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03.01.2024
Transfer Pricing

BMF: Entwurfsschreiben zur Anwendung des Steueroasenabwehrgesetzes veröffentlicht – Berührungspunkte zu Verrechnungspreisen

Das Bundesministerium der Finanzen hat am 30.11.2023 einen Entwurf für ein Schreiben zur Anwendung des Steueroasenabwehrgesetzes (StAbwG) vorgelegt, in welchem die Anwendung des StAbwG konkretisiert und mit Beispielen illustriert wird. Eine Zusammenfassung des Entwurfs des BMF-Schreibens findet sich hier.

In unserem Beitrag geben wir einen kurzen Überblick zu Hintergründen und greifen anschließend ausgewählte Punkte mit Verrechnungspreisbezug heraus. 

Hintergrund

Wenn ein Steuerpflichtiger Geschäftsbeziehungen oder Beteiligungen in Bezug auf Unternehmen in einem sogenannten nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet unterhält, greifen seit 2022 die in den §§ 7 ff. des Steueroasen-Abwehrgesetzes (StAbwG) definierten Abwehrmaßnahmen. Die Definition solcher nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiete erfolgt im Rahmen der Steueroasen-Abwehrverordnung (StAbwV), die auf Basis der EU-Blacklist in § 2 StAbwV die relevanten Steuerhoheitsgebiete abschließend aufführt.

Auf der EU-Liste werden aktuell die folgenden 16 Länder und Gebiete geführt: Amerikanisch-Samoa, Anguilla, Antigua und Barbuda, Bahamas, Belize, Fidschi, Guam, Palau, Panama, Russland, Samoa, Seychellen, Trinidad und Tobago, Turks- und Caicosinseln, Amerikanische Jungferninseln und Vanuatu.

Die Steueroasen-Abwehrverordnung (StAbwV) wurde auf Basis der aktuellen EU-Liste aktualisiert. Am 15. Dezember 2023 erfolgte hierzu die Zustimmung durch den Bundesrat. Ab dem 1. Januar 2024 gelten somit die Abwehrmaßnahmen und verstärkten Mitwirkungspflichten erstmals insbesondere für Russland sowie Antigua und Barbuda, Belize und die Seychellen gelten (siehe auch Deloitte Tax News).

Die zeitlich gestaffelten Maßnahmen des Steueroasenabwehrgesetzes umfassen hierbei folgende Maßnahmen (siehe auch Deloitte Tax News):

  • Verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung für Einkünfte aus Beteiligungen in Steueroasen
  • Quellensteuermaßnahmen (15% Quellensteuerabzug) für bestimmte Leistungen an Unternehmen in Steueroasen, inkl. Finanzierungsbeziehungen, Dienstleistungen, Handel mit Waren
  • Versagung der Steuerbefreiung für Dividenden und Veräußerungsgewinne
  • Verbot des Betriebsausgabenabzugs für Aufwendungen aus Geschäftsvorgängen mit Steueroasen

Zusätzlich gelten gesteigerte Mitwirkungspflichten, insbesondere die Pflicht zur Erstellung und Übermittlung von Aufzeichnungen zu Geschäftsvorfällen mit fremden Dritten an Finanzbehörden.

Aufgrund der Aufnahme Russlands in den Anwendungsbereich des StAbwG ist zu erwarten, dass das Gesetz ab dem 01.01.2024 deutlich höhere Aufmerksamkeit und Relevanz erlangen wird.

Berührungspunkte zu Verrechnungspreisen

Erhöhte Mitwirkungspflichten:

Die verschiedenen Abwehrmaßnahmen des StAbwG betreffen zum Teil Geschäftsbeziehungen mit unverbundenen, also allen Wirtschaftsteilnehmern (Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzugsverbot sowie Quellensteuer), zum Teil aber auch nur Geschäftsbeziehungen mit verbundenen Wirtschaftsteilnehmern (verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung sowie Maßnahmen hinsichtlich Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen). Alle Maßnahmen können demzufolge grundsätzlich konzerninterne Transaktionen betreffen und berühren somit das Themenfeld der Verrechnungspreise.

Laut Entwurf des BMF-Schreibens soll grundsätzlich je Geschäftsvorfall nur eine Abwehrmaßnahme zur Anwendung kommen. Hiervon unabhängig gelten jedoch zusätzlich immer auch gesteigerte Mitwirkungspflichten, selbst wenn keine andere Abwehrmaßnahme greift.

Diese Mitwirkungspflichten, die über die nach § 90 AO bestehenden Mitwirkungspflichten hinausgehen, werden in § 12 StAbwG aufgeführt und betreffen alle Geschäftsvorgänge mit Personen in nicht-kooperativen Steuergebieten i.S.d. § 7 StAbwG, also auch Geschäftsvorgänge zwischen nicht nahestehenden Personen.

Demzufolge sind folgende Aufzeichnungen zu erstellen:

  1. Darstellung der Geschäftsbeziehungen, Übersicht über Art und Umfang dieser Geschäftsbeziehungen, insbesondere Wareneinkauf, Dienstleistungen, Darlehensverhältnisse, Versicherungsverhältnisse, Nutzungsüberlassungen sowie Kostenumlagen;
  2. Verträge und vereinbarte Vertragsbedingungen, die den Geschäftsbeziehungen zugrunde liegen, und ihre Veränderung innerhalb des Wirtschaftsjahres;
  3. Auflistung von Vereinbarungen mit Bezug zu immateriellen Werten, einschließlich Kostenumlagevereinbarungen sowie Forschungsdienstleistungsvereinbarungen und Lizenzvereinbarungen, sowie Auflistung der immateriellen Werte, die der Steuerpflichtige im Rahmen der betreffenden Geschäftsbeziehungen nutzt oder zur Nutzung überlässt;
  4. die von den Beteiligten im Rahmen der Geschäftsbeziehungen ausgeübten Funktionen und übernommenen Risiken sowie deren Veränderungen innerhalb des Wirtschaftsjahres;
  5. die eingesetzten wesentlichen Vermögenswerte;
  6. die gewählten Geschäftsstrategien;
  7. die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse, die für die Besteuerung von Bedeutung sind;
  8. die natürlichen Personen, die unmittelbar oder mittelbar Gesellschafter oder Anteilseigner einer Gesellschaft in dem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet sind, zu dem der Steuerpflichtige in Geschäftsbeziehung steht; […]

Die Liste der zu erstellenden Aufzeichnungen ist hierbei auffällig nahe an den Inhalten angelehnt, die bislang nur für konzerninterne Transaktionen im Rahmen einer landesbezogenen, unternehmensspezifischen Verrechnungspreisdokumentation zu erstellen sind (siehe § 4 GAufzV).

Allerdings gibt es einige bedeutende Unterschiede im Vergleich zu den inhaltlichen Anforderungen einer „normalen“ Verrechnungspreisdokumentation, welche auch durch den Entwurf des BMF-Schreibens herausgestellt werden:

  • Zu begrüßen ist, dass das BMF-Schreiben anmerkt, dass gerade in Bezug auf unabhängige Dritte gewisse Aufzeichnungen nicht zwingend erstellt und verlangt werden können; beispielsweise seien dies die von den unverbundenen Beteiligten im Rahmen der Geschäftsbeziehungen ausgeübten Funktionen und übernommenen Risiken sowie deren Veränderungen innerhalb des Wirtschaftsjahres oder die eingesetzten Vermögenswerte.
  • Im Gegensatz zu einer gewöhnlichen Verrechnungspreisdokumentation sollen die Aufzeichnungen nach § 12 StAbwG spätestens ein Jahr nach Ablauf des betreffenden Kalenderjahres oder Wirtschaftsjahres zu erstellen und ohne Aufforderung an die örtlich zuständige Finanzbehörde oder auch an das BZSt zu übermitteln sein – letzteres ist der Fall, wenn auch die Verpflichtung zum Country-by-Country Reporting (§ 138 a AO) besteht. Für die Dokumentation konzerninterner Verrechnungspreiszwecke besteht hingegen normalerweise (ohne Aufforderung) keine Übermittlungspflicht. Ob für alle Fälle eine Übermittlung ausschließlich über das entsprechende BZSt-Online-Portal (BOP) ausreichend ist, erscheint unklar.
  • Darüber hinaus verlangt § 12 StAbwG im Gegensatz zu den Anforderungen an eine Verrechnungspreisdokumentation für die zu erstellenden Aufzeichnungen keine ökonomische Analyse der Fremdüblichkeit der Preise hinsichtlich der dokumentierten Geschäftsvorgänge.

Ähnlich zu den Folgen einer „unverwertbaren“ Verrechnungspreisdokumentationen erhalten die Steuerbehörden im Falle unzureichender Aufzeichnungen bzgl. der Geschäftsvorgänge mit nicht-kooperativen Jurisdiktionen ggf. eine Schätzbefugnis. So wird nach § 162 Abs. 2 S. 3 AO widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu nicht kooperativen Steuerhoheitsgebieten nicht erklärt oder höher als erklärt sind. Des Weiteren werden bei einem nicht entschuldbaren oder nicht nur geringfügigen Verletzen der gesteigerten Mitwirkungspflichten gem. § 162 Abs. 4a AO Zuschläge gem. § 162 Abs. 4 AO erhoben.

Unklar bleibt hierbei, an welchen Maßstäben sich eine solche Schätzung orientieren könnte. Das BMF-Schreiben trifft hierzu keine Aussagen. Denkbar könnten hier ggf. ebenfalls Ansätze aus dem Bereich der Verrechnungspreise sein, z.B. Verwendung von Benchmarking-Studien.

Obwohl der Entwurf des BMF-Schreibens in Randziffer 78 herausstellt, dass die Aufzeichnungen spätestens ein Jahr nach Ablauf des Kalender- oder Wirtschaftsjahres zu erstellen sind, wird unter Randziffer 81 angemerkt, dass es für eine effiziente Erfüllung der gesteigerten Mitwirkungspflichten nicht zu beanstanden sei, wenn im Einzelfall „die entsprechenden Aufzeichnungen abweichend von der Frist des § 12 Abs. 2 S. 2 StAbwG erst bis zum Ablauf des 14. Monats nach Ablauf des Kalenderjahres oder Wirtschaftsjahres, in dem der mitzuteilende Sachverhalt verwirklicht worden ist, der zuständigen Finanzbehörde übermittelt werden.“

Quellensteuermaßnahmen:

Quellensteuer wird regelmäßig auch durch Transaktionen verbundener Unternehmen ausgelöst z. B. bei Lizenzzahlungen. § 10 StAbwG sieht vor, dass die Quellensteuer subsidiär zum § 49 Abs. 1 EStG erhoben werden kann und die Tatbestände der beschränkten Steuerpflicht dementsprechend erweitert werden. Auch wenn die Liste der betroffenen Geschäftsvorgänge umfassend ist, ist zu begrüßen, dass das BMF in seinem Entwurf anerkennt, dass der Katalog der zusätzlich betroffenen Geschäftsvorgänge des § 10 Abs. 1 S. 1 StAbwG abschließend ist. Anzumerken ist, dass Geschäftsbeziehungen betroffen sind, bei denen ein Zahlungsfluss in das nicht-kooperative Steuerhoheitsgebiet vorliegt.

Zunächst ist festzustellen, dass der Katalog der betroffenen Geschäftsvorgänge insgesamt Geschäftsvorgänge betrifft, die klassischerweise allesamt konzernintern zu beobachten sein können, insbesondere Finanzierungsbeziehungen, Dienstleistungen, Handel mit Waren, Vermietung/Verpachtung sowie Veräußerung von Rechten bei Registerfällen. Insofern ein konzerninterner Zahlungsfluss aus Deutschland heraus in ein nicht-kooperatives Steuerhoheitsgebiet vorliegt, sind diese Geschäftsvorgänge alle von den Quellensteuermaßnahmen betroffen. Auch eine Freigrenze gibt es nicht.

Aus Perspektive der Verrechnungspreise hingegen kritisch zu betrachten, ist die Ausführung des Entwurfsschreibens in Randziffer 25. Hier wird ersichtlich, dass für die Anwendung des § 10 StAbwG eine „mögliche Besteuerung durch einen anderen Staat […] unbeachtlich“ ist. Diese Interpretation birgt insbesondere bei verbundenen Unternehmen das Risiko der Doppelbesteuerung von Einkünften. Aufgrund des Charakters des StAbwG als sich über Doppelbesteuerungsabkommen (DBAs) hinwegsetzendes Sanktionsrecht (Treaty Override), sind in der Praxis in DBAs vorgesehene Verständigungsverfahren wohl nicht möglich, soweit das Gesetz eine von den DBAs abweichende Sonderbesteuerung vorsieht – soweit diese mit nicht-kooperativen Jurisdiktionen überhaupt geführt werden können.

Das BMF legt das StAbwG analog zum Wortlaut des § 1 Abs. 3 StAbwG so aus, dass es auf Grundlage dieses Gesetzes auch zu einem Treaty Override völkerrechtlicher Verträge kommen könnte, sofern ein solches Abkommen mit einem gelisteten nicht-kooperativen Steuerhoheitsgebiet existiert und nicht ausgesetzt ist.

Das Risiko einer solchen Fallkonstellation könnte unter anderem auch Russland bergen, sofern das Doppelbesteuerungsabkommen wieder eingesetzt wird, bevor das Land von der Liste nicht-kooperativer Steuerhoheitsgebiete genommen wird oder dies zu späterem Zeitpunkt rückwirkend erfolgt. Die Verwirklichung der Tatbestände des § 10 StAbwG erfolgt am Tag des Zuflusses der Vergütung. In diesem Fall könnten entgegen der im DBA Russland vereinbarten 0 % Quellensteuer zunächst nach § 10 StAbwG ein Quellensteuersatz i.H.v. 15 % erhoben werden. Eine Änderung der Steuerfestsetzung müsste sodann rückwirkend gem. § 164 Abs. 2 S. 2 AO beim BZSt beantragt werden. Fallkonstellationen dieser Art stellen vor allem für den Steuerpflichtigen einen hohen Koordinierungsaufwand dar, zumal die Praxis zeigt, dass die Erstattung von zu viel entrichteter Quellensteuern ein langwieriger Prozess ist.

Dahingehend ist zu kritisieren, dass der Zeitpunkt der Steuerentstehung und der dazugehörigen Voraussetzung ein nicht-kooperatives Steuerhoheitsgebiet zu sein, auseinanderfallen. Ein definierter Stichtag, zu dem die Steuer rückwirkend entsteht oder entfällt, würde sicherlich den Koordinationsaufwand erleichtern und sich liquiditätsschonender für den Steuerpflichtigen auswirken, da die Erstattungsvorgänge von zu viel abgeführter Quellensteuer langwierig sind.

Weitere Bereiche, bei denen der Entwurf des BMF Schreibens Verrechnungspreisthemen tangieren kann, sind folgende:

  • Finanztransaktionen mit fremdunüblicher Vergütung:

    Regelmäßig werden Leistungsbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen, für die die Quellensteuer angefallen ist, bei Betriebsprüfungen hinterfragt und die Vergütungssysteme auf die Probe gestellt, so zum Beispiel auch konzerninterne Finanzierungsbeziehungen:
    ​​
    Im Entwurf des BMF-Schreibens (Rz. 30) wird das Beispiel eines konzerninternen Darlehens genannt, welches von der in Deutschland ansässigen B AG bei der in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet ansässigen Muttergesellschaft A Limited mit einem zu hohen, nicht fremdvergleichskonformen Zinssatz aufgenommen wurde. Der Anteil der nicht fremdvergleichskonformen Zinsen stellt hierbei eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) an die A Limited dar, welche der beschränkten Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 a) aa) i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr 1 S. 2 EstG und der Kapitalertragsteuer i.H.v. 25 % (§ 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EstG i.V.m. § 43a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EstG) zuzüglich Solidaritätszuschlag unterliegt.

    ​Der Anteil der fremdvergleichskonformen Zinsen hingegen unterliegt der beschränkten Steuerpflicht nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StAbwG und dem Quellensteuerabzug.

    Laut dem Entwurfsschreiben des BMFs ist zunächst das örtliche Finanzamt nach § 20 AO für die Besteuerung der vGA zuständig, während für den Quellensteuerabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 StAbwG das BZSt zuständig ist, § 16 AO i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 12 FVG.

    Das fast zwangsläufige zeitliche Auseinanderklaffen von Quellensteuerzahlungen, Betriebsprüfungsfeststellungen, der endgültigen Steuerfestsetzung, der Beantragung und der Abwicklung von der Rückerstattung zu viel abgeführter Quellensteuern sowie die Vielzahl der beteiligten Parteien und Zuständigkeiten, wird den Koordinationsaufwand für solche Sachverhalte bei den Steuerpflichtigen deutlich erhöhen. Die Feststellung der vGA würde gleichzeitig zur Folge haben, dass die Liquidität der Steuerpflichtigen doppelt belastet wird. Einerseits wenn für den Differenzbetrag der nachträglich festgestellten vGA Ertragssteuern entrichtet werden müssen. Andererseits wenn zuvor abgeführte Quellensteuer nach § 10 Abs. 1 S. 1 StAbwG für die geleisteten, aber der Höhe nach fremdunüblichen Zinszahlungen nur langwierig auf Antrag erstattet und nicht mit den Ertragssteuern der vGA verrechnet werden können.
  • Dienstleistungen im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StAbwG

    Die Auslegung des Dienstleistungsbegriffs erfolgt sehr weit im Entwurf des BMF, wobei zu betonen ist, dass laut BMF eine Warenproduktion keine Dienstleistung im Sinne des StAbwG ist.

    Aus verrechnungspreislicher Perspektive ist im Entwurfsschreiben des BMF interessant, dass die bloße Nutzungsüberlassung nicht vom Dienstleistungsbegriff erfasst wird. Die Nutzungsüberlassung von Rechten unterliegt zwar grundsätzlich dem Quellensteuerabzug gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. F EstG, würde folglich jedoch nicht vom StAbwG erfasst werden. In Fällen, bei denen nach DBA ein geringerer Quellensteuersatz als 15 % anzuwenden ist, könnte im ersten Moment davon ausgegangen werden, dass die Anwendung des StAbwG und die Anhebung des Quellensteuersatzes auf 15 % gem. § 10 Abs. 2 StAbwG entfällt. An dieser Stelle vertritt das BMF jedoch die Auffassung, dass von den Finanzämtern in diesen Fällen der Steuerabzug nach § 50a Abs. 7 EstG angeordnet werden soll: Dadurch kann es ebenfalls zu einem Treaty Override etwaiger DBA kommen und Quellensteuer i.H.v. 15 % anfallen, die angemeldet und abgeführt werden muss.
  • Nutzungsüberlassungen und Dienstleistungen in gemischten Verträgen

    Das BMF vertritt die Auffassung, dass bei gemischten Verträgen nur die Leistungen der beschränkten Steuerpflicht unterliegen, die als Gegenleistung für die Erbringung von Dienstleistungen vorliegen. Grundsätzlich und auch im Hinblick auf Verrechnungspreise ist an dieser Stelle jedoch kritisch zu hinterfragen, wie z.B. bei einheitlichen Zahlungen die Aufteilung der Leistungsvergütung vorzunehmen ist. Das BMF möchte hier durch Schätzungen die Aufteilung vornehmen, ohne sich dabei auf eine konkrete Methode zur Ermittlung der Aufteilung festzulegen. Es wird auf eine Abgrenzung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des Einzelfalls abgestellt. Was das konkret bedeutet, bleibt unklar. Im Übrigen entfällt die beschränkte Steuerpflicht für die gesamte erbrachte Gegenleistung, wenn bei einem gemischten Vertrag die Dienstleistung von untergeordneter Bedeutung ist und die Nutzungsüberlassung überwiegt. In dem vom BMF aufgeführten Beispiel wird hierbei eine Grenze von 10 % angenommen. Die Beweislast hierfür wird jedoch dem Steuerpflichtigen auferlegt, wodurch die Bedeutung der Aufzeichnung und der Dokumentation etwaiger Geschäftsvorfälle erneut deutlich wird. Hierbei ist zu betonen, dass, im Gegensatz zu einer Verrechnungspreisdokumentation, etwaige Aufzeichnungen und Dokumentationen proaktiv und nicht im Nachgang oder nur auf Anforderung zu den betreffenden Geschäftsvorfällen zu erstellen wären.

DAC6-Meldepflichten

Im Zusammenhang mit Geschäftsvorgängen mit nicht-kooperativen Jurisdiktionen möchten wir darauf hinweisen, dass über die Maßnahmen und Mitwirkungspflichten des StAbwG hinaus zusätzlich eine DAC6-Meldepflicht vorliegen kann, wenn es grenzüberschreitende Zahlungen zwischen verbundenen Unternehmen gibt und der Empfänger der Zahlung in einen Land liegt, das auf der EU-Blacklist steht (also bspw. in Russland ansässig ist) und die Zahlung als Betriebsausgabe abzugsfähig ist (§ 138e Abs. 2 Nr. 1. a) bb) AO). 

Ausblick

Hinsichtlich des Entwurfsschreibens des BMFs wird bis 09.01.2024 Gelegenheit gegeben, Stellung zu nehmen. Die gesetzlichen Regelungen des StAbwG gelten jedoch auch ohne ein finales BMF-Schreiben.

Waren bislang eher exotische Länder Bestandteil der „EU Blacklist“ bzw. der Steueroasenabwehrverordnung, so findet sich ab 01.01.2024 Russland im Anwendungsbereich des StAbwG wieder.

Insofern deutsche Steuerpflichtige weiterhin Geschäftsbeziehungen oder Beteiligungen mit bzw. an russischen Unternehmen unterhalten, sollte entsprechend zeitnah geprüft werden, inwiefern insbesondere Quellensteuermaßnahmen und die gesteigerten Mitwirkungspflichten eingehalten werden. Die Erstellung einer „Verrechnungspreisdokumentation“ für Transaktionen mit unverbundenen Unternehmen stellt hierbei völlig neue und erhöhte Dokumentationsanforderungen an die Steuerzahler.

Fundstelle

BMF, Entwurf von Grundsätzen zur Anwendung des Steueroasen-Abwehrgesetzes vom 30.11.2023 

Ihr Ansprechpartner

Markus Kircher
Partner in Tax and Legal → Transfer Pricing

mkircher@deloitte.de
Tel.: +49-69-756957011

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