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15.12.2015
Transfer Pricing

Deutschland ist seit Jahren Welt- und Europameister bei neuen und offenen Verständigungsverfahren

Im folgenden Artikel wird die Bestandsentwicklung an neuen und offenen Verständigungsverfahren in Deutschland und innerhalb der OECD Staaten über die Jahre 2010-2014 dargestellt sowie ein Vergleich zur Entwicklung von Verständigungsverfahren unter dem Regime der EU-Schiedskonvention gezogen.

Verständigungsverfahren (MAP) sind eine notwendige und in aller Regel effektive zwischenstaatliche Maßnahme zur Beseitigung von Doppelbesteuerung. Insbesondere im Bereich der Verrechnungspreise ist in den vergangenen Jahren ein deutlicher Anstieg bei der Anzahl an Fällen von Doppelbesteuerung zu beobachten. Dies ist grundsätzlich auf die Komplexität der Materie zurückzuführen, welche zu einer Vielzahl von divergierenden Ansichten über die Angemessenheit des Verrechnungspreises zwischen den nationalen Finanzverwaltungen der beteiligten Länder führen kann. Die OECD veröffentlicht am 26.11.2015 die jährliche Statistik zu MAP, aus der u.a. Informationen zur Bestandsentwicklung, Anzahl von neu eingeleiteten sowie abgeschlossenen MAP in einem Kalenderjahr abgelesen werden können.

OECD MAP Statistik: Bestandsentwicklung in den Jahren 2010 - 2014

Der Gesamtbestand an MAP in allen betrachteten Staaten ist von 3.328 im Jahr 2010 auf 5.423 im Jahr 2014 angestiegen bei einer durchschnittlichen Verfahrensdauer von 23 bis 27 Monaten. Dies ist eine Bestandssteigerung von 63%. Dabei ist zu beobachten, dass sich die Anzahl der MAP in den jeweiligen Ländern nicht gleichmäßig erhöht, sondern manche Länder hiervon stärker betroffen sind, wie die folgende Übersicht der TOP 10 Länder mit dem größten Bestand an MAP zeigt:

Deutlich erkennbar ist, dass Deutschland bereits seit 2011 den größten Bestand an MAP aufgebaut hat und seitdem deutlich vor allen anderen Ländern liegt. Im vergangenen Jahr 2014 hat sich der Bestand in Deutschland um 171 MAP (20% zum Vorjahr) erhöht. Dabei ist auffällig, dass zwar konstant eine hohe Anzahl von ca. 150 Verfahren abgeschlossen wird, aber die Menge neu eingeleiteter Verfahren deutlich steigt. Ähnliches ist auch in demselben Jahr in den USA zu beobachten, dort steigt der Gesamtbestand um 224 MAP (30% zum Vorjahr), sowie in Belgien um 175 MAP (55% zum Vorjahr). Einzig Frankreich hat es geschafft, seinen Bestand in 2014 um 69 MAP (10% zum Vorjahr) zu verringern, weil die Zahl der abgeschlossenen Verfahren hier überwiegt.

Fokus Deutschland: Entwicklung MAP mit Bezug zu Verrechnungspreisen

Über die Jahre ist der Bestand an MAP in Deutschland deutlich gestiegen und trotz des hohen Bestandsniveaus hat sich der Anstieg in 2014 sogar weiter beschleunigt. Verrechnungspreise bzw. Betriebstätten sind Gegenstand von 43-47% aller MAP in Deutschland. Als aktuelle Entwicklung ist auffällig, dass in 2014 ein signifikanter Anstieg des Anteils bei den jährlich neu eröffneten MAP von 40% in den Jahren 2011-2013 auf 52% in 2014 zu verzeichnen ist. Anzumerken ist hierbei, dass die Betriebstätten Fälle nur die Gewinnallokation zum Gegenstand haben.

MAP Bestandsentwicklung im Rahmen der EU-Schiedskonvention in den Jahren 2010-2014

Steuerpflichtige können MAP auch auf Grundlage der EU Schiedskonvention beantragen, wenn um Verrechnungspreise gestritten wird. Um auszuschließen, dass sich hier ein anderes Bild im Vergleich zur betrachteten OECD Entwicklung abzeichnet, wird im Folgenden die Bestandsentwicklung bei derartigen MAP für die TOP 10 Staaten in den Jahren 2010-2014 dargestellt:

Auch hier lässt sich eine ähnliche Tendenz eines Anstiegs des Gesamtbestands beobachten. Ein sprunghafter Anstieg für das Jahr 2014 ist in Deutschland und Italien besonders auffällig, während bei den anderen Staaten max. ein nur leichter Anstieg zu verzeichnen ist. Insbesondere in Italien wurde seit 2012 nur eine einstellige Anzahl an MAP abgeschlossen und auch auf OECD Ebenen schließt Italien nur sehr wenige MAP ab.

Fazit

Aus der dargestellten Betrachtung lassen sich die folgenden Thesen ableiten:

  • Es ist ein deutlicher Trend des Anstiegs des Gesamtbestands von MAP zu beobachten. Dies kann für den betroffenen Steuerpflichtigen eine längere Wartezeit auf die Beseitigung einer Doppelbesteuerung und damit auf eine endgültige Festsetzung der Besteuerung bedeuten, weil sich an die Betriebsprüfung noch zusätzlich ein MAP anschließt. Daneben kann die Durchführung eines MAP für den Steuerpflichtigen je nach Sachverhalt und Verfahrensverlauf mit dem Einsatz von nicht unerheblichen personellen und finanziellen Ressourcen verbunden sein.
  • Deutschland ist seit Jahren Welt- und Europameister. Auf Basis der Betrachtung der vergangenen Jahre ist nicht anzunehmen, dass sich hieran kurzfristig etwas ändern wird. Vielmehr ist als Konsequenz der Ergebnisse der OECD-BEPS Maßnahmen mit einer weiteren deutlichen Steigerung der Streitigkeiten über Verrechnungspreise und einher damit der Anzahl an MAP zu rechnen.
  • Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken wurden Mindeststandards und Best Practices im Rahmen der OECD BEPS ACTION 14 entwickelt, welche wir in einem weiteren Beitrag dargestellt haben. Auch auf EU-Ebene wird die EU-Schiedskonvention sowie der damit verbundene Code of Conduct in diesem Jahr weiterentwickelt (siehe Deloitte Tax-News vom 18.08.2015).

Eine genauere Untersuchung der Gründe für diese äußerste relevanten und zugleich bedenklichen Entwicklungen würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Daher werden wir in einem weiteren umfangreicheren Artikel genauer hierauf eingehen sowie mögliche Alternativen zum MAP analysieren.

Quellen und Literaturhinweise

  • OECD MAP Statistics 2006-2014
  • MAP Statistics des EU Joint Transfer Pricing Forum
  • Artikel zu BEPS Maßnahme 14 - Making Dispute Resolution Mechanisms More Effective
  • Artikel zu Empfehlungen des EU Joint Transfer Pricing Forums (JTPF) zur Optimierung von Verständigungs- und Schiedsverfahren nach der EU-Schiedskonvention

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