Corona-Arbeitsschutzverordung: Home Office, überall dort, wo es geht – aber eben nur dort, wo es geht
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat kürzlich die neue SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (CoronaArbSchV) vorgestellt, die voraussichtlich zum 27.01.2021 in Kraft treten wird. Arbeitgeber sind verpflichtet, verschärfte Maßnahmen zur Kontaktreduzierung zu etablieren. Wir geben einen Überblick über die wesentlichen Änderungen.
In der neuen Verordnung zum Schutz vor SARS-CoV-2, der CoronaArbSchV, werden mehrere Vorkehrungen festgelegt, die Arbeitgeber zukünftig zusätzlich am Arbeitsplatz treffen müssen. Ziel ist nicht nur die Kontaktreduzierung am Arbeitsort, sondern auch die Vermeidung von Kontakten im öffentlichen Personenverkehr auf dem Weg zur Arbeit.
Der Arbeitgeber muss Heimarbeit anbieten
Die CoronaArbSchV sieht Regelungen zur Reduzierung von Kontakten am Arbeitsplatz vor. Relevant ist vor allem die in § 2 Abs. 4 der CoronaArbSchV festgelegte Pflicht des Arbeitgebers, den Beschäftigten Heimarbeit anzubieten. Dies gilt immer dann, wenn die Beschäftigten Büroarbeit oder andere vergleichbare Tätigkeiten durchführen und der Arbeitgeber keine zwingenden betriebsbedingten Gründe geltend machen kann, die zur Arbeit vor Ort zwingen. Was diese zwingenden betriebsbedingten Gründe sind, führt die Verordnung nicht auf. Da der Gesetzgeber sich aber nicht allein auf „betriebsbedingte Gründe“ stützt, sondern diese zudem „zwingend“ sein müssen, dürfte die Schwelle zur Rechtfertigung durch den Arbeitgeber eher sehr hoch sein. Die Arbeit darf unter allen denkbaren betrieblichen und organisatorischen Umständen nicht außerhalb des Betriebs leistbar sein. Der Arbeitgeber ist hierfür darlegungs- und beweisbelastet.
Ob ein Beschäftigter das Angebot des Arbeitgebers, von zu Hause aus zu arbeiten, annimmt, kann er selbst entscheiden. Beschäftigte sind nach der Verordnung nicht verpflichtet, von zu Hause aus zu arbeiten.
Weitere Maßnahmen zur Kontaktreduzierung auf der Arbeit
Um diejenigen Beschäftigten, denen betriebsbedingt keine Heimarbeit angeboten werden kann, zu schützen, wurden nochmals schärfere Regeln zur Reduzierung von Kontakten am Arbeitsplatz beschlossen.
- Betriebsbedingte Zusammenkünfte mehrerer Personen müssen nach Möglichkeit durch Informationstechnologie ersetzt werden oder auf ein betriebsnotwendiges Minimum reduziert werden. Sofern Zusammenkünfte mehrerer Personen notwendig sind, hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass ein vergleichbar hoher Infektionsschutz der Beschäftigten gewährleistet ist. Dies soll insbesondere durch Maßnahmen wie Lüften oder geeigneten Abtrennungen zwischen anwesenden Personen erreicht werden.
- Für Großraumbüros oder für sonstige Räume, die von mehreren Personen gleichzeitig benutzt werden müssen, gilt jetzt eine Verpflichtung zur Einhaltung einer Mindestfläche von 10 qm für jede im Raum befindliche Person. Auch hier gilt, dass bei Räumen oder Tätigkeiten, bei denen diese Mindestfläche nicht eingehalten werden kann, ein vergleichbar hoher Infektionsschutz (etwa durch Lüften oder Abtrennungen) gewährleistet werden muss.
- In Betrieben mit mehr als 10 Beschäftigten sollen die Beschäftigten in möglichst kleine und feste betriebliche Gruppen aufgeteilt werden. Zwischen den einzelnen Gruppen sollen nur so viele Kontakte stattfinden, wie unbedingt nötig, was auch durch zeitversetztes Arbeiten gewährleistet werden soll.
Medizinische Masken bei unvermeidbarem Kontakt
Ein Novum ist, dass der Arbeitgeber auf Grundlage der CoronaArbSchV medizinische Gesichtsmasken bereitstellen muss. Dies gilt immer dann, wenn keine Heimarbeit angeboten werden kann, die oben ausgeführten Maßnahmen zur Kontaktreduzierung im Betrieb nicht eingehalten werden können, der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann oder bei der auszuführenden Tätigkeit mit Gefährdungen durch einen erhöhten Aerosolausstoß zu rechnen ist. In diesen Fällen müssen die Arbeitnehmer diese Masken dann tragen. Die Gesichtsmasken müssen nicht zwangsläufig den FFP2-Standard erfüllen; medizinische Masken oder damit vergleichbare Masken, die in der Anlage zur Verordnung aufgeführt sind, sind ausreichend. Besonderes Augenmerk gilt dem Umstand, dass eine Gesichtsmaske maximal für die Dauer einer Arbeitsschicht getragen werden darf und bei Durchfeuchtung gewechselt werden muss.
Erweiterung der Gefährdungsbeurteilung
Arbeitgeber müssen die Gefährdungsbeurteilung nach §§ 5 und 6 ArbSchG kurzfristig hinsichtlich "zusätzlicher und erforderlicher Maßnahmen" des betrieblichen Infektionsschutzes überprüfen und dies dokumentieren. Es ist davon auszugehen, dass die Einhaltung dieser Pflicht von den Arbeitsschutzbehörden überprüft werden wird.
Bewertung und Ausblick
Die CoronaArbSchV soll zunächst befristet bis zum 15.03.2021 gelten. Die Verordnung enthält weniger einschneidende Verpflichtungen für Arbeitgeber, als von vielen zunächst angekündigt und erwartet. Ausgeblieben ist zum Beispiel die zunächst diskutierte Pflicht zur wöchentlichen Testung mit Corona-Schnelltests in Betrieben mit mehr als 50 Mitarbeitern. Dennoch stellt die Verordnung Arbeitgeber vor nicht unerhebliche operative Herausforderungen. Auf der anderen Seite werden die durch Arbeitgeber zu beachtenden Fürsorge- und Schutzpflichten weiter konkretisiert und damit Unklarheiten in den Betrieben beseitigt werden. Es ist zu hoffen, dass die CoronaArbSchV den Arbeitgeber eine weitere Hilfestellung gibt, um einen effektiven Schutz der Mitarbeiter zu gewährleisten.
Es ist damit zu rechnen, dass die zuständigen Arbeitsschutzbehörden die Einhaltung der Vorschriften der CoronaArbSchV kontrollieren und im Falle von Verstößen ggf. auch Anordnungen treffen bzw. Bußgelder verhängen. Es ist daher wichtig, dass Arbeitgeber ihre Pflichten kennen und erforderlichenfalls zusätzliche Maßnahmen ergreifen.