Mit Beschluss vom 15.02.2022, I B 55, 56/21 (AdV), veröffentlicht am 30.06.2022, hat der BFH erstmals zu der Frage von Strafzuschlägen bei der Nichtvorlage einer Verrechnungspreisdokumentation geurteilt. Konkret ging es in dem entschiedenen Fall darum, dass ein Steuerpflichtiger steuerfreie ausländische Betriebsstätteneinkünfte erklärt hat und sich aber im Rahmen der Betriebsprüfung auch auf mehrmalige Aufforderung hin geweigert hat, eine Verrechnungspreisdokumentation vorzulegen, um den Sachverhalt aufzuklären. Aufgrund der Nichtvorlage der Dokumentation wurde ein Zuschlag nach § 162 Abs. 4 AO festgesetzt, der laut BFH, trotz letztlich von der Betriebsprüfung festgestellter Nicht-Existenz der erklärten Betriebsstätte, rechtens war.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer war in den strittigen Jahren 2008-2013 zunächst an einer GbR beteiligt, die unternehmerisch tätig war. Anschließend führte der Antragsteller das Unternehmen allein fort.
In den Streitjahren erklärte die GbR bzw. der Beschwerdeführer nach dem DBA-Georgien steuerfreie Einkünfte aus einer in Georgien (also einem Nicht-EU Staat) belegenen Betriebsstätte.
Im Zuge von Betriebsprüfungen für die Streitjahre wurde seitens des Beschwerdeführers geltend gemacht, dass in Georgien eine Betriebsstätte vorliegt. Die Betriebsprüfung forderte daraufhin eine Verrechnungspreisdokumentation nach § 90 Abs. 3 AO an, welche auch nach mehrmaliger Nachfrage nicht vorgelegt wurde; es wurden nur lokale georgische Steuerbescheinigungen als Nachweis für die Betriebsstätte vorgelegt.
Die Betriebsprüfung zog daraus den Schluss, dass das Vorhandensein einer georgischen Betriebsstätte durch den Antragsteller weder belegt noch glaubhaft gemacht wurde.
Auf Grundlage von § 162 Abs. 4 AO wurden vom Finanzamt daraufhin Strafzuschläge wegen der Nichtvorlage einer Verrechnungspreisdokumentation festgesetzt, die der Höhe nach für vier Veranlagungszeiträume mit 10% des Mehrbetrags der Einkünfte am oberen Rand der Spanne von 5-10% liegen und für zwei Veranlagungszeiträume dem Mindestbetrag von EUR 5.000 entsprechen (§ 162 Abs. 4 S. 2 AO).
Gegen die festgesetzten Zuschläge hat der Antragsteller zunächst (erfolglos) Einspruch eingelegt und schließlich beim zuständigen FG Klage erhoben und Aussetzung der Vollziehung (AdV) beantragt. Letzteres wurde vom FG als unbegründet abgelehnt, wogegen sich die Beschwerden des Antragstellers richten.
Der BFH wies die Beschwerden des Antragstellers mit nachfolgender Argumentation als unbegründet zurück.
Die Vollziehung eines Verwaltungsakts kann vom Finanzgericht ausgesetzt werden (ganz oder teilweise), „soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen oder seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.“ (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Voraussetzung für die Gewährung der AdV sei dabei nicht, dass mehr Gründe gegen die Rechtmäßigkeit sprechen als dafür, sondern vielmehr, dass bei nicht eindeutiger Rechtslage in der Regel AdV zu gewähren ist.
Im vorliegenden Fall bestünden allerdings keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte:
AO § 162 Abs 4,
Streitjahr
2008-2013
Weitere Normen
AO § 90 Abs 3; FGO § 69 Abs 3 S 1; FGO § 69 Abs 2 S 2; FGO § 102 S 1; AO § 5
Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.06.2021, 14 V 4110/20
BFH, Beschluss vom 15.02.2022, I B 55, 56/21 (AdV)
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