BFH: Verfassungsmäßigkeit der Ungleichbehandlung von Spenden an Vereine und Stiftungen
Das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen vom 14.07.2000 (BGBl I 2000, S. 1034; BStBl I 2000, S. 1192) beinhaltete Erweiterungen des Spendenrechts. Die Rechtsform Stiftung wurde darin spezifisch begünstigt, indem Spenden an Stiftungen gem. § 10b Abs. 1 Satz 3 EStG über die prozentualen Beschränkungen des § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG hinaus bis zu 20.450 Euro abgezogen werden konnten. Mit Wirkung zum 01.01.2007 wurde die Differenzierung des § 10b Abs. 1 Satz 3 EStG wieder aufgehoben worden.
Sachverhalt
Der Kläger begehrt im Veranlagungszeitraum 2002 einen Sonderausgabenabzug von Spenden an Vereine nach den für Stiftung geltenden Normierungen.
Entscheidung
Die Ungleichbehandlung der Spenden an Vereine gegenüber den Spenden an Stiftungen ist sachlich gerechtfertigt.
Der Gesetzgeber wollte mit der besonderen Regelung des § 10b Abs. 1 Satz 3 EStG die steuerliche Rahmenbedingungen für Stiftungen verbessern. Die Abzugsfähigkeit von Zuwendungen sollte erhöht werden und ein Anreiz für das Zuwenden gerade mittlerer Summen geschaffen werden, um eine „Stiftungskultur“ in Deutschland zu etablieren.
Dieses gesetzgeberische Ziel Stiftungen mehr als andere gemeinnützige Organisationen finanziell zu fördern, verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die weitergehende Förderung ist durch einen erhöhten finanziellen Bedarf der Stiftungen gerechtfertigt.
Begründet werden kann dies mit der Rechtsform „Stiftung“. Eine Stiftung kann nicht auf Beiträge oder Dienstleistungen von Mitgliedern zurück greifen, sondern muss ihre Aktivitäten aus den Erträgen der ihr gewidmeten Vermögensmasse finanzieren. Eine Ausnahme davon bildet lediglich die Verbrauchsstiftung, welche das Stiftungsvermögen über die Lebensdauer der Stiftung hin für satzungsmäßige Zwecke der Stiftung verbrauchen soll. Die Finanzierungsmöglichkeiten sind jedenfalls für eine Stiftung beschränkt.
Gleichzeitig hat eine Stiftung einen erhöhten Finanzbedarf. Einerseits bedarf es eines ausreichend hohen Stiftungsvermögens, da Erträge eines Vermögens sich nominell lediglich auf einen Bruchteil des Vermögens belaufen. Andererseits stehen der Stiftung nur Spenden als Finanzierungsquelle zur Verfügung, so dass hier das Bedürfnis nach Spenden erhöht ist.
Dem steht auch nicht entgegen, dass bereits Zuwendungen in den Vermögensstock der Stiftung nach § 10b Abs. 1a EStG besonderer Förderung unterliegen. § 10b Abs. 1a EStG fördert den Aufbau des Vermögensstocks der Stiftung, während § 10b Abs. 1 Satz 3 EStG die fehlenden Beiträge und Dienstleistungen von Mitgliedern berücksichtigt.
Auch aus dem Umstand, dass die Begünstigung der Stiftung mittlerweile wiederum modifiziert wurde, kann keine Annahme einer Verfassungswidrigkeit abgeleitet werden, sondern es kommen lediglich die geänderten Prioritäten des Gesetzgebers zum Ausdruck.
Vorinstanz
Finanzgericht Hamburg, Urteil om. 04.09.2006, EFG 2007, S. 199
Fundstelle
BFH, Urteil vom 15.09.2010, X R 11/08, BFH/NV 2011, S. 769
Ansprechpartner
Andrea Kochenbach | München