BFH: Anwendung der 1%-Regelung auch bei fehlender privater Nutzung
Die unentgeltliche oder vergünstigte Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer zu dessen Privatnutzung führt auch dann zu einem steuerpflichtigen Vorteil, wenn der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich nicht privat nutzt. Eine Widerlegung der angenommenen Privatnutzung durch den Steuerpflichtigen ist zukünftig nicht mehr möglich (Änderung der Rechtsprechung).
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, stellte ihrem Geschäftsführer für die Streitjahre 1998 bis 2001 einen Pkw zur Verfügung, der auch für Privatfahrten genutzt werden durften. Bei der Lohnsteuer setzte die Klägerin lediglich eine Kostenpauschale für die private Nutzung an, da eine solche nicht stattgefunden habe. Im Anschluss an eine Lohnsteueraußenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass der Nutzungsvorteil nach der 1%-Regelung zu versteuern sei. Dieser Auffassung folgte auch das Finanzgericht.
Entscheidung
Der BFH hat die Entscheidung des Finanzgerichts bestätigt.
Die unentgeltliche oder vergünstigte Überlassung eines Dienstwagens auch für die private Nutzung führt zu einem als Lohnzufluss (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG) zu erfassenden steuerbaren Nutzungsvorteil des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer ist um den Betrag bereichert, den er sich durch die Nutzung des Pkws spart oder für eine vergleichbare Nutzung aufwenden müsste. Auf die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse kommt es für die Bereicherung nicht an. Denn selbst wenn der Pkw privat nicht genutzt werden sollte, spart der Arbeitnehmer sich wenigstens die (nutzungsunabhängigen) Kosten, die er für das Vorhalten eines betriebsbereiten Kfz verausgaben müsste.
Der geldwerte Vorteil fließt dem Arbeitnehmer schon mit der Inbesitznahme des Pkw und nicht erst mit der tatsächlichen privaten Nutzung zu. Damit kommt es auf eine Entkräftigung des Anscheinsbeweises, dass dienstliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt werden, durch einen Gegenbeweis nicht an.
Der Vorteil aus der Nutzungsüberlassung ist nach der 1%-Regelung zu bewerten. Mit dem Betrag, der nach der 1%-Regelung als Einnahme anzusetzen ist, sollen sämtliche geldwerten Vorteile die sich aus der Möglichkeit zur privaten Nutzung des Dienstwagens ergeben – unabhängig von Nutzungsart und -umfang – pauschal abgegolten werden. Diese Typisierung hat der BFH wiederholt als verfassungsgemäß erachtet. Da im Streitfall ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nicht geführt worden war, kam eine andere Entscheidung nicht in Betracht.
Betroffene Norm
§ 8 Abs. 2 EStG, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG
Streitjahre 1998 bis 2001
Vorinstanz
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 25.06.2009, 11 K 72/08, EFG 2010, S. 1185
Fundstelle
BFH, Urteil vom 21.03.2013, VI R 31/10
