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18.02.2020
Indirekte Steuern/Zoll

Rat der EU: Austausch mehrwertsteuerrelevanter Zahlungsdaten

Verpflichtung von Zahlungsdienstleistern elektronisch bereitgestellte Aufzeichnungen über grenzüberschreitende Zahlungen im Onlinehandel zu führen, und diese Daten den nationalen Steuerbehörden zur Verfügung zu stellen.

Hintergrund

Nach einer von der EU-Kommission veröffentlichten Studie entgingen den Mitgliedstaaten im Jahr 2017 Mehrwertsteuereinnahmen in Höhe von 137 Mrd. EUR. Eine Ursache dieser Mehrwertsteuerlücke, die die Differenz zwischen den erwarteten MwSt-Einnahmen und dem tatsächlich erhobenen Betrag darstellt, ist der anhaltende, grenzüberschreitende Steuerbetrug im Bereich des E-Commerce, insbesondere im Verhältnis B2C. Dabei führen betrügerische Anbieter, die ihre Waren in der EU über Online-Marktplätze verkaufen, regelmäßig die entsprechende Mehrwertsteuer nicht ab. Auf EU-Ebene wurde daher bereits im Dezember 2017 das sogenannte E-Commerce Paket, bestehend aus einer Richtlinie und zwei Verordnungen, verabschiedet (siehe Deloitte Tax-News)

Diese Strategie des digitalen Binnenmarkts verfolgend, legte die EU-Kommission Ende 2018 zwei weitere Gesetzgebungsvorschläge zur Bekämpfung des Steuerbetrugs im Bereich des E-Commerce vor (Richtlinienvorschlag zur Einführung bestimmter Anforderungen für Zahlungsdienstleister Dok 15508/18; Verordnung im Hinblick auf die Stärkung der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden bei der Betrugsbekämpfung Dok 15509/18), die den im Januar 2021 in Kraft tretenden Rechtsrahmen für den elektronischen Handel ergänzen sollen.

Ausgehend von der Tatsache, dass die Zahlungsdienstleister, die regelmäßig die grenzüberschreitenden Zahlungen von Online-Einkäufen durch europäische Verbraucher abwickeln, über Aufzeichnungen zur Identifizierung des Zahlungsempfängers, die Höhe des Betrags, dem Datum der Zahlung und dem Ursprungsmitgliedstaat der Zahlung verfügen, sollen diese Informationen zur weiteren Verarbeitung künftig den nationalen Steuerbehörden zur Verfügung gestellt werden. Die vom Rat der EU verabschiedeten neuen Vorschriften für den Austausch mehrwertsteuerrelevanter Zahlungsdaten zur Bekämpfung des Steuerbetrugs im Bereich E-Commerce treten zum 01.01.2024 in Kraft.

Inhalt der Neuregelung

Die neuen Regelungen verpflichten Zahlungsdienstleister, Aufzeichnungen über grenzüberschreitende Zahlungen im Zusammenhang mit dem elektronischen Handel zu führen und den nationalen Steuerbehörden unter bestimmten Bedingungen, zur Verfügung zu stellen. Mittels eines neuen, zentralen elektronischen Systems für die Speicherung der Zahlungsinformationen (CESOP – Central Electronic System Of Payment Information), soll die weitere Verarbeitung der Daten durch Betrugsbekämpfungsstellen in den Mitgliedstaaten im Rahmen von Eurofisc erreicht werden.

Zahlungsdienstleister, die in den Anwendungsbereich von PSD2 fallen

Betroffen sind Zahlungsdienstleister im Sinne der aktualisierten Payment Service Dircetive (PSD2, EU 2015/2366). Sie sind verpflichtet, detaillierte Aufzeichnungen über grenzüberschreitende Zahlungen in Bezug auf die von ihnen in jedem Kalenderquartal erbrachten Zahlungsdienste zu führen und zu melden, wenn sie mehr als 25 grenzüberschreitende Zahlungen an denselben Zahlungsempfänger tätigen. Das betrifft insbesondere Kredit-, E-Geld, Postgiro und Zahlungsinstitute. In der Praxis sind das voraussichtlich vor allem Banken und Einzelhändler sowie Marktplätze, die über einen eigenen internen Zahlungsdienstleister nach PSD2 verfügen.

Sind sowohl der Zahlungsdienstleister des Zahlers als auch der des Empfängers in einem Mitgliedstaat ansässig, sind nur die Zahlungsdienstleister des Empfängers zur Aufzeichnung und Meldung verpflichtet. Ein Zahlungsdienstleister gilt dann als in einem Mitgliedstaat ansässig, wenn sich sein BIC oder sein einheitliches Geschäftszeichen auf diesen Mitgliedstaat bezieht.

Sofern der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers nicht in einem Mitgliedstaat ansässig ist, sind die Zahlungsdienstleister des Zahlers verpflichtet, die Aufzeichnungen über die grenzüberschreitende Zahlung führen und diese Informationen melden.

In den Fällen, in denen mehrere Zahlungsdienstleister an einer einzelnen Zahlung eines Zahlers an einen Empfänger beteiligt sind und mehrere Übermittlungen von Geldmitteln zwischen den verschiedenen Zahlungsdienstleistern veranlasst werden, unterliegen grundsätzlich alle an der Zahlung beteiligten Zahlungsdienstleister der Aufzeichnungs- und Meldepflicht. Die Aufzeichnungen und Meldungen sollen dann die Informationen über die Zahlung des ursprünglichen Zahlers an den endgültigen Zahlungsempfänger enthalten und nicht über die Zwischenübertragungen von Geldmitteln zwischen den Zahlungsdienstleistern.

Vom Zahlungsdienstleister aufzuzeichnende Informationen

 Die Informationen sollen dazu dienen, den Standort des Zahlungsempfängers, die Identität seines Zahlungsdienstleisters und die durchgeführten Zahlungsvorgänge zu ermitteln. Die Aufzeichnungen des Zahlungsdienstleisters müssen daher folgende Informationen enthalten:

  • BIC oder anders Geschäftskennzeichen, das den Zahlungsdienstleister eindeutig identifiziert
  • Unternehmensnamen/Bezeichnung des Unternehmens des Zahlungsempfängers gem. den Aufzeichnungen des Zahlungsdienstleisters
  • MwSt-ID Nr. oder sonstige nationale Steuernummer des Zahlungsempfängers
  • IBAN oder falls diese nicht vorhanden ist, jedes andere Kennzeichen, das den Zahlungsempfänger und seinen Ort eindeutig identifiziert
  • BIC oder anderes Geschäftskennzeichen, das den Zahlungsdienstleister, der im Namen des Zahlungsempfängers handelt, und seinen Ort eindeutig identifiziert, wenn der Empfänger Geldmittel erhält, jedoch kein Zahlungskonto hat
  • Falls verfügbar, die Adresse des Zahlungsempfängers gem. den Aufzeichnungen des Zahlungsdienstleisters
  • Datum und Uhrzeit der Zahlung oder der Zahlungserstattung
  • Betrag und Währung der Zahlung oder der Erstattung
  • Den Ursprungsmitgliedstaat der vom Empfänger oder in seinem Namen erhaltenen Zahlung, den Bestimmungsmitgliedstaat/Drittland, in dem die Erstattung erfolgt sowie die Informationen, die zur Ermittlung des Ursprungs oder des Bestimmungsorts der Zahlung/Erstattung notwendig sind
  • Jede Bezugnahme, die die Zahlung eindeutig ausweist
  • Gegebenenfalls die Angabe, dass die Zahlung in den Räumlichkeiten des Händlers eingeleitet wird.

Aufbewahrungsdauer

Der Zahlungsdienstleister hat diese Aufzeichnungen über die grenzüberschreitenden Zahlungen in elektronischer Form für einen Zeitraum von drei Jahren ab Ende des Kalenderjahres, in dem die Zahlung ausgeführt wurde, aufzubewahren und dem Herkunftsmitgliedstaat des Zahlungsdienstleisters oder den Aufnahmemitgliedstaaten, wenn der Zahlungsdienstleister Zahlungsdienste in anderen Mitgliedstaaten als dem Herkunftsmitgliedstaat erbringt, zur Verfügung zu stellen.

Umfang der Meldepflicht

Der Umfang der Meldepflicht ist zwar vor allem für B2C E-Commerce Transaktionen relevant, um betrügerische Steuerzahler aufzudecken, die keine Mehrwertsteuer gemeldet haben, dennoch gilt die Aufzeichnungs- und Meldepflicht auch für grenzüberschreitende Zahlungen im B2B Bereich. Für die Aufzeichnungs- und Meldepflicht ist unerheblich, ob der grenzüberschreitenden Zahlung eine steuerpflichtige oder steuerfreie Transaktion zu Grunde liegt.

Die Verpflichtung zur Aufzeichnung und Meldung betrifft alle grenzüberschreitenden Zahlungen in Bezug auf die vom Zahlungsdienstleister im Kalenderquartal erbrachten Zahlungsdienste, sofern sie mehr als 25 grenzüberschreitende Zahlungen an denselben Zahlungsempfänger tätigen.

Anmerkung

Anders als noch der ursprüngliche Kommissionsvorschlag sieht die Neuregelung über die Übermittlung und den Austausch von mehrwertsteuerrelevanten Zahlungsdaten vor, dass eine Aufbewahrungsfrist von 3 Jahren (statt 5 Jahren) ausreichend ist und insbesondere das Recht auf Schutz personenbezogener Daten nach Art. 8 EU-Charta gewahrt ist. Die gespeicherten und offengelegten Zahlungsinformationen werden von den Betrugsbekämpfungsexperten der Steuerbehörden innerhalb der Grenzen dessen verarbeitet, was zur Erreichung des Ziels der Bekämpfung des MwSt-Betrugs angemessen ist. Ob dies der Fall ist und die Betrugsbekämpfung tatsächlich erleichtert wird, ist fraglich. Die Steuerbehörden müssen die von den Zahlungsdienstleistern gemeldeten Beträge mit denen von den Steuerzahlern in ihrer Steuererklärung gemeldeten Beträge in Einklang bringen.

Da nach der Neuregelung von den Zahlungsdienstleistern alle grenzüberschreitenden Zahlungen zu melden sind, unabhängig davon, ob sie in Zusammenhang mit steuerpflichtigen Transaktionen ausgewiesen sind, wird sich ein Abgleich in der Praxis schwierig gestalten. Auch ist nicht zwingend der Zahlungsempfänger immer der Steuerschuldner, der zur Zahlung der Mehrwertsteuer an die Steuerbehörden verpflichtet ist (Organschaftsstrukturen; Zahlungen von Dritten; Reverse-Charge-Verfahren).

In Deutschland wartet man derweil auf die vom BVerwG eingereichten Vorabersuchen an den EuGH (Az. 6 C 12.18 und 6 C 13.18) bzw. auf dessen Entscheidung. In den Verfahren geht es um die nach nationalem Gesetz (TKG, Telekommunikationsgesetz) vorgesehene Speicherung von Telekommunikations-Verkehrsdaten und deren Vereinbarkeit mit Unionsrecht. In diesem Zusammenhang ist zu erwarten, dass der EuGH sich dazu äußern wird, ob nach Unionsrecht ein generelles Verbot einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung besteht oder dieses unter Umständen durchbrochen werden kann.

Betroffene Norm

Art. 1 Abschn. 2a, Art. 243a-e MwStSystRL-Entwurf

Fundstellen

Text zur Änderungsrichtlinie zur Einführung bestimmter Anforderungen für Zahlungsdienstleister vom 07.02.2020 14127/19

Text der Änderungsverordnung zur Stärkung der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden bei der Betrugsbekämpfung vom 07.02.2020 14128/19

Noch zum Gesetzgebungsvorschlag vom 31.10.2019: Übermittlung und Austausch von mehrwertsteuerrelevanten Zahlungsdaten (Richtlinie und Verordnung) 13519/19

Richtlinie vom 05.12.2017 in Bezug auf mehrwertsteuerliche Pflichten für die Erbringung von Dienstleistungen und für Fernverkäufe von Gegenständen (EU) 2017/2455

Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt (PSD2) vom 25.11.2015 2015/2366

Ihre Ansprechpartner

Dr. Ulrich Grünwald
Partner

ugruenwald@deloitte.de
Tel.: +49 30 25468 258

Dr. Diana-C. Kurtz
Senior Manager

dkurtz@deloitte.de
Tel.: +49 89 29036 8025

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