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07.12.2020
Transfer Pricing

OECD: Pillar 1 Konzept – Überblick zum Konsultationspapier 2020

Im Vergleich zum Konsultationspapier aus dem Oktober 2019 bietet der Blueprint einerseits umfangreiche Klarstellungen hinsichtlich Scope und Implementierung zu Pillar 1, wirft jedoch gleichzeitig vielfältige technische Fragestellungen insbesondere hinsichtlich Berechnung sowie Streitbeilegung auf.  

Hintergrund

Am 12.10.2020 veröffentlichte das Inclusive Framework der OECD neue Konsultationspapiere zu Pillar 1 („Tax Challenges Arising from Digitalisation – Report on Pillar One Blueprint“) und Pillar 2 („Tax Challenges Arising from Digitalisation – Report on Pillar Two Blueprint“) verbunden mit der Zielsetzung, bis Mitte 2021 eine konsensbasierte Lösung zur Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle herbeizuführen. Die Konsultationsfrist endet am 14.12.2020, die öffentliche Anhörung („public consultation meeting“) ist für den 14./15.01.2021 festgesetzt. Gleichzeitig mit der Veröffentlichung der Blueprints wurde ein Bericht zur Abschätzung der wirtschaftlichen Folgen des zwei-Säulen-Modells veröffentlicht („Tax challenges arising from digitalization – economic impact assessment“).

Konsultationspapier 2020

Im Vergleich zum Konsultationspapier aus dem Oktober 2019 bieten die Inhalte des Blueprints zu Pillar 1 aufgrund des Detaillierungsgrads des Papiers eine weitergehende Klarheit hinsichtlich des Anwendungsbereichs von Amount A, werfen jedoch gleichzeitig vielfältige technische Fragestellungen insbesondere hinsichtlich Berechnung, Implementierung sowie Streitbeilegung auf.

Der Blueprint sieht verschiedene Tests vor, anhand derer die Prüfung vorzunehmen ist, ob und inwieweit multinationale Konzerne in den Anwendungsbereich („Scope“) von Amount A fallen. Diese Tests können in drei Kategorien unterteilt werden:

  • Activity Test: Prüfung ob es sich bei der Geschäftstätigkeit um so genannte „Automated Digital Services“ und/oder „Consumer Facing Businesses“ handelt.
  • Revenue Test: Ein zweistufiger umsatzbezogener Schwellenwerttest, der sogenannte „Global Revenue Threshold Test“ sowie der sogenannte „de minimis foreign in-scope revenue test“.
  • Nexus Test: Vorliegen eines steuerlichen Anknüpfungspunkts in den jeweiligen Marktstaaten.

Automated Digital Services

Unter Automated Digital Services („ADS“) versteht das Inclusive Framework Dienstleistungen, die digital, automatisiert und standardisiert mit großen Skaleneffekten ohne physische Präsenz und Infrastruktur sowie mit geringem menschlichen Einsatz gegenüber Kunden erbracht werden. Als Beispiele nennt der Blueprint u.a. Suchmaschinen, Social Media Plattformen, Online Werbedienste wobei individualisierte Onlinedienste z.B. Individualisierte Online-Lehrdienste nicht unter den Anwendungsbereich von Amount A fallen sollen. Die Beurteilung ist anhand einer Positiv- bzw. Negativliste vorzunehmen, in Zweifelsfällen ist auf die Grunddefinition zurückzugreifen. 

Consumer Facing Businesses

Unter Consumer Facing Businesses („CFB“) versteht das Inclusive Framework Unternehmen, die ihre Waren und Dienstleistungen entweder direkt oder indirekt „üblicherweise an Verbraucher verkaufen“. Hierunter fallen auch Einzelhändler, die regelmäßig unmittelbar mit Kunden in Kontakt stehen. Ausgenommen sind Hersteller, Großhändler und Distributor-Geschäftsmodelle, die nicht regelmäßig mit dem Endverbraucher in Kontakt stehen. Der Begriff „Verkauf“ wird breit definiert und beinhaltet auch Lizenz- sowie Franchisemodelle.

Revenue Test

Durch die Revenue Tests möchte die OECD den Anwendungsbereich von Amount A auf große multinationale Unternehmensgruppen beschränken (Global Revenue Test: konsolidierter Konzernumsatz > 750 Mio. EUR), die gleichzeitig einen erheblichen Anteil ihres Konzernumsatzes im Ausland erzielen (de minimis foreign in-scope test: Auslandsumsatz aus ADS bzw. CFB beispielsweise > 250 Mio. EUR). Die anzuwendenden Schwellenwerte sind noch final festzulegen. So diskutiert das Inclusive Framework mit Bezug auf den Global Revenue Test z.B. einen gestuften Ansatz, bei dem der Schwellenwert zunächst deutlich höher als 750 Mio. EUR angesetzt wird, um diesen im Zeitablauf sukzessive auf bis zu 750 Mio. EUR zu reduzieren.

Nexus Test

Im Rahmen des Nexus Tests sind diejenigen Marktstaaten zu ermitteln, in denen die multinationalen Unternehmensgruppen einen steuerlichen Anknüpfungspunkt erfüllen. Diese Prüfung erfolgt grundsätzlich anhand von noch zu definierenden Umsatzschwellen für ADS und CFB Aktivitäten in einem Marktstaat. Für CFB muss neben der Erfüllung der Umsatzschwelle zusätzlich eine aktive Verbindung zum Marktstaat (sogenannter „plus factor“) wie z.B. durch eine Tochtergesellschaft bzw. feste Geschäftseinrichtung vorliegen.

Die Bestimmung der Umsätze zur Anwendung des „de minimis foreign in-scope tests“ bzw. des Nexus Tests erfolgt auf Basis sogenannter „Revenue Sourcing“ Regeln, die anzuwenden sind und im Blueprint ausführlich diskutiert werden. Grundsätzlich gilt für die Bestimmung der Umsätze ein Bestimmungsprinzip, z.B. die „Real Time Location“ eines Nutzers (ADS) bzw. der Ort der finalen Lieferung (CFB). Dieses Prinzip wird durch sogenannte Indikatoren (z.B. Geolocation, Lieferadresse, etc) spezifiziert, die hierarchisch festgelegt und in der vorgegebenen Reihenfolge zu prüfen sind. Zur Gewährung einer konsistenten Anwendung der „Revenue Sourcing“ Regeln bzw. für Zwecke der Überprüfung der ermittelten „in-scope“ Umsätze durch die Finanzverwaltung, fordert der Blueprint die Implementierung eines internen Kontrollsystems einschließlich adäquater Dokumentation.

Ermittlung und Allokation von Amount A

Ausgangspunkt für die Ermittlung und Allokation von Amount A bildet der Konzerngewinn („Profit Before Tax“) einer multinationalen Unternehmensgruppe. Der Blueprint enthält dezidierte Regelungen bezüglich der anzuwendenden Rechnungslegungsvorschriften sowie der Berücksichtigung von Verlusten. Unter bestimmten Voraussetzungen ist zudem eine Segmentierung des Konzerngewinns (anhand festgelegter „Hallmarks“) erforderlich.

Für die Ermittlung und Allokation von Amount A sieht die OECD einen dreistufigen Ansatz vor:

  • Schritt 1: Um die Wechselwirkungen zwischen Amount A und der Vergütung von Routineaktivitäten auf Basis traditioneller Verrechnungspreisregelungen zu reduzieren, ist Amount A nur dann zu ermitteln, wenn der Konzerngewinn (bzw. Segmentgewinn) oberhalb einer noch zu definierenden Mindestprofitabilität liegt.
  • Schritt 2: Um eine angemessene Vergütung von sonstigen Werttreibern sicherzustellen, ist ein angemessener Anteil („reallocation percentage“) vom verbleibenden Residualgewinn zu ermitteln, der an die Markstaaten zu verteilen ist.
  • Schritt 3: Die Allokation von Amount A auf die Marktstaaten erfolgt anhand der ermittelten in-scope revenues. Es bleibt unter anderem zu klären, ob und inwieweit Gewichtungen der in-scope revenues vorzunehmen sind.

Sowohl die Mindestprofitabilität als auch die reallocation percentage sind noch zu bestimmen. 

Beseitigung einer Doppelbesteuerung

Zur Vermeidung bzw. Beseitigung einer Doppelbesteuerung in Zusammenhang mit Amount A beschreibt der Blueprint eine vierstufige Vorgehensweise zur Bestimmung der zahlenden Einheit („paying entity“) sowie die Vorgehensweise zur Anwendung von Freistellungs- oder Anrechnungsmethoden (die Entscheidung für eine dieser Methoden liegt letztlich im Ermessen der Ansässigkeitsstaaten). Darüber hinaus adressiert der Blueprint die Einführung einer potenziellen Begrenzung („cap“) von Amount A zur Vermeidung einer mehrfachen (Residual-)Gewinnzuordnung in einem Marktstaat („double counting“).

Amount B

Mit der Einführung von Amount B verfolgt die OECD zwei Ziele: Einerseits die Vereinfachung und Reduzierung von Compliance Kosten, andererseits die Steigerung von Rechtssicherheit und Reduzierung von Streitbeilegungsverfahren. Hierfür sieht das Inclusive Framework die Ermittlung und Anwendung fester Gewinnmargen für bestimmte Routine Vertriebs-und Marketingdienstleistungen vor. Die Abgrenzung von Aktivitäten, die unter den Anwendungsbereich von Amount B fallen, sollen auf Grundlage einer Positiv- und Negativliste erfolgen.

Tax Certainty

Abschließend geht der Blueprint auf Rechtssicherheit („Tax Certainty“), Implementierung und Administration für Amount A sowie auf Streitbeilegungsmechanismen für über Amount A hinausgehende Aspekte ein.

Zur Erreichung von Tax Certainty in Zusammenhang mit Amount A sieht der Blueprint einen mehrstufigen Ansatz, beginnend mit einem sogenannten „Self Assessment“ durch eine koordinierende Einheit, beispielsweise durch die Ultimate Parent Gesellschaft, analog zum Country-by-Country Reporting, vor („single entity Ansatz“). Die Streitbeilegung soll durch einen definierten Prozess mithilfe verschiedener Gremien („Review Panel“ und „Determination Panel“) sichergestellt werden.

Ausblick

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Blueprint aufgrund des hohen Detaillierungsgrads an Erläuterungen sowie der Abbildung von aussagekräftigen Prüfschemata Klarheit hinsichtlich vieler Fragestellungen ermöglicht, die durch die Konsultationspapiere aus dem Oktober 2019 entstanden sind. Gleichzeitig wirft auch dieser Blueprint weiterhin vielfältige technische Fragestellungen hinsichtlich Berechnung, Implementierung sowie Streitbeilegung mit Bezug zu Amount A auf, die das Inclusive Framework bis zur Erarbeitung der konsensbasierten Lösung im Sommer 2021 zu beantworten hat.

Fundstelle

OECD, Tax Challenges Arising from Digitalisation – Report on Pillar One Blueprint

Ihre Ansprechpartner

Silke Lappé
Partner

SLappe@deloitte.de
Tel.: +49 89 29036-8016

Arundhati Pandeya-Koch
Senior Manager

apandeya-koch@deloitte.de
Tel.: +49 89 29036 7963

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