Zurück zur Übersicht
20.07.2017
Unternehmensteuer

BFH: Gewerbesteuerpflicht einer Vorgesellschaft

Eine Vorgesellschaft (vor Eintragung in das Handelsregister) erfüllt nicht stets die Voraussetzungen einer originär gewerblichen Tätigkeit. Sie unterliegt nur dann der Gewerbesteuer, wenn sie Tätigkeiten entfaltet, die über einen gründungsbezogenen Zusammenhang hinausgehen.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, erhielt nach Sachgründung in 2010 und vor Handelsregistereintragung in 2011 eine von ihr als Gesellschafterin der M-GmbH beschlossene Gewinnausschüttung, die sie zur Darlehensvergabe an ihre Gesellschafter verwendete. Geschäftszweck der Klägerin ist das Halten und Verwalten eigenen Vermögens.

Das Finanzamt setzte für das Streitjahr 2010 einen Gewerbesteuermessbetrag unter Berücksichtigung der Gewinnausschüttung fest. Das FG hob die Festsetzung auf.

Entscheidung

Das FG habe die sachliche Gewerbesteuerpflicht der Klägerin für 2010 nach § 2 Abs.1, 2 GewStG zu Unrecht verneint. Sie habe nämlich bereits in dem Zeitpunkt bestanden, in dem sie die Gewinnausschüttung erzielte.

Eine Vorgesellschaft, d.h. eine Kapitalgesellschaft nach Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages, aber vor Eintragung in das Handelsregister) unterliege nur dann der Gewerbesteuer, sofern sie eine nach außen in Erscheinung tretende geschäftliche Tätigkeit aufgenommen hat.

Die Gewerbesteuerpflicht einer Kapitalgesellschaft (nach Handelsregistereintragung) umfasse zwar grundsätzlich deren gesamte wirtschaftliche Tätigkeit, auch wenn die Voraussetzungen einer „originär“ gewerblichen Tätigkeit (§ 2 Abs. 1 S. 2 GewStG, § 15 Abs. 2 EStG) nicht vorliegen. Grundsätzlich gelte dies auch für eine Vorgesellschaft. Wenn aus dem BFH-Urteil vom 18.07.1990 aber abgeleitet worden sei, dass eine Vorgesellschaft stets die Voraussetzungen einer originär gewerblichen Tätigkeit erfülle, halte der BFH hieran nicht länger fest.

Maßnahmen einer Vorgesellschaft, die in einem gründungsbezogenen Zusammenhang stehen, seien als Vorbereitungshandlungen anzusehen, die noch keine Gewerbesteuerpflicht auslösen. So stelle weder die Einzahlung des Stammkapitals durch die Gründer auf ein für die Gesellschaft eingerichtetes Bankkonto noch die verzinsliche Anlage des Stammkapitals bis zur Eintragung ins Handelsregister eine der Gewerbesteuer unterliegende (nachhaltige) geschäftliche Tätigkeit der Gesellschaft dar (so bereits BFH-Urteil vom 18.07.1990).

Im Streitfall sei die Tätigkeit der Klägerin über diesen gründungsbezogenen Zusammenhang hinausgegangen. Indem die Klägerin ihre durch Sachgründung erlangte Gesellschafterstellung bei der M-GmbH zum Zwecke der Ausschüttung und damit zur Liquiditätsverschaffung genutzt hat, habe sie eine ihrem Geschäftszweck (dem Halten und Verwalten eigenen Vermögens) entsprechende geschäftliche Tätigkeit aufgenommen.

Entgegen der Ansicht des FG werde hierdurch der Beginn der Gewerbesteuerpflicht bei einer rein vermögensverwaltenden Kapitalgesellschaft nicht generell vorverlagert. Geboten sei vielmehr auch hier die Unterscheidung, ob die vermögensverwaltenden Tätigkeiten durch die Gesellschaftsgründung veranlasst sind oder mit ihnen geschäftliche Tätigkeiten gegenüber Dritten aufgenommen wurden.

Betroffene Normen

§ 2 Abs. 1, Abs. 2 GewStG, § 15 Abs. 2, Abs. 3 EStG
Streitjahr 2010

Vorinstanz

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil 28.09.2015, 10 K 2178/12, EFG 2016, S. 1184

Fundstelle

BFH, Urteil vom 24.01.2017, I R 81/15, BStBl II 2017 Seite 1071

Weitere Fundstelle

BFH, Urteil vom 18.07.1990, I R 98/87, BStBl II 1990, S. 1073

So werden Sie regelmäßig informiert:
Artikel teilen:
Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen einen bedarfsgerechteren Service bereitstellen zu können. Indem Sie ohne Veränderungen Ihrer Standard-Browser-Einstellung weiterhin diese Seite besuchen, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden. Möchten Sie mehr Informationen zu den von uns verwendeten Cookies erhalten und erfahren, wie Sie den Einsatz unserer Cookies unterbinden können, lesen Sie bitte unsere Cookie Notice.