USA: Neue Bestimmungen zur Beantragung und Betreibung von APAs und Verständigungsverfahren veröffentlicht
Die neuen Bestimmungen wurden am 12.08.2015 erlassen und stellen eine Aktualisierung und Erweiterung bestehender Anforderungen dar. In ihrer Gesamtheit werden die neuen Bestimmungen mehrheitlich willkommen geheißen, obwohl sie den Steuerpflichtigen deutlich höhere Informations- und Verfahrensanforderungen auferlegen.
Der IRS hat kürzlich neue Anweisungen zur Durchführung von Verständigungsverfahren (MAP) und Vorabverständigungsverfahren (APA) erlassen. Diese neuen Bestimmungen – für MAPs Revenue Procedure 2015-40 sowie für APAs 2015-41 – weisen ähnliche Änderungen auf. Im Folgenden beschreiben wir die wesentlichen Änderungen im Überblick.
Verständigungsverfahren – Revenue Procedure 2015-40
Vom Steuerpflichtigen initiierte Verrechnungspreisanpassungen
In der Vergangenheit akzeptierte der IRS keine Fälle zur Verhandlung, in denen die Doppelbesteuerung aus Verrechnungspreisanpassungen resultierte, die der Steuerpflichtige selbst veranlasst hat. Nach den neuen Bestimmungen ist es jetzt grundsätzlich möglich, auch für solche Fälle ein Verständigungsverfahren zu beantragen. Voraussetzung für den Antrag ist, dass der Steuerzahler vorab ein Memorandum einreicht (sog. „prefiling memorandum“; s.u.). Der IRS behält sich aber das Recht vor, solche Anträge abzulehnen, in denen der Steuerpflichtige:
- es versäumt hat den Antrag innerhalb eines angemessenen Zeitraumes bei den zuständigen Behörden zu stellen; oder
- durch sein Verhalten die Verfahrensführung durch die zuständige Behörde untergräbt oder beeinträchtigt und die zuständigen Behörden davon abgehalten hat, umfassend und angemessen zu beraten.
Prefiling-Memoranda/Vorabgespräche
Ein verpflichtendes Prefiling gilt nur für den oben beschriebenen Fall. Für die folgenden Fälle empfehlen die neuen Bestimmungen ein Vorabgespräch zu führen:
- Die Anpassung wurde nicht in den USA durchgeführt und übersteigt in Summe 50 Mio USD für den Verhandlungszeitraum;
- Der zu verhandelnde Sachverhalt ist mit anderen Fragestellungen verflochten (sog. „interrelated issues“);
- Vereinbarungen zur Entwicklung immaterieller Vermögenswerte;
- Geschäftsumstrukturierungen;
- Weltweite Handelsabkommen;
- Niederlassungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit, Durchleitungsgesellschaften, hybride Gesellschaften oder Gesellschaften, die für US-Steuerzwecke unberücksichtigt sind;
- Ermessensbehaftete Anträge auf Limitation of Benefits („LoB“); oder
- Sachverhalte, die außerhalb einer Betriebsprüfung entstanden sind, z.B. durch den Einbehalt von Quellensteuern oder Bekanntgabe ausländischer Steuerbehörden.
Umfang des Verfahrensantrages
Der Steuerpflichtige hat nicht bereits in seinen Antrag zu dem zu verhandelnden Sachverhalt verflochtene Aspekte (sog. interrrelated issues) aufzunehmen. Interrelated issues sind solche Aspekte, welche die zuständige Behörde für unabdingbar hält mitberücksichtigt zu werden, um eine konsistente Lösung für die Fragestellung zu finden, für welche das Verfahren eigentlich beantragt wurde. Die zuständige Behörde kann jederzeit während des Verfahrens bestimmen, dass solche interrelated issues im Verfahren Berücksichtigung finden sollten und das Verfahren in dieser Hinsicht zu erweitern sowie hierzu Informationen anfordern.
Informelle Beratungen
Die zuständige US-Behörde bietet informelle Beratungen – auch auf anonymer Basis – zu den Fragestellungen in ihrem Verantwortungsbereich an. Auskünfte auf dieser Basis sind allerdings nur beratend und nicht bindend. Grundsätzlich waren informelle Beratungen bisher auch schon möglich, jetzt ist dies erstmals schriftlich festgelegt.
Informelle Beratungen
Die zuständige US-Behörde bietet informelle Beratungen – auch auf anonymer Basis – zu den Fragestellungen in ihrem Verantwortungsbereich an. Auskünfte auf dieser Basis sind allerdings nur beratend und nicht bindend. Grundsätzlich waren informelle Beratungen bisher auch schon möglich, jetzt ist dies erstmals schriftlich festgelegt.
Verfahren bei geringen Transaktionsvolumina (Small Case Requests)
Für Körperschaften und Personengesellschaften gilt ein neuer Grenzwert von 5 Mio USD und für alle anderen Steuerpflichtigen 1 Mio USD, bis zu denen Verfahren als Small Cases gelten.
Fälle, in denen der Steuerpflichtige die Anpassung initiiert hat, LoB-Anträge u.a. können keine Small Cases sein. Im Falle von Small Cases kann der Steuerpflichtige die Freistellung von bestimmten inhaltlichen Anforderungen bei der zuständigen Behörde beantragen. Es ist bisher noch unklar, ob und in welchem Umfang dies zu Erleichterungen im Verfahren führen wird, z.B. ist es der zuständigen Behörde vorbehalten, ursprünglich gewährte Verfahrenserleichterungen im Laufe des Verfahrens wieder zurückzunehmen.
Empfangsbestätigung
Dem Antragsteller wird schriftlich der Empfang des Antrags bestätigt. Die Bestätigung wird darüber informieren, ob der Antrag vollständig ist und ob die Behörde den Antrag akzeptiert. Außerdem enthält die Bestätigung Angaben zu den zuständigen Bearbeitern des Verfahrens und ggf. weitere Informationen zum Fortgang.
Antragsablehnung
Die zuständige Behörde kann den Antrag auf die Einleitung eines Verständigungsverfahrens unter folgenden Umständen ablehnen und auch bereits eröffnete Verfahren zu jedem Zeitpunkt abbrechen:
- der Steuerpflichtige kommt den vorgeschriebenen Verfahrensanforderungen nicht nach, obwohl ihm zur Nachbesserung ausreichend Möglichkeit gewährt wurde;
- der Steuerpflichtige ist nicht abkommensberechtigt;
- das Verhalten des Steuerpflichtigen untergräbt oder beeinträchtigt die Verfahrensführung durch die zuständige Behörde. Hierzu kann z.B. gehören: der Abschluss eines unilateralen APAs mit einer ausländischen Steuerbehörde, die Beantragung eines unilateralen APAs statt eines ebenfalls möglichen bilateralen APAs, oder wenn der Steuerpflichtige sich einer Ausweitung der Festsetzungsverjährung verweigert oder wenn, der Steuerpflichtige neue Informationen zum Verfahren beibringt, die bereits im Rahmen der Betriebsprüfung hätten vorgebracht werden können.
Die Entscheidung der zuständigen Behörde, ob ein Antrag vollständig, akzeptiert, abgelehnt oder ein Verfahren ausgesetzt wird, ist final und nicht Gegenstand eines administrativen Reviews.
Schiedsverfahren
Nach Ablauf einer bestimmten Frist seit Verfahrensbeginn, sehen einige DBAs die Durchführung eines Schiedsverfahrens vor. Die zuständige Behörde wird den Antragsteller schriftlich über den Verfahrensbeginn informieren, welcher für diesen Fristlauf relevant ist. Üblicherweise erfolgt dies sobald die Antragsunterlagen vollständig vorliegen.
Verfahrensgebühren
Grundsätzlich sind Verfahrensanträge für den Steuerpflichtigen mit keinen Gebühren verbunden. Eine Ausnahme hiervon sind LoB-Anträge.
Übermittlung identischer Informationen
Der Antrag an die zuständige Behörde muss eine Zusammenfassung aller mit dem Antrag zusammenhängenden Anträge bei ausländischen Behörden enthalten. Zusätzlich muss der Steuerpflichtige mögliche Unterschiede zu den bei ausländischen Behörden vorliegenden Informationen und den bei US-amerikanischen Behörden eingereichten Informationen darstellen und erläutern. Es ist auch möglich, dass die US-Behörde eine vollständige oder teilweise Kopie des bei der ausländischen Behörde eingereichten Antrags von dem Steuerpflichtigen anfordert. Der Steuerpflichtige hat möglichst zum gleichen Zeitpunkt sowohl den US-Behörden als auch den ausländischen Behörden jeweils dieselben Informationen, Analysen, Dokumente zur Verfügung zu stellen ungeachtet dessen, ob die Zurverfügungstellung auf einer Anfrage oder freiwilliger Basis beruht.
Vorabverständigungsverfahren (APAs) – Revenue Procedure 2015-41
APA-Umfang
Abgedeckte Sachverhalte: APAs decken grundsätzlich alle Sachverhalte ab, die sich aus der Bepreisung von Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen ergeben können. Durch die neuen Bestimmungen werden nun erstmals auch Zinsen und Geldbußen von APAs umfasst. Bzgl. der Abdeckung von Sachverhalten, die sich aus der Entwicklung immaterieller Wirtschaftsgüter ergeben, gibt es besondere Vorgaben zur Berücksichtigung.
Analog zu den Regelungen für Verständigungsverfahren, kann der IRS auch bei APAs zusätzlich interrelated issues (einschließlich zusätzlicher vom APA abgedeckter Transaktionen), weitere Steuerjahre oder Transaktionen mit anderen Ländern als beantragt berücksichtigen, wenn solche Erweiterungen im Interesse einer effizienten und sinnvollen Steuerverwaltung sind. Der IRS wird den Steuerpflichtigen so früh wie möglich darüber informieren, wenn sie eine Umfangserweiterung für sinnvoll hält. Der IRS kann die Annahme, Weiterführung oder Abschluss eines APAs von der Zustimmung des Steuerpflichtigen oder auch der ausländischen zuständigen Behörde zu einer Umfangserweiterung abhängig machen.
Rollback
Die Definition der Laufzeit eines APA wurde durch die neuen Bestimmungen explizit um ein „Rollback“, also die Rückwirkung auf vergangene Jahre, erweitert. Bisher gab es auch die Möglichkeit eines Rollbacks. Dieses war jedoch Gegenstand einer separaten Vereinbarung, und wurde häufig auch durch andere Beamte betreut als die, welche für die APA-Verhandlung verantwortlich waren.
Wie oben beschrieben, kann auch der IRS eine APA-Erweiterung durch ein Rollback verlangen. Daher sollte sich jeder Steuerzahler, der die Beantragung eines APA erwägt, über die Implikationen des APA auf offene Steuerjahre im Klaren sein.
Prefiling/Vorabgespräche
Die neuen Bestimmungen beinhalten umfangreiche Erfordernisse, die unter Umständen erfüllt sein müssen, damit ein APA-Antrag angenommen wird. Informelle anonyme Beratungen sind nach wie vor möglich – je nach Fall, kann aber ein zweites Vorabgespräch unter namentlicher Nennung verlangt werden.
Prefiling Memorandum: In folgenden Fällen ist das Einreichen eines Prefiling Memorandum verpflichtend:
- Der Steuerpflichtige beabsichtigt einen unilateralen APA-Antrag zu stellen, der auch unter einem bi- oder multilateralem Verfahren abgedeckt werden könnte;
- der Steuerpflichtige strebt ein abgekürztes APA-Verfahren an; oder
- das angestrebte APA soll einen der folgenden Sachverhalte abdecken: Lizenz oder Transfer immaterieller Wirtschaftsgüter, weltweite Handelsabkommen, Geschäftsumstrukturierungen, Niederlassungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit, Durchleitungsgesellschaften, hybride Gesellschaften oder Gesellschaften, die für US-Steuerzwecke unberücksichtigt sind.
Länge und Inhalt des Memorandums sollen dem Umfang und der Komplexität des Sachverhalts entsprechen. Das Memorandum muss ebenfalls enthalten, ob der Steuerpflichtige ein Vorabgespräch/Prefiling conference wünscht, gegebenenfalls drei Alternativtermine hierfür und welche Aspekte abgedeckt werden sollen. Sollte der Steuerpflichtige ein abgekürztes APA beantragen wollen, so muss das Memorandum dessen Gegenstand darstellen und Argumente für das abgekürzte Verfahren darlegen. Im Falle einer APA-Verlängerung müssen die Ergebnisse des laufenden APAs sowie die erwarteten Änderungen präsentiert werden.
In einer Konferenz sollte der Steuerpflichtige dazu in der Lage sein, die relevanten Fakten und Umstände, die abgedeckten Sachverhalte, die beabsichtigten Methoden und Bedingungen der zu behandelnden Sachverhalte, welche das APA abdecken soll, zu diskutieren. Für den Fall, dass eine solche Konferenz nicht anberaumt wird, wird der Steuerpflichtige über das weitere Vorgehen informiert.
Präferenz für bilaterale und multilaterale Vorabverständigungsverfahren
Wie bisher beinhalten die Bestimmungen einen Bevorzugung von bi-/ bzw. multilateralen APAs gegenüber unilateralen APAs. Beantragt der Steuerpflichtige ein unilaterales Vorabverständigungsverfahren, muss er die Gründe hierfür in einem Prefiling-Memorandum offenlegen. Gründe können beispielsweise sein, dass es kein Doppelbesteuerungsabkommen mit dem anderen Staat gibt oder, dass der Sachverhalt in jedem der betroffenen Staaten nur ein geringes Volumen hat, aber aggregiert doch eine bedeutsames Ausmaß erreicht.
Abweichend von der bisherigen Regelung scheint es nun möglich zu sein, dass der IRS im Falle einer Anpassung durch eine ausländische Steuerbehörde einen Antrag auf Verständigungsverfahren hierzu ablehnen kann, sofern hierfür zuvor ein unilaterales APA vereinbart wurde. Daher ist es empfehlenswert, sich in einem unilateralen APA von der IRS zusichern zu lassen, dass ein späterer Antrag auf Verständigungsverfahren hierzu nicht abgelehnt wird.
Verfahrensgebühren
Die Gebühren für ein APA wurden auf $60.000 erhöht. APA-Anträge, die als „small cases“ qualifzieren beträgt die neue Gebühr $30.000. Die Definition für einen „small case“ wurde erheblich enger gefasst:
- die jährlichen Konzernumsätze betrugen in den letzten drei Jahren weniger als $500 Millionen;
- der jährliche aggregierte Gesamtwert der Transaktionen, die Gegenstand des APA sein sollen, überschreiten voraussichtlich nicht den Betrag von $50 Millionen;
- der jährliche aggregierte Gesamtwert, der Übertragungen von Rechten, Nutzungsrechten oder immateriellen Wirtschaftsgütern betrifft, wird voraussichtlich den Betrag von $10 Millionen nicht überschreiten; und
- das angestrebte APA umfasst nicht die Entwicklung immaterieller Wirtschaftsgüter.
Antragsfrist
Um ein APA rechtzeitig zu beantragen, muss der vollständige Antrag innerhalb der maßgeblichen Abgabefrist der Steuererklärung eingereicht werden. Sofern ein bilaterales oder multilaterales APA beantragt werden soll, muss ein entsprechender Antrag zusätzlich bei den zuständigen ausländischen Behörden innerhalb von 60 Tagen eingereicht werden. Ansonsten wird das erste Jahr des beantragten APA-Zeitraumes als Rollback behandelt.
Weiterhin sind sogenannte „Dollar-Files“ möglich. Hier zahlt der Steuerpflichtige die Verfahrensgebühren bis zur Abgabefrist und reicht den vollständigen Antrag innerhalb von 120 Tagen nach.
Vollständigkeit der Anträge
Die Revenue Procedure 2015-41 enthalten umfangreiche Klarstellungen zur Frage der Vollständigkeit eines Antrages. Im Vergleich zur bisherigen Regelung werden die Anforderungen erheblich ausgeweitet. Inhaltliche Neuerung ist z.B. eine umfangreiche Darstellung der Wertschöpfungskette. Auch sogenannte „Covered Issues Diagrams“ sind einzureichen, aus denen sich die relevanten steuerlichen, rechtlichen und Managementstrukturen in Ergänzung zur Wertschöpfungskette entnehmen lassen können.
Übermittlung identischer Informationen
Der Antragsteller ist verpflichtet, den beteiligten Behörden dieselben schriftlichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Das gilt unabhängig davon, ob die Informationen aufgrund einer Anfrage einer Behörde eingereicht wurden oder ob dies auf freiwilliger Basis geschehen ist.