Insolvenz der Care-Energy Gruppe: Was kommt auf Netzbetreiber, Lieferanten und Endkunden jetzt zu?
Am 17.02.2017 haben drei Gesellschaften der Care-Energy Gruppe (Care-Energy AG, Care-Energy Holding GmbH und Care-Energy Management GmbH) Insolvenz beim AG Bremen angemeldet. Als Grund nennt der vorläufige Insolvenzverwalter die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaften. Nach der TelDaFax und FlexStrom-Gruppe, ist dies bereits der dritte größere Energielieferant, der Insolvenz anmelden muss. Die Geschäftspartner und Kunden müssen nun kurzfristig überlegen, wie sie den eigenen finanziellen Schaden aus der Insolvenz möglichst gering halten.
Um die eigene Rechtsposition gegenüber Care-Energy bestimmen zu können, müssen die Verträge mit der jeweiligen Gesellschaft überprüft werden. Wesentliche Rahmenbedingungen ergeben sich aus der insolvenzrechtlichen Rechtsprechung des BGH seit 2012 sowie den gesetzlichen Grundlagen aus Energie- und Insolvenzrecht. Energierechtlich sind insbesondere die Vorgaben des EnWG für Endkunden (v.a. zur Ersatzversorgung), für Netzbetreiber (Lieferantenrahmenverträge/Netznutzungsverträge) sowie für Lieferanten (EFET-Verträge, Lieferverträge) zu beachten. Insolvenzrechtlich sind die Beendigungs- und Abrechnungsmöglichkeiten nach der Rechtsprechung und auf Basis des kürzlich reformierten § 104 InsO zu prüfen.
Fortführung von Care-Energy
Nach erster Mitteilung des vorläufigen Insolvenzverwalters soll die Unternehmensgruppe fortgeführt werden und die Belieferung der Kunden vorläufig sichergestellt sein. Dies erscheint aus energie- und insolvenzrechtlicher Sicht fraglich. Die energiewirtschaftlichen Marktregeln beschränken die positive Aussicht der Fortführung (wie die Beispiele TelDaFax und FlexStrom gezeigt haben). Hauptgrund hierfür sind insbesondere die Regelungen zur Ersatzversorgung. Insolvenzrechtlich ist zu berücksichtigen, dass der Insolvenzverwalter sich mit der Fortführung in ein erhebliches wirtschaftliches Risiko begibt (Vorfinanzierung der Energiebeschaffung). Ebenso werden die Geschäftspartner der Care-Energy (Lieferanten, Netzbetreiber, Kunden) ihre Rechte geltend machen.
Handlungsmöglichkeiten für Lieferanten
Die Lieferanten schließen üblicherweise mit Unternehmen wie der Care-Energy Verträge über die Lieferung von Strom und Gas. Diese richten sich häufig nach dem sog. EFET-Musterrahmenvertrag. Dieser enthält Beendigungs- und Abrechnungsmechanismen, die im Falle der Zahlungsunfähigkeit bzw. Insolvenzantragstellung bereits greifen. Danach können Lieferanten bereits jetzt im vorläufigen Insolvenzverfahren die bisherigen Verträge beenden. Die Wirksamkeit der Beendigungs- und Abrechnungsklauseln des EFET ist vor dem Hintergrund der BGH-Rechtsprechung fraglich. Solche Klauseln können nach den Vorgaben des § 104 InsO wirksam sein, sofern sie sich in dem neuen gesetzlichen Rahmen bewegen. Hier sollten die bestehenden Verträge kurzfristig überprüft, Kündigungsmöglichkeiten genutzt und Ausgleichsansprüche geltend gemacht werden.
Handlungsmöglichkeiten für Netzbetreiber
Verteilnetzbetreiber sind mit Care-Energy über standardisierte Lieferantenrahmenverträge verbunden, wonach vom Netzbetreiber der Transport bzw. die Verteilung von Strom und Gas geschuldet ist. Die Verteilnetzbetreiber erhalten von Care-Energy als Gegenleistung ein sog. Netznutzungsentgelt. Es stellt sich die Frage, ob eine Kündigung der Lieferantenrahmenverträge aufgrund der Antragstellung der Care-Energy möglich ist. Der BGH hatte 2012 entschieden, dass eine sog. insolvenzbedingte Lösungsklausel (automatische Kündigung) trotz vertraglicher Vereinbarung unwirksam ist. Ob eine Kündigung als insolvenzbedingt gilt, hängt von der vertraglichen Regelung ab. Entscheidend wird auch hier sein, ob die Netzbetreiber die erst kürzlich durch die BNetzA (Strom) bzw. die Verbände (KoV für Gas) eingeführten vertraglichen Mechanismen für die Fälle von Zahlungsschwierigkeiten des Netznutzers (Care Energy) einhalten. In den TelDaFax-Verfahren führte dies in einigen Fällen zu Schwierigkeiten.
Handlungsmöglichkeiten für Industrie- und Endkunden
Industrie- und Endkunden, die von Care-Energy Strom oder Gas in Niederspannung oder Niederdruck beziehen, müssen aufgrund des Insolvenzantrags der Care-Energy nicht um ihre Belieferung fürchten. Unabhängig von der Ankündigung des vorläufigen Insolvenzverwalters, die Belieferung fortzuführen, greifen jedenfalls die Sicherungsmechanismen des EnWG. Eine Belieferung der Kunden ist durch die sog. Ersatzversorgung durch den Grundversorger sichergestellt. Im Rahmen der Ersatzversorgung ist jedoch mit deutlich höheren Preisen zu rechnen. Daher sollten sich Endkunden (in Niederspannung / Niederdruck) möglichst schnell einen anderen Energieversorger suchen, ihre Verträge mit der Care-Energy beenden und so ihren finanziellen Schaden gering halten. Industriekunden, die in höheren Spannungs- oder Druckstufen angeschlossen sind, sollten sich unverzüglich um einen neuen Lieferanten bemühen, da hier die gesetzlichen Regelungen zur Ersatzversorgung nicht greifen.