Verabschiedung des Entwurfs für die Änderung der Vorschriften für die Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen
Das Bundeskabinett hat am 3. Februar 2016 den Entwurf zur Neuregelung der Strom- und Gaskonzessionsvergabe in den §§ 46 f. EnWG beschlossen. Definiertes Ziel ist es, Rechtsunsicherheiten zu beseitigen und letztendlich einen effektiven Wettbewerb um Konzessionen zu fördern bzw. zu ermöglichen.
Stärkung der Position der Gemeinden
Diesbezüglich gibt der Entwurf den Gemeinden einen konkretisierten Auskunftsanspruch gegenüber dem Altkonzessionär im Hinblick auf relevante Netzdaten an die Hand und bestimmt das objektivierte Ertragswertverfahren als grundsätzlich maßgeblich für die Bestimmung des angemessenen Netzkaufpreises. Damit ist der zukünftig zu erwartende Ertrag Grundlage der Bewertung und nicht der – prohibitive, weil oftmals höhere – aus historischen Werten abgeleitete Sachzeitwert. Ferner ist nun auch geregelt, dass die Konzessionsabgabe grundsätzlich länger als 1 Jahr – so die bisherige Regelung – nach Ende des ausgelaufenen Konzessionsvertrages durch den Altkonzessionär fortzuzahlen ist. Dies schwächt die Position des Altkonzessionärs im Rahmen der Netzkaufpreisverhandlungen.
Auswahlkriterien
Auch die Auswahlkriterien im Verfahren der Konzessionsvergabe haben eine Neuregelung erfahren: Nur klarstellender Natur ist die Verweisung in § 46 Abs. 4 S. 1 EnWG-E auf die Ziele des § 1 Abs. 1 EnWG (Versorgungssicherheit, Preisgünstigkeit und Effizienz, Verbraucherfreundlichkeit, Umweltverträglichkeit sowie die zunehmend auf erneuerbaren Energien basierende Energieversorgung). Von einer strikten gesetzlichen Vorgabe, wie die einzelnen Ziele des § 1 Absatz 1 EnWG in konkrete Auswahlkriterien „umzuwandeln“ sind, wurde ausweislich der Gesetzesbegründung bewusst Abstand genommen. Gleichwohl enthält dann die Gesetzesbegründung selbst eine Reihe solcher Konkretisierungen:
- Versorgungssicherheit/Preisgünstigkeit und Effizienz
Im Hinblick auf die Kriterien Versorgungssicherheit, Preisgünstigkeit und Effizienz zeichnet sich eine Privilegierung kommunaler Newcomer ab. Ausdrücklich findet sich hier die Feststellung, dass weder fehlende Referenzen für die in der Vergangenheit gewährleistete Versorgungssicherheit noch fehlende Nachweise für in der Vergangenheit bewiesene Effizienz neu gegründeten Unternehmen zum Nachteil gereichen dürfen. Das deckt sich zwar teilweise mit der bislang ergangenen Rechtsprechung, die Ausweitung und die Pauschalität der Gesetzesbegründung ist jedoch bedenklich. Es widerspricht den Wertungen des – hier nicht anwendbaren – Vergaberechts, denen sich der Entwurf an anderer Stelle (bei der Rügeobliegenheit) jetzt gerade annähert.
- Verbraucherfreundlichkeit
Die Gesetzesbegründung nennt als einschlägige Bereiche insbesondere den Kundenservice bei Netzanschlüssen, Netzstörungen und Zählerablesungen. Durch besondere Verbraucherfreundlichkeit könne sich hierbei das Angebot an Messeinrichtungen, insbesondere an intelligenten Messsystemen und Zählern auszeichnen, da hier dem Verbraucher eine präzise Verbrauchsvisualisierung angeboten werden könne. Gleiches gelte für den allgemeinen Service im Rahmen der Ablesung, z.B. durch ein funktionierendes Online-Angebot zur Selbstablesung oder zur regelmäßigen Überprüfung des Zählerstandes.
- Umweltverträglichkeit/zunehmend auf erneuerbaren Energien basierende Energieversorgung
Hier werden intelligente Konzepte wie der Einsatz von Speichern, Maßnahmen des Last- und Einspeisemanagements sowie regelbarer Ortsnetztransformatoren als Bewertungskriterien in der Gesetzesbegründung aufgeführt. Zur Bewertung der Umweltverträglichkeit sollen darüber hinaus insbesondere die Schonung von Bäumen bei der Leitungsverlegung sowie die Bereitschaft zur Erdverkabelung herangezogen werden können.
- Örtliche Belange
In Anknüpfung an die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist jetzt im Gesetz zusätzlich vorgesehen, dass über die Ziele des § 1 Abs. 1 EnWG hinaus örtliche Belange als Vergabekriterium herangezogen werden können. Gemäß Gesetzesbegründung sind hier insbesondere Laufzeit, die bessere Koordinierung von Baumaßnahmen mit weiteren Sparten (z.B. Wasserleitungen) sowie die Zahlung der höchstmöglichen Konzessionsabgabe nach der Konzessionsabgabenverordnung berücksichtigungsfähig.
Rügeobliegenheiten
§ 47 EnWG-E übernimmt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur dem Vergaberecht entlehnten Rügepflicht. Satz 1 orientiert sich am Rechtsgedanken des § 101a GWB. Flankiert wird die Rügeobliegenheit durch Informationsrechte und -pflichten.
Es gelten abgestufte Fristen. Rechtsverletzungen, die aus der Mitteilung der Auswahlkriterien (§ 46 Absatz 4 Satz 4 EnWG-E) erkennbar sind, sind innerhalb von 15 Kalendertagen ab deren Zugang zu rügen. Rechtsverletzungen im Rahmen der Auswahlentscheidung, die aus der Information über die Gründe für die Ablehnung eines Angebots nach § 46 Absatz 5 Satz 1 EnWG-E erkennbar sind, sind innerhalb von 30 Kalendertagen ab deren Zugang zu rügen.
Erfolgt eine Akteneinsicht, beginnt die 30-Tages-Frist für den Antragsteller erneut ab dem ersten Tag, an dem die Gemeinde die Akten zur Einsichtnahme bereitgestellt hat. Zu beachten ist, dass der Antrag auf Akteneinsicht innerhalb von einer Woche nach Zugang der Information über die Gründe für die Ablehnung des Angebots zu stellen ist. Diese kurze Frist wird dazu führen, dass zukünftig pauschal Akteneinsichtsanträge durch unterlegene Bieter gestellt werden dürften. Unklar ist, ob die Antragsfrist auch dann zu laufen beginnt, wenn die Gründe in der Information über die Angebotsablehnung nicht oder nicht vollständig mitgeteilt worden sind.
Ausblick
Die Verabschiedung des Entwurfs zur Neuregelung der Konzessionsvergabe im Strom- und Gasbereich ist ein wichtiger Schritt, aber auch nur ein erster. Es bleibt abzuwarten, welche Änderungen Bundestag und Bundesrat noch durchzusetzen vermögen. Weil der Gesetzgeber maßgebliche Neuerungen (insbesondere zu den Auswahlkriterien) in der Gesetzesbegründung belassen hat, werden auch weiterhin die Gerichte das letzte Wort darüber haben.
Die teilweise Klarstellung und Übernahme der Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in das Gesetz sind grundsätzlich zu begrüßen. Bedenklich erscheint die „Parteinahme“ für die Rekommunalisierung der Netze in der Gesetzesbegründung, die sich letztendlich gegen einen fairen, weil objektiven Wettbewerb richtet und das unter dem Deckmantel einer verhinderten Diskriminierung.