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18.04.2018
Transfer Pricing

Brasiliens Verrechnungspreisregeln auf dem Prüfstand

Brasilien und die OECD werden in einem gemeinsamen Steuerprojekt das brasilianische Verrechnungspreisregelwerk überprüfen.

Gemeinsames Steuerprojekt der OECD und Brasiliens

Am 28. Februar 2018 verkündeten die OECD und Brasilien im Zuge der Veröffentlichung des aktuellen Economic Survey 2018 der OECD über Brasilien den Start eines gemeinsamen Steuerprojekts. In dem für 15 Monate angesetzten Projekt soll das Verrechnungspreisregelwerk Brasiliens im Detail überprüft und dessen Schwächen und Stärken im Vergleich zu den Empfehlungen der OECD aufgezeigt werden. Hierbei soll sowohl der rechtliche als auch der institutionelle Rahmen beleuchtet und als Ergebnis Ansätze für potentielle Änderungen erarbeitet werden.

Brasilien strebt schon seit längerem die OECD-Mitgliedschaft an. Ein Beitritt würde vorherige Anpassungen von Rechtsvorschriften an die OECD Standards voraussetzen, weshalb nun der Bedarf und die Möglichkeiten ausgelotet werden sollen.

Verrechnungspreisumfeld in Brasilien

 Der Wunsch Brasiliens, OECD Mitglied zu werden, und die daraus resultierende Bereitschaft, die brasilianischen Verrechnungspreisregeln auf den Prüfstand zu stellen, lässt zumindest auf eine gewisse zukünftige Angleichung hoffen. Insbesondere aus Sicht in Brasilien tätiger ausländischer Steuerpflichtiger wäre eine Angleichung des brasilianischen Systems an den - in Folge des BEPS-Projekts noch stärker - Substanz-fokussierten Ansatz der OECD sehr zu begrüßen.

Denn Brasiliens Regelungswerk für Verrechnungspreise weicht wesentlich von den OECD Verrechnungspreis-Leitlinien ab. Daher müssen in Brasilien tätige ausländische Unternehmen hohe Compliance-Kosten in Kauf nehmen. Jedoch garantiert selbst ein hoher Compliance-Aufwand nicht, dass Differenzen und Inkompatibilitäten komplett beseitigt werden können. Nicht selten resultiert hieraus eine Doppelbesteuerung.

Zwar lassen die Verrechnungspreisregeln Brasiliens dem Steuerpflichtigen die freie Wahl einer zulässigen Verrechnungspreismethode, ohne vorher eine detaillierte Funktions- und Risikoanalyse vornehmen zu müssen. Somit kann der Steuerpflichtige regelmäßig die Methode wählen, mit der er seine Steuerlast am meisten senken kann bzw. die zur geringsten Doppelbesteuerung führt. Das Vorgehen nach den Empfehlungen der OECD zeichnet sich hingegen gerade dadurch aus, dass die Methodenwahl auf einer detaillierten Funktions- und Risikoanalyse basiert.

Allerdings schränken im brasilianischen Verrechnungspreissystem festgesetzte Margen(grenzen) die Gestaltungsmöglichkeiten sehr stark ein. So gibt es beispielsweise für Exporte Mindestmargen sowie Beschränkungen der Margenhöhe bei Importen. Aufgrund ihrer Höhe sind die vorgegebenen Margen in vielen Fällen angesichts der Gesamtprofitabilität komplett unrealistisch. Ein Über- bzw. Unterschreiten zu Lasten des brasilianischen Staats kann jedoch in der Praxis regelmäßig nicht durchgesetzt werden. Obwohl der Steuerpflichtige eine Erlaubnis beantragen kann, Margen außerhalb der Schwellenwerte anzusetzen, wurde dies bisher in der Praxis aufgrund hoher Hürden noch nicht gewährt. Vorabverständigungsverfahren (Advance Pricing Agreements) sind im brasilianischen System nicht vorgesehen.

Das relativ starre und formalistische Verrechnungspreisregelwerk Brasiliens sollte zum einen die Korruptionsbekämpfung erleichtern und zum anderen die Handhabung der Regelungen vereinfachen. Insbesondere hat der in Brasilien genutzte Ansatz den Vorteil, dass die Komplexität für die Betriebsprüfer reduziert ist und mangels Ermessensspielraum wirtschaftlicher Sachverstand für die Prüfung nicht benötigt wird.

Besondere Relevanz aus deutscher Sicht

Aufgrund der fundamentalen Differenzen zwischen den brasilianischen und den deutschen, an den OECD Empfehlungen orientierten Verrechnungspreisregeln, kam es in der Vergangenheit immer wieder zu signifikanter Doppelbesteuerung für deutsche Unternehmensgruppen. Verständigungsgespräche zwischen Deutschland und Brasilien verliefen wegen der brasilianischen Praxis und unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten regelmäßig ergebnislos. In 2005 gipfelte dies in der Kündigung des – aus deutscher Sicht wirkungslosen – Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) zwischen den beiden Ländern durch Deutschland. Deutschland bekräftigte dennoch, dass man jederzeit bereit wäre, die Gespräche wiederaufzunehmen. Bislang kam es hierzu jedoch (noch) nicht.

Ausblick

 Der Schritt zu diesem Steuerprojekt mit der OECD bezeugt den guten Willen Brasiliens, sein Steuersystem an internationale Standards anzugleichen. Ausländische Unternehmen, die in Brasilien operieren, könnten hierdurch ihre Compliance Kosten immens senken. Eine komplette Angleichung des brasilianischen Systems an die Vorgaben der OECD ist jedoch in naher Zukunft nicht zu erwarten. Besonders die Anforderungen für die brasilianischen Betriebsprüfer würden sich im Falle wesentlicher Änderungen drastisch erhöhen.


Es bleibt darauf zu hoffen, dass Brasilien zumindest sein starres Margenkonzept lockert, sodass Steuerpflichtige insoweit etwas mehr Spielraum erhalten. Eine Angleichung könnte auch einen Impuls für Verhandlungen über ein neues DBA zwischen Deutschland und Brasilien geben.

Der Verband der brasilianischen Industrie (Confederação Nacional da Indústria) begrüßte das Vorhaben und führt weiter aus, dass Brasilien sich in seiner Steuerpolitik und –gesetzgebung mehr an die Vorgaben der OECD anpassen muss, um in erhöhtem Maße ausländische Investitionen nach Brasilien anzuziehen. Hierdurch hätte Brasilien die Möglichkeit, stärker an der Weltwirtschaft teilzuhaben.

Die Auswirkungen des Projekts hängen wesentlich davon ab, wie ernsthaft Brasilien den OECD-Beitritt weiterverfolgt. Daher wird der Ausgang der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in Brasilien als wichtige Weichenstellung für den Erfolg des Projekts angesehen, das vom amtierenden brasilianischen Präsidenten und Befürworter des OECD-Beitritts mit angestoßen wurde. Aufgrund der potentiell weitreichenden Folgen werden die Ergebnisse des Steuerprojektes am Ende der angesetzten 15 Monate mit Spannung erwartet.

Ihre Ansprechpartner

Ihre Ansprechpartner

Markus Kircher
Partner

mkircher@deloitte.de
Tel.: +49 69 75695 7011

Harald Ludwig Höbener
Professional

hhoebener@deloitte.de
Tel.: +49 69 75695 7342

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