BFH: Ergebnisverteilung bei unterjährigem Eintritt in eine vermögensverwaltende Personengesellschaft
Der Ergebnisverteilungsschlüssel kann bei unterjährigem Eintritt in eine vermögensverwaltende Personengesellschaft dahingehend geändert werden, dass dem neuen Gesellschafter der auf seinen Geschäftsanteil entfallende Einnahmen- oder Werbungskostenüberschuss für das gesamte Geschäftsjahr zugerechnet wird (Änderung der Rechtsprechung). Dies setzt eine für die Zukunft vereinbarte abweichende Ergebnisverteilung sowie die Zustimmung aller Gesellschafter voraus.
Sachverhalt
An einer GbR mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung waren drei Gesellschafter zu jeweils einem Drittel beteiligt. Einer der Gesellschafter veräußerte seinen Anteil an einen neu eintretenden Gesellschafter. Nach dem im Oktober 1997 geschlossenen notariellen Vertrag sollte die Übertragung der Gesellschafterrechte mit Kaufpreiszahlung noch im selben Jahr erfolgen. Tatsächlich wurde der Kaufpreis erst am 30.06.1998 gezahlt. Deshalb kam es erst zu diesem Zeitpunkt zum Gesellschafterwechsel. Den Verlust des Jahres 1998 verteilte das Finanzamt jeweils zu einem Drittel an die verbleibenden Gesellschafter und zu je einem Sechstel auf den ausgeschiedenen und den neu eingetretenen Gesellschafter. Der neu eingetretene Gesellschafter begehrte beim FG eine Zurechnung eines Drittels des Gesamtjahresergebnisses und hatte Erfolg.
Entscheidung
Der BFH bestätigt die Entscheidung des FG und spricht dem neu eingetretenen Gesellschafter den seiner Beteiligungsquote entsprechenden Verlust des gesamten Geschäftsjahres zu.
Abweichung von bisheriger Rechtsprechung
Damit weicht der BFH von seiner bisherigen Rechtsprechung ab. In seinem Beschluss vom 19.08.1986 (IX S 5/83) stellte der BFH bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften noch auf das Zu- bzw. Abflussprinzip ab und vertrat die Auffassung, dass der Einnahmen- oder der Werbungskostenüberschuss nur den Personen zugerechnet werden kann, die im Zeitpunkt des Zuflusses der Einnahmen oder des Abflusses von Ausgaben Gesellschafter waren.
Zivilrechtlicher Verteilungsschlüssel ist grundsätzlich maßgeblich
Grundsätzlich ist für die Verteilung des Einnahmen- und des Werbungskostenüberschusses der GbR der zivilrechtliche Verteilungsschlüssel laut Gesellschaftsvertrag maßgeblich. Die Ermittlung des Einnahmen- oder Werbungskostenüberschusses erfolgt regelmäßig für das Geschäftsjahr. Der dem einzelnen Gesellschafter einer vermögensverwaltenden GbR zuzurechnende Anteil am Überschuss steht daher erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums fest.
Von den Beteiligungsverhältnissen abweichende Verteilung
Eine Änderung des bisherigen Ergebnisverteilungsschlüssels dahingehend, dass die Ergebnisverteilung ohne zeitanteilige Berücksichtigung des Anteiles des ausgeschiedenen Gesellschafters erfolgt und dem unterjährig neu eintretenden Gesellschafter der auf seinen Geschäftsanteil entfallende Einnahmen- oder Werbungskostenüberschuss für das ganze Jahr zugerechnet wird, kann zulässig sein. Voraussetzung ist, dass diese Ergebnisverteilung für die Zukunft getroffen worden ist und ihr alle Gesellschafter zugestimmt haben. Außerdem muss die abweichende Ergebnisverteilung ihren Grund im Gesellschaftsverhältnis haben und darf nicht rechtsmissbräuchlich sein.
Vergleich der Rechtspositionen bei vertragsgerechtem und bei vertragswidrigem Verhalten
Der BFH begründet diese von den Beteiligungsverhältnissen abweichende Zurechnung anhand einer Gegenüberstellung der Rechtspositionen bei vertragsgerechtem Verhalten, wenn Kaufpreiszahlung und Gesellschafterwechsel im Jahr des Vertragsabschlusses (1997) stattgefunden haben, und bei dem im Streitfall gegebenen vertragswidrigen Verhalten (verspätete Kaufpreiszahlung in 1998) des neu eingetretenen Gesellschafters. Für den Fall des vertragsgerechten Verhaltens wäre das Ergebnis des Jahres 1998 auch ohne ausdrückliche Regelung dem Neugesellschafter zuzurechnen gewesen. Für den Fall der verspäteten Kaufpreiszahlung ist keine abweichende Regelung für die Ergebnisverteilung getroffen worden. Dies lässt nach Ansicht des BFH darauf schließen, dass die Ergebnisverteilung wie bei vertragsgerechtem Verhalten erfolgen sollte. Ohne diese Ergebnisverteilung wäre der neu eingetretene Gesellschafter nicht bereit gewesen, den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen.
Betroffene Norm
§ 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO
Streitjahr 1998
Anmerkungen
Der BFH gibt insoweit seine auf dem Zu- und Abflussprinzip basierende Rechtsaufassung zur Ergebnisverteilung bei unterjährigem Eintritt in eine vermögensverwaltende Personengesellschaft auf und wendet die gleichen Grundsätze an, die für gewerblich tätige Personengesellschaften gelten.
Offen lassen konnte der BFH im Fall von vermögensverwaltenden Personengesellschaften die Frage der steuerlichen Anerkennung einer Änderung der Ergebnisverteilung während des Geschäftsjahres mit schuldrechtlicher Rückbeziehung auf den Beginn des Geschäftsjahres. Für gewerblich tätige Personengesellschaften hat er dies bereits verneint (BFH-Urteil vom 07.07.1983, IV R 209/80).
Vorinstanz
Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.10.2017, 3 K 1565/15, EFG 2017, S. 1927
Fundstelle
BFH, Urteil vom 25.09.2018, IX R 35/17, lt. BMF-Schreiben vom 10.04.2019 zur Veröffentlichung im BStBl. II vorgesehen
Pressemitteilung 2/2019
Weitere Fundstellen
BFH, Beschluss vom 19.08.1986, IX S 5/83, BStBl II 1987, 212
BFH, Urteil vom 07.07.1983, IV R 209/80, BStBl II 1984, 53
