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06.03.2023
Transfer Pricing

OECD: Handbuch über die Durchführung von multilateralen Verständigungsverfahren und Vorabverständigungsverfahren

​Mit der Veröffentlichung eines Handbuchs zur Durchführung von multilateralen Verständigungs- und Vorabverständigungsverfahren hat die OECD Steuerpflichtigen und Finanzbehörden einen Praxis-Leitfaden an die Hand gegeben, um solche Verfahren zukünftig effektiver durchzuführen.

Mit Zustimmung des Forums on Tax Administration hat die OECD am 01. Februar 2023 ein Handbuch zur Durchführung von multilateralen erständigungsverfahren („Mutual Agreement Procedures“ – „MAP“) und Vorabverständigungsverfahren („Advance Pricing Arrangements“ – „APA“) veröffentlicht: OECD Manual on the Handling of Multilateral Mutual Agreement Procedures and Advance Pricing Arrangements (abgekürzt: „MoMA“)

Im Unterschied zu bilateralen Verfahren sehen sich sowohl Steuerpflichtige als auch Finanzverwaltungen gerade bei multilateralen Verständigungs- und Vorabverständigungsverfahren einer großen Unsicherheit ausgesetzt, da einheitliche Regelungen hierzu kaum existieren. In der Praxis werden solche Verfahren daher aufgrund der Komplexität und des verfahrensrechtlichen Aufwands oftmals gescheut. Das nun veröffentlichte Handbuch zu multilateralen Verständigungs- und Vorabverständigungsverfahren soll Abhilfe schaffen.

Es ist als rechtlicher und verfahrensrechtlicher Leitfaden für multilaterale Verständigungsverfahren und Vorabverständigungsverfahren gedacht und bietet Steuerverwaltungen und Steuerpflichtigen Informationen über den Ablauf und die Funktion dieser Verfahren. Hierbei schlägt das MoMA verschiedene konkrete Ansätze vor, die auf den unterschiedlichen Verfahren und Praktiken der einzelnen OECD-Ländern basieren, ohne dabei aber verbindliche Regelungen aufzustellen.

Hintergrund des Leitfadens ist, dass es bis dato keine einheitliche Definition und klare rechtliche Basis von multilateralen MAPs und APAs gibt und die Einbindung von mehr als zwei Staaten in solche Verfahren durch verwaltungsrechtliche Hürden erschwert wird.

Insoweit wird zunächst eine neue Definition von multilateralen Verständigungs- und Vorabverständigungsverfahren gegeben (Tz. 24) und geklärt, auf welcher Rechtsgrundlage solche Verfahren durchzuführen sind (Tz. 35, 36). Diese wird grundsätzlich in einer zu Art. 25 Abs. 3 S. 2 des OECD-Musterabkommens 2019 (vgl. OECD Model Tax Convention on Income and Capital) entsprechenden Regelung gesehen.

Der Antrag auf Einleitung eines multilateralen Verständigungs- oder Vorabverständigungsverfahren soll sich grundsätzlich an den OECD-Regeln zu bilateralen MAPs und APAs, welche dem Handbuch zu Verständigungsverfahren (vgl. Manual on Effective Mutual Agreement Procedures – „MEMAP“), dem Anhang 2 zu Kapitel IV der Verrechnungspreisleitlinien 2017 (vgl. OECD Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations) und dem Handbuch zu bilateralen Vorabverständigungsverfahren (Bilateral Advance Pricing Arrangement Manual – „BAPAM“, vgl. auch Deloitte-Tax-News) zu entnehmen sind, orientieren. Der Antragsteller hat dabei anzugeben, dass es sich um einen multilateralen Fall handelt (Tz. 39) und die lokalen Anforderungen zu berücksichtigen. Das Handbuch unterscheidet sodann zwischen allgemeinen Anforderungen an Vorabverständigungsverfahren (Tz. 41f.) bzw. Verständigungsverfahren (Tz. 43ff.). Tz. 50 beinhaltet eine Checkliste der besonderen inhaltlichen Anforderungen an Anträge auf Einleitung dieser multilateralen Verfahren. Da es sich bei multilateralen Verfahren um eine Kombination aus bilateralen (Vorab-)Verständigungsverfahren handelt, haben Antragsteller auch die gleichen Rechte wie in den entsprechenden bilateralen Verfahren.

Ab Tz. 56 werden sodann prozessuale Aspekte im Hinblick auf multilaterale Fälle beleuchtet. Hierbei werden auch klare Empfehlungen zur zeitlichen Einbeziehung der jeweils anderen Vertragsstaaten gegeben. Im Hinblick auf den Verfahrensablauf wird die Möglichkeit eines bilateralen Ansatzes und eines multilateralen Ansatzes von Diskussionen der zuständigen Behörden aufgezeigt, wobei eine klare Empfehlung zur Durchführung eines multilateralen Ansatzes gegeben wird (Tz. 68). Das Handbuch gibt weiterhin Empfehlungen zu der Koordinierung des Prozesses bei bilateralen und multilateralen Ansätzen, wobei auch hier den Finanzbehörden konkrete Handlungsempfehlungen gegeben werden. Dies wird ab Tz. 74 in Bezug auf die Diskussionen und des Findens einer gemeinsamen Lösung der zuständigen Finanzbehörden ergänzt. Die Finanzbehörden sollen jeweilig eine Stellungnahme abgeben, wie der Fall aus ihrer Sicht gelöst werden kann. Auch hier wird den Finanzbehörden ein unverbindlicher zeitlicher Rahmen gesetzt. Am Ende sollte bestenfalls eine Einigung zwischen den Finanzbehörden erzielt werden. In welcher Weise der Steuerpflichtige/ Antragsteller über das Verfahren zu informieren ist, wird abschließend im Hinblick auf die prozessualen Aspekte ebenfalls dargestellt (Tz. 105ff).

Ab Tz. 110 wird sodann noch eine Reihe von multilateralen Beispielen veranschaulicht. Insbesondere zu Verrechnungspreisfällen und Gewinnaufteilungen von Betriebsstätten werden hier mehrere Beispiele erläutert.

Das Handbuch schließt im Punkt 5. mit einem tabellarisch aufgeführten, idealen Zeitrahmen, welcher bei der Durchführung von multilateralen Verständigungs- und Vorabverständigungsverfahren beachtet werden sollte.

Insgesamt wird klargestellt (S. 7), dass durch das MoMA die Steuerabkommen der Staaten nicht geändert, beschränkt oder erweitert werden, sondern dieses nur als Ergänzung zu dem OECD-Musterabkommen 2019 und den OECD-Verrechnungspreisleitlinien 2017 zu sehen ist. Eine Bindungswirkung geht von dem Handbuch somit nicht aus.

Fazit

​Bei Konzernen, deren konzerninterne Transaktionen länderübergreifend zunehmend mehrere bilaterale Steuerabkommen tangieren, kommt dem Handbuch eine erhöhte Bedeutung zu. Erstmals wird Finanzverwaltungen und Steuerpflichtigen ein Leitfaden an die Hand gegeben, an dem sie sich bei Durchführung von grundsätzlich komplexen multilateralen Verständigungs- und Vorabverständigungsverfahren orientieren können. Gerade weil es keine einheitliche Definition von multilateralen MAPs/ APAs gab und keine klaren gesetzlichen Grundlagen für die Durchführung existieren, schafft das Handbuch eine Hilfe bei der Einleitung und Durchführung solcher Verfahren.

Zu begrüßen ist insbesondere, dass durch das Handbuch ein Zeitrahmen mit Fristen für die Finanzverwaltung für die Durchführung von multilateralen APAs und MAPs aufgestellt wird. Ähnliche Zeitrahmen wurden durch die OECD auch schon im Rahmen des BAPAM aufgestellt. Auch wenn keine Bindungswirkung von dem Leitfaden ausgeht, so gibt er doch eine gewisse Orientierung.

Es bleibt hierbei abzuwarten, wie dies in der Praxis umgesetzt wird und ob dadurch die allgemein gewünschte erhöhte Akzeptanz von multilateralen Verständigungs- und Vorabverständigungsverfahren und eine effektive Durchführung solcher Verfahren erreicht werden kann.

Fundstelle

OECD (2023), Manual on the Handling of Multilateral Mutual Agreement Procedures and Advance Pricing Arrangements, OECD Forum on Tax Administration, OECD, Paris

Ihre Ansprechpartner

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Sauer, David
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dsauer@deloitte.de
Tel.: +49 89 2903 68164

Florian Merzbacher
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Tel.: +49 911 23074238

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