Beurkundung der Gründung einer deutschen GmbH durch Schweizer Notar
Durch eine von einem Schweizer Notar in Bern beurkundete Gründungsurkunde wurde eine deutsche GmbH gegründet. Das AG Charlottenburg verweigerte deren Eintragung im Handelsregister. Mangels Gleichwertigkeit des Beurkundungsverfahrens sei das Erfordernis einer notariellen Beurkundung des Gründungsaktes, § 2 Abs. 1 GmbHG, nicht eingehalten. Das Kammergericht half der dagegen gerichteten Beschwerde ab. Es sieht die Gleichwertigkeit als gegeben und die Gründung damit als wirksam an.
Der nachstehende Beitrag beruht auf unserer Kommentierung des Beschlusses des Kammgerichts in der Fachzeitschrift Betriebs-Berater 2018, Heft 12, Seite 660, siehe auch Deloitte Legal Insights.
Nach Ansicht des AG Charlottenburg war die GmbH nicht ordnungsgemäß errichtet worden. Das Kammergericht hingegen ist der Ansicht, dass die Beurkundung der Gründung einer deutschen GmbH durch einen Schweizer Notar in Bern der notariellen Form des § 2 Abs. 1 GmbHG genügt.
Möglichkeit der Beurkundung im Ausland bei Gleichwertigkeit
Nach Ansicht des Kammergerichts ist eine Beurkundung von eine deutsche GmbH betreffenden Vorgängen durch einen ausländischen Notar nicht generell ausgeschlossen. Zwar bestätigt das Kammergericht insoweit die Ansicht des AG Charlottenburg, wonach allein die Einhaltung der Ortsform (Art. 11 Abs. 1 Alt. 2 EGBGB) für statusrelevante gesellschaftsrechtliche Vorgänge (u.a. Gründung, Satzungsänderung, Umwandlungsvorgänge) nicht ausreiche.
Ungeachtet des im Interesse des internationalen Rechtsverkehrs bestehenden Grundsatzes einer möglichst weitgehenden Wirksamkeit von im Ausland vorgenommenen Beurkundungen folge dies aus der besonderen materiellen Bedeutung des § 2 Abs. 1 GmbHG, der bei organisationsrechtlichen Vorgängen grundsätzlich Vorrang gebührt.
Jedoch sei die Form des § 2 Abs. 1 GmbHG gewahrt, da die im entschiedenen Fall in Rede stehende Beurkundung durch einen Schweizer Notar in Bern als im Sinne von Art. 11 Abs. 1 Alt. 1 EGBGB (Wirkungsstatut) gleichwertig zu qualifizieren sei.
Nach der Rechtsprechung des BGH liegt eine solche Gleichwertigkeit vor, wenn Urkundsperson und Beurkundungsvorgang gleichwertig sind bzw. der ausländische Notar eine nach Vorbildung und Rechtsstellung dem deutschen Notar vergleichbare Stellung innehabe und das nach ausländischem Recht einzuhaltende Beurkundungsverfahren den tragenden Grundsätzen des deutschen Beurkundungsrechts entspricht.
Bestimmung der Gleichwertigkeit erfordert eine Einzelfallbetrachtung
Vorliegend bejahte das Kammergericht auf Basis einer einzelfallbezogenen Bewertung die Gleichwertigkeit. Der beurkundende Notar verfügte über ein juristisches Hochschulstudium, langjährige Praktika sowie ein Staatsexamen. Auch der Beurkundungsbegriff sowie der Zweck der notariellen Beurkundung im deutschen und schweizerischen Recht stimmten im Wesentlichen überein. Die identischen Zwecke der Beurkundung, namentlich Rechtssicherheit und Transparenz, seien maßgeblich.
Auf eine Pflicht zur vollumfänglichen Verlesung der Urkunde nebst Anlagen komme es hingegen nicht an. Zweifel mit Blick auf die materielle Richtigkeitsgewähr konnte das Kammergericht mit seiner Entscheidung jedoch nicht ausräumen.
Praxishinweis
Mit der hier kommentierten Entscheidung hat sich ein weiteres deutsches Gericht der Auffassung angeschlossen, dass den gesetzlichen Formerfordernissen im Hinblick auf strukturändernde Maßnahmen bei einer deutschen GmbH gegebenenfalls auch durch eine notarielle Urkunde eines ausländischen Notars genüge getan werden kann. Jedoch ist die Entscheidung mit Vorsicht zu genießen: Eine Grundsatzentscheidung des BGH zur Anerkennung der Beurkundung von GmbH-Gründungen durch einen ausländischen Notar steht noch aus; nur für die Beurkundung einer Satzungsänderung durch einen Notar in Zürich/Altstadt hatte der BGH die Gleichwertigkeit und damit die Einhaltung der Formerfordernisse bejaht. Die instanzgerichtliche Rechtsprechung ist immer noch uneinheitlich; es bleibt unklar, ob sich andere deutsche Gerichte der von dem Kammergericht im vorliegenden Fall vertretenen Auffassung anschließen werden.
Von der Vornahme der Beurkundung von statusrelevanten Maßnahmen wie Gesellschaftsgründungen, Kapitalerhöhungen, etc., im Ausland ist nach unserem Dafürhalten weiterhin abzuraten. Etwas anderes kann im Einzelfall und nach sorgfältiger Prüfung für die Beurkundung von Anteilsübertragungen gelten.