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23.12.2022
Unternehmensrecht

Mitarbeiterbeteiligung und nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Berücksichtigung von Ansprüchen aus Mitarbeiterbeteiligung bei Karenzentschädigung und anderweitigem Verdienst, Ausschluss der Karenzentschädigung.

Aktualität von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen

In Zeiten von Fachkräftemangel spielen Mitarbeiterbeteiligungsprogramme nicht nur in der Startup-Szene eine große Rolle dabei, Mitarbeiter zu gewinnen, zu motivieren und an das Unternehmen zu binden. Im Koalitionsvertrag findet sich zumindest die Ankündigung, die Mitarbeiterbeteiligung - unter anderem durch eine weitere Anhebung des Steuerfreibetrags - attraktiver machen zu wollen. Bei der Gestaltung von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen sind jedoch neben steuerlichen Aspekten auch viele rechtliche Punkte zu bedenken.

Generelle rechtliche Aspekte

Dabei gilt es zunächst, die Form der Beteiligung festzulegen, wobei grundsätzlich zwischen Fremd- und Eigenkapitalbeteiligungen, Optionsprogrammen und echten oder virtuellen Kapitalbeteiligungen gewählt werden kann. Neben gesellschafts- und aufsichtsrechtlichen Fragestellungen bei einer unmittelbaren Beteiligung am Unternehmen stellen sich oft auch arbeitsrechtliche Fragen z.B. im Hinblick auf Zeiten, in denen der Mitarbeiter seine Arbeitskraft nicht ausübt sowie Verfalls- und Widerrufsregelungen.

Insbesondere bei Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen in (internationalen) Konzernen, bei denen oft die Beteiligung nicht unmittelbar durch das Unternehmen selbst gewährt wird, bei dem der Mitarbeiter angestellt ist, spielt darüber hinaus eine Rolle, gegen wen Ansprüche aus der Mitarbeiterbeteiligung geltend gemacht werden können und vor welchem Gericht und nach welchem Recht und welche Rolle gewährte Optionen im Rahmen von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten spielen.

Mitarbeiterbeteiligung und nachvertragliche Wettbewerbsverbote

Im Hinblick auf nachvertragliche Wettbewerbsverbote stellt sich bei Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen sowohl die Frage, inwieweit die gewährte Beteiligung bei der Berechnung der Höhe der Karenzentschädigung als auch bei dem anrechenbaren anderweitigen Erwerb zu berücksichtigen ist als auch, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot in einem Mitarbeiterbeteiligungsprogramm, das dem ausländischen Recht der Konzernmutter unterliegt, komplett ohne Karenzentschädigung vereinbart werden kann.

BAG zur Karenzentschädigung und Restricted Stock Units

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer aktuellen Entscheidung vom 25.08.2022 (Az.: 8 AZR 453/21), darüber entschieden, inwieweit sogenannten Restricted Stock Units (RSUs – beschränkte Aktienerwerbsrechte) als Bestandteil der „vertragsmäßigen Leistungen“ iSv. § 74 Abs. 2 HGB anzusehen sind und damit die im Falle eines nachvertraglichen Wettbwerbsverbots zu zahlende Karenzentschädigung erhöhen. Im durch das BAG entschiedenen Fall klagte der Kläger, dem arbeitsvertraglich ein neun monatiges nachvertragliches Wettbewerbsverbot gegen Zahlung einer Karenzentschädigung auferlegt worden war, auf Zahlung einer weiteren Karenzentschädigung in Höhe von ca. EUR 80.000 unter Berücksichtigung ihm gewährter RSUs. Das beklagte Unternehmen war dabei Teil einer Unternehmensgruppe mit einer US-amerikanischen Obergesellschaft, an deren „RSU-Programm“ der Kläger während seines Arbeitsverhältnisses teilnahm und von der er auf der Grundlage der von ihm mit dieser jeweils separat getroffenen Vereinbarungen jährlich eine bestimmte Anzahl von RSUs erhielt.

Das Bundesarbeitsgericht hat ebenso wie die Vorinstanz (LAG Hamm, Urteil vom 11.08.2021, Az. 10 Sa 284/21) die Klage des Klägers mit der Begründung zurückgewiesen, dass es sich bei den RSUs nicht um “vertragsgemäße Leistungen” i.S.d. § 74 Abs. 2 HGB handele, da diese nur solche Leistungen umfasse, die auf dem Austauschcharakter des Arbeitsvertrags beruhen und die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer als Vergütung für geleistete Arbeit schuldet. Die RSUs als Leistung eines Dritten auf der Basis der mit der Obergesellschaft geschlossenen Vereinbarungen wären nur dann zu berücksichtigen gewesen, wenn der Vertragsarbeitgeber, d.h. die Beklagte, im Hinblick auf die Gewährung der RSUs – ausdrücklich oder konkludent – eine (Mit-)Verpflichtung übernommen hätte. Dies habe das LAG zutreffend verneint, ist aber ein Aspekt, der bei der Gestaltung von Mitarbeiterbeteiligungen beachtet werden sollte. Das durch das BAG aufgestellte Erfordernis der “Verknüpfung” des Mitarbeiterbeteiligungsprogrammes mit dem Arbeitsvertrag bzw. Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber lässt sich unseres Erachtens auch auf sonstige Formen der Mitarbeiterbeteiligung übertragen (vgl. für eine Kommanditbeteiligung LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 02.12.2020, Az. 15 Sa 964/20).

Auch wenn dies noch nicht höchstrichterlich entschieden ist, gilt der gleiche Grundsatz unseres Erachtens bei der spiegelbildlichen Fragestellung, ob während der Karenzzeit erdienter Verdienst auf die Karenzentschädigung nach § 74c HGB angerechnet werden muss. Auch insoweit wären Ansprüche aus einem Beteiligungsprogramm nur dann anzurechnen, wenn sich der (neue) Vertragsarbeitgeber selbst dazu verpflichtet bzw. mitverpflichtet hat, diese dem Arbeitnehmer zu gewähren (vgl. insoweit das Urteil des BAG vom 09.01.1990, Az.: 3 AZR 110/88, wonach alle die Einkommensbestandteile, die die Höhe der Karenzentschädigung bestimmen, auch den Umfang der anrechenbaren Leistungen abgrenzen).

Die grundsätzliche Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung lässt sich in Konzernbeziehungen nach der h.M. auch nicht dadurch vermeiden, dass in der Beteiligungsvereinbarung mit der ausländischen Obergesellschaft unter Wahl ausländischen Rechts ein entschädigungsloses nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart wird. Selbst wenn man eine derartige Teilrechtswahl als zulässig ansieht, sind nach den einschlägigen internationalprivatrechtlichen Regelungen wohl die §§ 74 ff. HGB als Schutzvorschriften des deutschen Rechts vorrangig anzuwenden und wäre ein entschädigungslos vereinbartes nachvertragliches Wettbewerbsverbot nichtig (so im Ergebnis LAG Hessen, Urteil vom 14.08.2000, Az.- 10 Sa 982/99).

Praxistipp

Bei Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen in multinationalen Konzernen sollte genau geprüft werden, wie die einzelnen vertraglichen Beziehungen ausgestaltet werden sollen und welcher Gesellschaft gegenüber Rechte aus dem Programm bestehen sollen. Es sollte im Hinterkopf behalten werden, dass ein nach ausländischem Recht vereinbartes nachvertragliches Wettbewerbsverbot in einer Mitarbeiterbeteiligungsvereinbarung mit der ausländischen Konzernmutter ohne Vereinbarung einer deutschen Grundsätzen entsprechenden Karenzentschädigung nicht durchsetzbar ist.

Ihre Ansprechpartner

Dr. Volker Schulenburg
Partner

vschulenburg@deloitte.de
Tel.: +49 40 378538 24

Heike Humpert
Counsel

hhumpert@deloitte.de
Tel.: +49 40 378538 17

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