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20.01.2014
Indirekte Steuern/Zoll

EU: Konsultationspapier zur Überprüfung von MwSt-Rechtsvorschriften für den öffentlichen Sektor

Die EU-Kommission hat zur Überprüfung bestehender MwSt-Rechtsvorschriften für Aktivitäten im öffentlichen Sektor ein Konsultationsverfahren gestartet. Es soll zur Vorbereitung möglicher künftiger Rechtsinitiativen dienen, ohne dass zu diesem Zeitpunkt schon eine Richtung oder der Inhalt künftiger Legislativvorschläge fest steht.

Hintergrund

Die EU besitzt gem. Art. 113. AEUV eine Rechtssetzungskompetenz auf dem Gebiet der indirekten Steuern – also auch der Umsatzsteuer bzw. Mehrwertsteuer. Dennoch haben die Mitgliedsstaaten in einigen Bereichen, etwa Steuerbefreiungen für „dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten“, Spielräume. Im Jahr 2003 legte die EU-Kommission bereits einen Vorschlag zur Besteuerung des Postsektors vor. Dieses Vorhaben wurde jedoch verworfen, nachdem auch jahrelange Verhandlungen keine Einigung brachten. Die EU-Kommission hat die Überprüfung und mögliche Änderung der MwSt-Vorschriften für den öffentlichen Sektor als einen ihrer Arbeitsschwerpunkte für die kommenden Jahre festgelegt. Im Rahmen der Ausarbeitung einer Folgenabschätzung (impact assessment) leite man eine öffentliche Konsultation ein, um allen beteiligten Kreisen – wie schon beim Grünbuch über die Zukunft der Mehrwertsteuer – Gelegenheit zu geben, zu diesem Thema Stellung zu nehmen.

Konsultationspapier der EU-Kommission

Mit ihrem Konsultationspapier wendet sich die EU-Kommission an alle Interessengruppen, die von der geplanten Überprüfung der derzeit für den öffentlichen Sektor geltenden MwSt-Vorschriften (einschließlich der Sonderregelungen für öffentliche Einrichtungen und der Steuerbefreiungen für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten) betroffen sind.

Die Hauptprobleme des bestehenden Systems seien mangelnde Neutralität und Harmonisierung sowie seine Komplexität. Die derzeit geltenden Vorschriften sind aus Sticht des Konsultationspapieres steuerlich nicht neutral, weil es bei Eingangs- und Ausgangsumsätzen zu Wettbewerbsverzerrungen kommen kann. Die Wettbewerbsverzerrung bei den Ausgangsumsätzen entstehe, weil eine identische Tätigkeit – in Abhängigkeit davon, ob sie von einer privaten oder öffentlichen Einrichtung erbracht werde – einmal besteuert werden könne und einmal nicht. Dies könne auch die Wettbewerbsverzerrungsklausel gem. Art 13 Abs. 1 Unterabsatz 2 MwSt-SystemRL nicht verhindern. Die Wettbewerbsverzerrungen bei den Eingangsumsätzen ergäben sich daraus, dass ein Vorsteuerabzug nicht möglich sei, wenn steuerfreie oder nicht steuerbare Leistungen erbracht würden. Dies führe zur Begünstigung von Eigenleistungen und mangelnden Anreizen für Investitionen oder die Auslagerung von Tätigkeiten. So komme es zu Ineffizienzen in der Produktion und der Erbringung von Dienstleistungen durch den öffentlichen Sektor.

Die Abhängigkeit der Steuerbarkeit bzw. der Steuerpflicht von der Person des Leistungserbringers (öffentliche oder private Einrichtung) trage zudem zur Komplexität bei. Die Frage, ob ein Ausgangsumsatz von einer Einrichtung als Körperschaft des öffentlichen Rechts in ihrer Funktion als Hoheitsträger
bewirkt wurde oder nicht, sei zum Teil Interpretationssache der Mitgliedsstaaten, was nicht nur zu Komplexität führe, sondern auch zu mangelnder Harmonisierung.

Die EU-Kommission hat 5 verschiedene Reformoptionen – teilweise mit Abwandlungen – erarbeitet, die derzeit diskutiert werden:

  • Vollbesteuerung öffentlicher Einrichtungen und dem Gemeinwohl dienender Tätigkeiten
  • Voller Vorsteuerausgleich („Erstattungssystem“) auf EU-Ebene
  • Streichung von Sonderregelungen für öffentliche Einrichtungen (Art. 13 der MwSt-Richtlinie) bei gleichzeitiger Beibehaltung von sämtlichen oder der Mehrzahl der derzeitigen Steuerbefreiungen für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten
  • Sektorale Reform
  • Mögliche (zusätzliche) punktuelle Änderungen der geltenden Vorschriften


Bei der Vollbesteuerung würden von einer öffentlichen Einrichtung ausgeübte Tätigkeit (oder von einer privaten Einrichtung ausgeübte Tätigkeit, die derzeit als dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit steuerbefreit ist) – in Abhängigkeit von der gewählten Variante – der regulären (Variante 1) oder ermäßigten (Variante 2) Mehrwertsteuer unterliegen. Es gibt die Überlegung die Steuerbarkeit bzw. Steuerpflicht nur anzuordnen, wenn die Tätigkeit gegen (gesondertes) Entgelt ausgeführt wird (Modell 1) und es sich um eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne von Art. 9 MwSt-Richtlinie handelt. Dagegen ginge „Modell 2“ noch einen Schritt weiter und würde auch Leistungen, „die unentgeltlich“ (z.B. durch allgemeine Subventionen finanziert) erbracht würden, sog. „fiktive Leistungen“, erfassen.

Beim Erstattungssystem würde die entrichtete Vorsteuer erstattet werden, wenn die Eingangsumsätze für die Zwecke nicht steuerbarer Tätigkeiten gemäß Art. 13 MwSt-Richtlinie oder steuerbefreiter Tätigkeiten gemäß den Art.132 bis 134 MwSt-Richtlinie verwendet werden. Solche Ausgleichssysteme seien in 8 Mitgliedsstaaten bereits außerhalb des Anwendungsbereichs der MwSt-Vorschriften eingeführt worden. Dieses System brächte jedoch erhebliche Kosten mit sich. Für diese Option seien 2 Alternativen hinsichtlich der von den Erstattungen erfassten Bereiche möglich.

Die 3. Option, die Streichung von Art. 13 MwSt-Richtlinie bei gleichzeitiger Beibehaltung von Steuerbefreiungen für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten würde die Gleichbehandlung privater und öffentlicher Einrichtungen erreichen. Die Beibehaltung der Steuerbefreiung für „dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten“ könne durch einen neuen Art. 132 MwSt-Richtlinie erreicht werden. Dies wäre ein Kompromiss zwischen Vollbesteuerung und aktueller Regelung.

Bei den beiden letzten Optionen käme es nur zu kleinen Änderungen innerhalb des bestehenden Systems. Man könne etwa die Reform auf diejenigen Sektoren beschränken, in denen es eindeutig zu Wettbewerbsverzerrungen kommen könne. Ferner könne man Optionsrechte zur Besteuerung bislang steuerfreier Tätigkeiten einführen.

Im Anhang befinden sich Tabellen, in denen die Auswirkungen der verschiedenen Varianten dargestellt werden.

Fundstelle

Konsultationspapier der EU-Kommission: Überprüfung bestehender MwSt-Rechtsvorschriften zu öffentlichen Einrichtungen und Steuerbefreiungen für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten

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