darlehen als uneinbringlich anzusehen, liegt in diesem Zeitpunkt eine Sonderzahlung vor. Diese gehört aber nicht zum Arbeitslohn, soweit nach den vertraglichen Vereinbarungen die Bereitstellung und der Abruf der Darlehensmittel den unter § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 2 HS. 1 EStG bezeichneten Zwecken diente (Rn. 22a).

Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63 EStG

Macht ein Arbeitnehmer (z. B. aufgrund eines entsprechenden Tarifvertrags) von der Möglichkeit Gebrauch, zusätzliche vermögenwirksame Leistungen des Arbeitgebers für den Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung über die Durchführungswege Pensionsfonds, Pensionskasse oder Direktversicherung im Rahmen einer Entgeltumwandlung zu verwenden, fallen die Beiträge in den Anwendungsbereich des § 3 Nr. 63 EStG. Dies gilt auch für in diesem Zusammenhang gewährte Erhöhungsbeträge des Arbeitgebers (Rn. 26a). Im Hinblick auf die gewährten Erhöhungsbeträge vertritt das BMF weiterhin, dass diese nicht nach § 100 EStG förderfähig sind (Rn. 111a); eine Klarstellung zur steuerlichen Behandlung von sog. „Matching-Modellen“ ist jedoch nicht erfolgt.

Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 66 EStG

Die Steuerfreiheit bei entgeltlicher Übertragung von Versorgungsanwartschaften kommt nur für Zahlungen an den Pensionsfonds in Betracht, die für die bis zum Zeitpunkt der Übertragung bereits erdienten Versorgungsanwartschaften geleistet werden (sog. „Past-Service“); Zahlungen an den Pensionsfonds für zukünftig noch zu erdienende Anwartschaften (sog. „Future-Service“) sind ausschließlich in dem begrenzten Rahmen des § 3 Nr. 63 EStG lohnsteuerfrei. Die Praxis behalf sich z.T. damit, dass die Übertragungen in Chargen erfolgte und – mit zeitlichem Abstand – jeweils wieder neu erdiente Anwartschaften übertragen wurden. In der Literatur wurde diskutiert, in welchen Grenzen dies möglich ist und wann ggf. ein steuerschädlicher Gesamtplan (§ 42 AO) vorliegt. Nunmehr stellt das BMF-Schreiben klar, dass es sich bei der Auslagerung des „Past-Services“ ohne Einbeziehung des „Future-Services“ und einer sich anschließenden zweiten Auslagerung der in der Zwischenzeit angesammelten Versorgungsanwartschaften bei Renteneintritt nicht um einen steuerschädlichen Gesamtplan handelt (Rn. 56). Fraglich ist weiterhin, ob in der Auslagerung von drei oder mehreren „Chargen“ ein schädlicher Gesamtplan zu sehen ist.

Das BMF-Schreiben berücksichtigt noch nicht die Grundsätze des BFH-Urteils vom 19.04.2021, VI R 45/18, siehe Deloitte Tax-News. Mit Urteil vom 19.04.2021 hat der BFH entschieden, dass die Übertragung einer vom Arbeitgeber erteilten Pensionszusage auf einen Pensionsfonds beim Arbeitnehmer in Höhe der zur Übernahme der bestehenden Versorgungsverpflichtung erforderlichen und getätigten Leistungen zum Zufluss von Arbeitslohn führt. Werde der für die Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 66 EStG erforderliche Antrag nach § 4e Abs. 3 EStG nicht gestellt, sei die vom Arbeitgeber erbrachte Ablöseleistung in vollem Umfang (lohn-)steuerpflichtig. Nach den Senatsentscheidungen vom 18.08.2016, VI R 18/13 und VI R 46/13, wonach kein lohnsteuerlicher relevanter Zufluss vorliegt, wenn eine erteilte Direktzusage zugunsten des Arbeitnehmers von einem anderen Rechtsträger übernommen wird, war die Frage, ob bei Übertragung auf einen Pensionsfonds unabhängig von einem Antrag nach § 3 Nr. 66 EStG ebenfalls kein lohnsteuerlich relevanter Zufluss gegeben ist, zunächst ungeklärt. Dies verneinte der BFH nun mit der Begründung, dass sich bei Übertragung der Pensionsverpflichtung auf einen Pensionsfonds – im Gegensatz zum reinen Schuldnerwechsel – Schuldgrund und -inhalt ändern.

Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 55c S. 2 Buchst. a EStG

Steuerfrei nach § 3 Nr. 55c Satz 2 Buchstabe a EStG ist die bei einem fortbestehenden Dienstverhältnis vorgenommene Übertragung von Anwartschaften aus einer betrieblichen Altersversorgung, die über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung (Direktversicherung) durchgeführt wird, wenn die Anwartschaft lediglich auf einen anderen Träger einer betrieblichen Altersversorgung in Form eines Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder eines Unternehmens der Lebensversicherung (Direktversicherung) übertragen wird. Neu aufgenommen wurde der Hinweis, dass es für den Fall, dass es im Zusammenhang mit der Übertragung aufgrund rechtlicher Vorgaben des aufnehmenden Versorgungsträgers (z. B. abweichendes Tarifwerk der aufnehmenden Pensionskasse, andere Rechnungsgrundlagen, anderer Rechnungszins) zwingend zu Änderungen der Rahmenbedingungen der zugesagten betrieblichen Altersversorgung (z. B. Beitragsanpassung, Ausschluss einer Hinterbliebenenabsicherung) kommt, dies der Anwendung von § 3 Nr. 55c Satz 2 Buchstabe a EStG nicht entgegensteht. Soweit danach § 3 Nr. 55c Satz 2 Buchstabe a EStG anwendbar ist, führen diese Änderungen weder zu einem neuen Vertrag für Zwecke der Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG (Rn. 63) noch zu einer schädlichen Verwendung bei Riester-Verträgen nach § 93 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 EStG (Rn. 172a).

Steuerliche Behandlung der Versorgungsleistungen

Die steuerliche Behandlung der Leistungen aus einer Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds in der Auszahlungsphase erfolgt nach § 22 Nr. 5 EStG (lex specialis), Rn. 148. Hier wurde der Verweis auf das BMF-Schreiben vom 21.12.2017, BStBl 2018 I S. 93 um die Änderung durch das BMF-Schreiben vom 17.02.2020, BStBl I S. 213 ergänzt. In Rn. 148a wurde ein Absatz zu Beitragsaufstockungen infolge von § 1a Abs. 1a, § 26a BetrAVG aufgenommen. Werden gesetzlich angeordnete Beitragsaufstockung und dementsprechende Leistungserhöhung der zugesagten betrieblichen Altersversorgung in den Durchführungswegen Pensionsfonds, Pensionskasse oder Direktversicherung vorgenommen, gilt die Betragsaufstockung nicht als gesonderter neuer Vertrag (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG).

In den Rn. zur Besteuerung sind die Grundsätze des BFH-Urteils vom 16.03.2021, X R 44/18 noch nicht aufgenommen. Mit Urteil vom 16.03.2021, X R 44/18 hat der BFH entschieden, dass der gesonderte Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen (Abgeltungsteuer nach § 32d Abs. 1 EStG) bei Direktversicherungen selbst dann ausgeschlossen ist, wenn § 22 Nr. 5 S. 2 Buchst. b EStG hinsichtlich der Besteuerung der Erträge auf § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG verweist. Diese Grundsätze werden ggf. zu einem späteren Zeitpunkt noch in das BMF-Schreiben aufgenommen. 

Fundstelle

BMF, Schreiben vom 12.08.2021, IV C 5 -S 2333/19/10008 :017

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