Abberufung eines Vorstands nach entsprechendem Beschluss des Aufsichtsrates zur Verkleinerung des Vorstands
Im Rahmen eines konzernweiten Personalabbaus um ca. 10 % sollte auch der Vorstand der Commerzbank AG von neun auf sieben Mitglieder verkleinert werden. Nach Ansicht der Commerzbank AG sei es nicht vertretbar, den Vorstand bei umfassenden Personalreduzierungen auszuklammern. Eines der betroffenen Vorstandsmitglieder war ein Jahr zuvor erneut bestellt worden, so dass seine verbleibende Amtszeit noch etwa vier Jahre betrug. Diese Bestellung wurde durch Erklärung des Aufsichtsratsvorsitzenden aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses des Aufsichtsrates widerrufen.
Der betroffene Vorstand wehrte sich gegen diese Entscheidung. Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main hat ihm Recht gegeben (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 17. Februar 2015 – 5 U 111/14). Grundsätzlich kann der Aufsichtsrat ein Vorstandsmitglied nur abberufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (§ 84 Abs. 3 S. 1 AktG). Eine Abberufung ohne wichtigen Grund ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Es würde die Unabhängigkeit des Vorstands im Verhältnis zum Aufsichtsrat stark beeinflussen, wenn es rein im Ermessen des Aufsichtsrats läge, einen missliebigen Vorstand abzuberufen. Ein wichtiger Grund ist dann gegeben, wenn die Fortsetzung des Organverhältnisses bis zum Ende der Bestellung für die Gesellschaft unzumutbar ist. Nicht ausreichend ist es, wenn die Abberufung für die Gesellschaft vorteilhaft ist. Das Gesetz führt als wichtige Gründe die grobe Pflichtverletzung, die Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung und den Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung an. Letzteres darf aber nicht aus offensichtlich unsachlichen Gründen erfolgen. Daneben sind aber auch weitere Gründe denkbar. Darunter kann auch eine Änderung der Unternehmens- oder Vorstandsstruktur fallen.
Im vorliegenden Fall sah das OLG Frankfurt/Main die Anforderung an einen wichtigen Grund als nicht erfüllt an. So könne beispielsweise ein zu großer Vorstand, in dem kein effektives Arbeiten möglich ist, einen wichtigen Grund für eine Verkleinerung darstellen. Von der Bank sei allerdings nicht vorgetragen worden, dass eine Willensbildung im Vorstand nur erschwert möglich sei. Weiterhin sollte der Personalabbau im Konzern erst bis Ende 2016 umgesetzt sein. Eine Abberufung bereits Ende 2013 sei damit nicht zwingend notwendig gewesen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Vergütungsansprüche des berufenen Vorstands weiter bestehen, er aber nicht mehr zur Erbringung seiner Arbeitsleistung verpflichtet wäre.
Das OLG hat die Revision gegen die Entscheidung nicht zugelassen, die beklagte Bank hat dagegen Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
Praxishinweis:
Die Entscheidung des OLG Frankfurt/Main macht deutlich, dass zur Abberufung von Vorständen wichtige Gründe vorliegen müssen. Nur dies entspricht im Übrigen auch dem Kompetenzgefüge zwischen Vorstand und Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft mit der eigenverantwortlichen Führung der AG durch den Vorstand. Liegt kein wichtiger Grund vor, so kann der Aufsichtsrat nur in Verbindung mit der Mehrheit der Aktionäre in der Hauptversammlung dem Vorstand das Vertrauen entziehen. Sofern dies nicht offensichtlich aus unsachlichen Motiven geschieht, liegt dann ein wichtiger Grund vor, der zur sofortigen Abberufung berechtigt. Der Nachteil dieses Vorgehens ist, dass Streitigkeiten zwischen Aufsichtsrat und einzelnen Vorständen in der Hauptversammlung ausgetragen werden.
Besteht insoweit also ein weitgehender Schutz des Vorstands, so ist zu beachten, dass die Abberufung nach § 84 Abs. 3 S. 4 AktG solange als wirksam gilt, bis ihre Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt ist. Erst wenn durch rechtskräftiges Endurteil das Fehlen eines wichtigen Grundes festgestellt wurde, lebt die Bestellung wieder auf. Bis dahin wird häufig die Amtszeit des Vorstandsmitglieds bereits abgelaufen sein.