EuGH: Jahresendanpassung und Zollwert
Der Europäische Gerichtshof hat in einem interessanten Fall am 20. 12.2017 über das Verhältnis zwischen Jahresendanpassungen für Zwecke der Verrechnungspreise und Anpassungen des Zollwertes entschieden. Ein deutsches Tochterunternehmen einer japanischen Mutter hatte eine Anpassung des Zollwertes nach unten beantragt, da die Verrechnungspreise für den Bezug von Waren nachträglich im Rahmen einer Jahresendanpassung nach unten korrigiert wurden. Der EuGH folgt dem nicht und lehnt eine Anpassung des Zollwertes ab.
Sachverhalt
Der Europäische Gerichtshof hat am 20.12.2017 einen interessanten Fall zum Verhältnis von Jahresendanpassungen für Zwecke der Verrechnungspreise zu Anpassungen des Zollwertes entschieden.
Hintergrund ist ein Sachverhalt bei der Hamamatsu Photonics Deutschland GmbH, die von ihrer japanischen Muttergesellschaft Waren bezogen hat und diese in Deutschland vertreibt. Für die eingeführten Waren wurde der in Rechnung gestellte Preis als Zollwert angegeben. Das Verrechnungspreismodell des Konzerns sieht die Möglichkeit von ex-post Anpassung der Verrechnungspreise vor. Es erfolgt eine Berichtigung, wenn die von der Hamamatsu Photonics Deutschland GmbH erzielte Umsatzrendite unter- oder oberhalb einer vorgegebenen Bandbreite liegt.
Vom 07.10.2009 bis zum 30.09.2010 lag die erzielte Umsatzrendite der Hamamatsu Photonics Deutschland GmbH unterhalb der vereinbarten Bandbreite. Daher stellte Hamamatsu Japan zur Anpassung der Verrechnungspreise eine Gutschrift aus. Die Hamamatsu Photonics Deutschland GmbH beantragte anschließend eine Anpassung des Zollwertes nach unten und mithin eine Rückerstattung des Zolles, da es sich um eine Verringerung des Kaufpreises handelte. Eine Aufteilung des Anpassungsbetrages auf einzelne Waren erfolgte nicht. Die folgende Abbildung veranschaulicht den Fall.

Das Hauptzollamt München lehnte diesen Antrag ab, da die angewandte Methode zur Ermittlung des Zollwertes den Wert einer einzelnen Ware betrifft, nicht aber gemischte Sendungen. Es fehlte demnach an einer Aufteilung des Anpassungsbetrages auf die einzelnen Waren. Gegen diese Entscheidung erhob Hamamatsu Photonics Deutschland GmbH beim Finanzgericht München Klage. Das Finanzgericht München beschloss, das Verfahren auszusetzen und sich an den Europäischen Gerichtshof zu wenden.
Entscheidung
Der Europäische Gerichtshof entschied, dass eine nachträgliche Anpassung des Transaktionswertes im vorliegenden Fall nicht möglich sei. In der Begründung wird weder auf die Argumentation des Hauptzollamtes München eingegangen, wonach vor allem eine pauschale Anpassung des Zollwertes zu verwerfen ist, wenn die Anpassung sich nicht auf einzelnen Waren bezieht, noch auch die des FG München, das seinen Schwerpunkt eher auf die Ungleichbehandlung von Erhöhungen und Reduzierungen durch die Zollverwaltung legt. Der EuGH argumentiert, dass vielmehr der Transaktionswert anzuwenden ist, d. h. der durch den für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Union tatsächlich gezahlte oder zu zahlenden Preis, der den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der Ware widerspiegeln muss. Nur in Ausnahmefällen, z. B. wenn die Ware fehlerhaft ist, sei eine nachträgliche Anpassung des Transaktionswerts möglich. Der Zollkodex enthält keine Verpflichtung, den Transaktionswert nach oben anzupassen. Insbesondere enthält er keinen Schutz für die Zollbehörden gegen das Risiko, dass einführende Unternehmen nur Berichtigungen nach unten beantragen. Der Zollkodex sei so auszulegen, dass er keinen Transaktionswert zulässt, der sich aus einem zunächst in Rechnung gestellten Wert und einer pauschalen Berichtigung zusammensetzt, ohne dass sich sagen lässt, ob diese Berichtigung nach oben oder nach unten erfolgen wird.
Folgen für die Unternehmen
Dieses Urteil ist leider vielseitig interpretierbar und ermöglicht daher keine klare Auslegung. Insoweit bleibt abzuwarten, wie das FG München diese Entscheidung umsetzen wird. Es ist jedoch festzuhalten, dass zumindest pauschale nachträgliche Verrechnungspreisanpassungen in Form von Erstattungen weiterhin problematisch sind, insbesondere, wenn ihre Ermittlung in einer Verrechnungspreisvereinbarung vor Einfuhr nicht konkret dargelegt ist und vorab nicht klar ist, ob die spätere Anpassung nach unten oder oben erfolgt.
Auch wenn der EuGH darauf hinweist, dass der Zollkodex keine Pflicht beinhaltet, bei einer nachträglichen Preiserhöhung eine Berichtigung zu beantragen, greift dies nur, wenn belegt werden kann, dass der ursprünglich angemeldete Preis nicht von der Verbundenheit beeinflusst wurde und deshalb der Transaktionswert anwendbar bleibt. Dies ist jedoch schwerlich möglich. Die Ungerechtigkeit, dass die Verwaltung bei einer Preisreduktion umgekehrt nicht von einer Beeinflussung ausgeht, wird mit diesem Urteil nicht aufgelöst. Hier muss weiterhin abseits dieses Urteils über eine Erstattung gestritten werden. Die erhoffte Auflösung dieser Spannung hat das Urteil nicht gebracht. Insoweit ist es weiterhin erforderlich, bei Strukturierung der Verrechnungspreise zeitnah Zollexperten hinzuzuziehen, um später Unannehmlichkeiten zu vermeiden.
Betroffene Norm
Art. 28 bis 31 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. 1992, L 302, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 82/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 17, S. 1) geänderten Fassung (Zollkodex).
Vorinstanz
FG München
Fundstelle
EuGH, Entscheidung vom 20.12.2017, C-529/16, Hamamatsu Photonics Deutschland GmbH gegen Hauptzollamt München
