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14.03.2019
Rechnungslegung

FG Baden-Württemberg: Rückstellung für Abfindungszahlungen aufgrund von Restrukturierung

Wird für Abfindungen an Mitarbeiter, die aufgrund von Restrukturierungsmaßnahmen gekündigt wurden, eine Rückstellung gebildet, so stellt die Reduzierung des künftigen Personalaufwands keinen die Rückstellung mindernden künftigen Vorteil i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG dar. Zwischen den zu erfüllenden Abfindungsverpflichtungen und der Ersparnis des Personalaufwands besteht kein von der Vorschrift geforderter Sachzusammenhang.

Sachverhalt

Eine GmbH führte in einigen Bereichen Restrukturierungsmaßnahmen mit der Folge durch, dass die Arbeitsverhältnisse von mehreren Mitarbeitern beendet wurden. In Höhe der offenen Abfindungszahlungen bildete die GmbH zum 31.12.2012 eine Rückstellung. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die jährliche Reduzierung des Personalaufwands als künftiger Vorteil nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG rückstellungsmindernd berücksichtigt werden müsse. 

Entscheidung

Das FG widerspricht der Ansicht des FA und sieht die Reduzierung des künftigen Personalaufwands nicht als wertmindernd bei der Bewertung der Rückstellung für die Abfindungszahlungen an.

Gesetzliche Grundlage

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG sind bei der Bewertung von Rückstellungen künftige Vorteile, die mit der Erfüllung der Verpflichtung voraussichtlich verbunden sein werden, wertmindernd zu berücksichtigen, soweit sie nicht als Forderung zu aktivieren sind.

Ersparter Aufwand ist kein künftiger Vorteil

Ersparter Aufwand, wie die sich im Streitfall aus den Kündigungen bzw. Aufhebungsverträgen ergebende Reduzierung des Personalaufwands, stellt nach Auffassung des FG keinen künftigen Vorteil i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG dar.

Wirtschaftlicher Vorteil

Die Vorschrift erfasst lediglich wirtschaftliche Vorteile, also solche, die geeignet sind, sich im Gewinn des Unternehmens niederzuschlagen und damit die mit der Erfüllung der Verbindlichkeit verbundene Belastungswirkung zu mindern, so das FG. Zudem sei der Begriff des Vorteils auf positive Zuflüsse begrenzt. Dies seien in der Zukunft erwartete Einnahmen oder Erträge. Dabei seien Ausgaben bzw. Aufwendungen, die mit den künftigen Einnahmen oder Erträgen in Verbindung stehen, wiederum vorteilsmindernd zu berücksichtigen.

Vorteil aus Außenverhältnis

Da zudem Rückstellungen nur für Außenverpflichtungen gebildet werden können, sind nach Ansicht des FG auch nur solche Vorteile gegenzurechnen, die aus einem Außenverhältnis zu Dritten, wie z.B. Kunden und anderen Vertragspartnern, resultieren können. Eigenbetriebliche Aufwandsersparnisse, z.B. aus der Schaffung effizienterer Betriebsprozesse oder der Beschäftigung „billigerer” Arbeitskräfte, sind damit keine Vorteile i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG. Wo die Grenze zwischen reinen innerbetrieblichen und außerbetrieblichen Aufwandsersparnissen zu ziehen ist – auch im Streitfall beruhen die weggefallenen Arbeitsverhältnisse auf mit den Arbeitnehmern geschlossenen Verträgen –, bedurfte keiner Entscheidung, da das FG sämtliche Aufwandsersparnisse nicht dem Vorteilsbegriff zurechnet.

Sachzusammenhang zwischen Verpflichtung und Ersparnis

Aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG ergibt sich nach der Rechtsprechung, dass nicht jeder Zusammenhang zwischen der zu erfüllenden Verpflichtung und einem künftigen wirtschaftlichen Vorteil ausreicht, sondern vielmehr ein sachlicher Zusammenhang erforderlich ist (BFH-Urteil vom 17.10.2013, IV R 7/11).

Da das Gesetz hinsichtlich des Sachzusammenhangs an die „Erfüllung der Verpflichtung” anknüpft, ist es nach Auffassung des FG zur Bejahung des Sachzusammenhangs erforderlich, dass die Vorteile durch die Erfüllung der konkreten – zumindest gleichartigen – Verpflichtung veranlasst sind. Nicht ausreichend ist es, dass die Vorteile nur in deren Gefolge (möglicherweise) entstehen.

Das FG kommt zu dem Ergebnis, dass ein sachlicher Zusammenhang zwischen den zu erfüllenden Abfindungsverpflichtungen und der Ersparnis des Personalaufwands nicht gegeben ist. Denn der Wegfall des Personalaufwands ist nicht durch die Erfüllung der Abfindungsverpflichtungen veranlasst, sondern beides ist die Folge der Beendigung der Arbeitsverhältnisse. Die ersparten Personalaufwendungen, wie auch andere sich aus Restrukturierungen ergebende Kostenvorteile z.B. effizientere Unternehmensstrukturen, entstehen lediglich im Gefolge der zu erfüllenden Abfindungsverpflichtungen. Sie bilden letztlich lediglich den zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg des restrukturierten Unternehmens ab und sind grundsätzlich nicht in den Kompensationsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG einzubeziehen.

Betroffene Normen

§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG

Streitjahr 2012

Anmerkungen

Das FG konnte im Streitfall offen lassen, ob in Anlehnung an die zu Drohverlustrückstellungen ergangene Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 23.06.1997, GrS 2/93 für eine Einbeziehung als Vorteil i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG unbeachtlich ist, ob die Vorteile zukünftig zu einem aktivierbaren Wirtschaftsgut führen oder ob dies Voraussetzung für eine Gegenrechnung ist.

Fundstelle

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 12.09.2017, 6 K 1472/16, rechtskräftig 

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 17.10.2013, IV R 7/11, BStBl II 2014, S. 302, siehe Deloitte Tax News 

BFH, Urteil vom 23.06.1997, GrS 2/93, BStBl II 1997, S. 735 

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