Verrechnungspreise bei Parallelimporten
Mit Urteil vom 20.07.2021 hat das FG Nürnberg zu einer Frage, die in Betriebsprüfungen seit langer Zeit strittig ist, nämlich der Auswirkung von Parallelimporten auf Verrechnungspreise, entschieden. Der dem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt betrifft die Frage, ob Marketingleistungen einer verbundenen inländischen Vertriebsgesellschaft, die sowohl dem eigenen Konzern als auch fremden dritten Parallelimporteuren zugutekommen, eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) darstellen, wenn diese Leistungen der Parallelimporteure nicht separat vergütet werden. Die Revision wurde zugelassen.
Sachverhalt
In den Streitjahren 2006 bis 2010 bewarb und vertrieb eine deutsche GmbH in Deutschland pharmazeutische Produkte eines ausländischen Konzerns. Aufgrund nicht steuerlicher Vorschriften müssen die Abnehmer der Produkte einen gewissen Teil der Produkte nicht von der deutschen GmbH, sondern billiger von sog. Parallelimporteuren beziehen. Für die eigenen Verkäufe wird die GmbH von der ausländischen Muttergesellschaft fremdüblich vergütet (oberhalb des Medians einer Benchmarkstudie zum Vertrieb). Die zu Absätzen der Parallelimporteure führenden Marketingaktivitäten werden der GmbH nicht separat vergütet. Die Bonuszahlungen der GmbH an ihre Außendienstmitarbeiter dagegen berücksichtigen die Umsätze aus Parallelimporten anteilig mit.
Die Betriebsprüfung folgerte, dass die Marketingleistungen der GmbH ebenfalls den Parallelimporteuren zugutekamen und damit mittelbar auch der ausländischen Konzernmutter, da diese von den Verkäufen an die Parallelimporteure durch eigene Umsätze/Gewinne grds. ebenfalls, wenn auch ggf. in geringerem Umfang, profitieren würde. Da diese Tätigkeiten von der Muttergesellschaft bzw. von den Parallelimporteuren nicht vergütet wurden, wurde eine vGA angenommen. Die vGA wurde der Höhe nach sowohl auf privat in Auftrag gegebene, öffentlich zugängliche Marktstudien als auch auf finanzamtsinterne Erkenntnisse aus anderen Betriebsprüfungen gestützt. Auf dieser Grundlage wurden für die strittigen Jahre Einkommenserhöhungen für die GmbH durchgeführt.
Entscheidung
Die Klage der GmbH gegen die von der Betriebsprüfung vorgenommenen Einkommenserhöhungen war erfolgreich, da das FG Nürnberg die Voraussetzungen einer vGA im Zusammenhang mit den Parallelimporten nicht als erfüllt ansah. Die GmbH habe zwar durch die Bonuszahlungen an ihre Mitarbeiter, die auch die Umsätze aus Parallelimporten berücksichtigen, eine Vermögensminderung erlitten, diese Marketingaufwendungen hat sie jedoch im eigenen Vertriebsinteresse getätigt.
Darüber hinaus erhielt die deutsche Vertriebsgesellschaft eine Umsatzrendite von 6-6,5 % auf ihre eigenen Verkäufe. Die Fremdüblichkeit dieser Marge wurde von der Betriebsprüfung nicht angezweifelt. Das FG Nürnberg stellte fest, dass mit diesem Betrag auch die Tätigkeiten abgegolten werden können, die den Parallelimporteuren zugutekommen. Da dies vom Betriebsprüfer auch nicht weiter geprüft wurde, ist das FG Nürnberg der Ansicht, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht ordnungsgemäß nachgewiesen wurde und die Betriebsprüfung insoweit ihre Beweislast nicht erfüllt hat.
Somit konnte im vorliegenden Fall durch die Betriebsprüfung nicht nachgewiesen werden, dass die festgestellte Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei. Dies ist aber ein Tatbestandsmerkmal einer vGA. Darüber hinaus sind für die Bemessung einer möglichen vGA, sowohl interne Erkenntnisse der Finanzverwaltung als auch die vorgelegten öffentlich zugänglichen Studien nicht verwertbar.
Betroffene Normen
§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG
Streitjahre 2006-2010
Fundstelle
Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 20.07.2021, 1 K 1388/19, Revision zugelassen