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31.08.2022
Transfer Pricing

BMF: Entwurf zur neuen Funktionsverlagerungsverordnung veröffentlicht

Aktuell:

Die Funktionsverlagerungsverordnung ist am 25.10.2022 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden (BGBl. I 2022, S. 1803).

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Am 07.10.2022 hat der Bundesrat der Funktionsverlagerungsverordnung zugestimmt. BR-Drs. 423/22 (B)

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Ende August wurde der finale Text der Funktionsverlagerungsverordnung (BR-Drs. 423/22) an den Bundesrat zur Zustimmung übermittelt. Der Bundesrat wird in seiner Sitzung am 07.10.2022 über die Verordnung beraten und sehr wahrscheinlich zustimmen. Gegenüber dem Referentenentwurf gab es kleinere Änderungen: 

  • § 1 Abs. 2 FVerlV: Satz 1 enthält eine angepasste Definition der Funktionsverlagerung, die nun vorliegt, „wenn eine Funktion einschließlich der dazugehörigen Chancen und Risiken sowie der mitübertragenen oder mitüberlassenen Wirtschaftsgüter oder sonstigen Vorteile ganz oder teilweise übertragen oder überlassen wird, so dass das übernehmende Unternehmen diese Funktion ausüben oder eine bestehende Funktion ausweiten kann“. Im Referentenentwurf war die Übertragung bzw. Überlassung von Wirtschaftsgütern nur eingeschränkt nötig, weil es dort hieß „gegebenenfalls mitübertragenen bzw. mitüberlassenden Wirtschaftsgüter oder sonstigen Vorteile“. Danach war die Übertragung bzw. Überlassung von Wirtschaftsgütern oder sonstiger Vorteile kein Tatbestandsmerkmal einer Funktionsverlagerung mehr. Dies wäre deutlich weiter gegangen als § 1 Abs. 3b AStG.
  • § 1 Abs. 5 FVerlV: Absatz 5 normiert, dass keine Funktionsverlagerung vorliegt, wenn es innerhalb von fünf Jahren nach Aufnahme der Funktion durch das übernehmende Unternehmen zu keiner Einschränkung der Ausübung der betreffenden Funktion beim verlagernden Unternehmen kommt. Für den Fall, dass eine solche Einschränkung vorliegt, ist es weiterhin möglich von einer Funktionsverlagerung abzusehen, wenn dargelegt wird, dass diese Einschränkung nicht in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Funktionsverdoppelung steht. Im Gegensatz zum Referentenentwurf wird nur ein Glaubhaftmachen gefordert und kein Beweis. Die im Referentenentwurf geforderten Nachweise für eine begrenzten Kapitalisierungszeitraum (§ 5 FVerlV-E) sowie für die Analyse, ob fremde Dritte die Vergütung auf einen zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch begrenzt hätte (§ 7 FVerlV-E), bleiben jedoch auch in der finalen Version bestehen bestehen.

 

Update: Deloitte hat den Referentenentwurf zur Neufassung der FVerlV intensiv analysiert und diskutiert und Kritikpunkte und Anregungen in einer Stellungnahme an das Bundesministerium der Finanzen adressiert. Einen Link zur Stellungnahme finden Sie am Ende dieses Beitrags.
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Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 05.07.2022 einen Referentenentwurf zur Anpassung der Funktionsverlagerungsverordnung (FVerlV-RE) veröffentlicht. Hiermit soll den Gesetzesänderungen durch das Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz (AbzStEntModG) Rechnung getragen werden.

Hintergrund

2021 wurden durch das AbzStEntModG die Vorschriften zum Fremdvergleichsgrundsatz neugefasst und an die aktuellen OECD-Verrechnungspreisleitlinien angepasst. Dabei wurden auch die Regelungen zu Funktionsverlagerungen überarbeitet und in einen neuen Absatz 3b in § 1 des Außensteuergesetzes überführt. Infolgedessen beziehen sich die Bestimmungen der bisherigen FVerlV nicht mehr auf die aktuelle Gesetzesfassung bzw. wurden teilweise durch die Aufnahme ins Gesetz obsolet.

Die neuen Bestimmungen betreffen die grenzüberschreitende Übertragung von Funktionen zwischen verbundenen Unternehmen sowie zwischen Betriebsstätten bzw. Betriebsstätte und Stammhaus desselben Unternehmens und sollen erstmals auf Funktionsverlagerungen in Veranlagungszeiträumen anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2021 beginnen. Daher ist die Neufassung bei entsprechendem Beginn des Veranlagungszeitraums auch für Restrukturierungen relevant, die bereits vor ihrer Verabschiedung durchgeführt wurden, sofern sie tatsächlich entsprechend faktisch rückwirkend in Kraft treten sollte.

Laut der Erläuterungen im Entwurf zielt dieser im Wesentlichen darauf ab, jene Lücken zu schließen, die durch die Neuordnung des § 1 AStG entstanden sind und orientiert sich demnach stark an der bisherigen Fassung. Soweit Regelungen der ursprünglichen Verordnung durch das AbzStEntModG vom 02.06.2021 in § 1 des Außensteuergesetzes überführt worden sind, sind diese in der Neufassung nicht mehr enthalten. Allerdings geht der Entwurf klar über eine rein redaktionelle Anpassung hinaus, so dass sich ein genauerer Blick auf die wesentlichen Änderungen lohnt. Wir gehen davon aus, dass zeitnah nach Inkrafttreten noch ein aktualisiertes BMF-Schreiben zur Funktionsverlagerung veröffentlicht wird, in dem die Position der Finanzverwaltung weiter konkretisiert wird.

Überblick über wesentliche Änderungen

Der neue FVerlV-RE zielt laut Begründung im Wesentlichen darauf ab, jene Lücken zu schließen, die durch die Neuordnung des § 1 AStG entstanden sind. Demnach orientiert er sich stark an der ursprünglichen Fassung vom 12.08.2008. Soweit Regelungen der bisherigen Verordnung durch das AbzStEntModG vom 02.06.2021 in § 1 des Außensteuergesetzes überführt worden sind, sind diese im neuen FVerlV-RE nicht mehr enthalten und entstandene Blindverweise wurden angepasst. Darüber hinaus wurden editorische Änderungen vorgenommen und die Terminologie an üblichere Formulierungen angepasst. So wird beispielsweise bei den Ausführungen zum Wert des Transferpakets im neuen § 2 FVerlV-RE anstelle von „Gewinnpotential“ der im Unternehmensbewertungskontext übliche Begriff „finanzieller Überschuss“ genutzt.

Nichtsdestotrotz geht der Entwurf weit über rein redaktionelle Anpassungen hinaus. Hervorzuheben sind hierbei insbesondere die folgenden Änderungen:

Definition der Funktionsverlagerung (§ 1 Abs. 2 FVerlV-RE): Satz 1 enthält eine angepasste Definition der Funktionsverlagerung, die wie folgt lautet (relevante Änderungen durch die Verfasser hervorgehoben): „Eine Funktionsverlagerung im Sinne des § 1 Absatz 3b des Außensteuergesetzes liegt vor, wenn eine Funktion einschließlich der dazugehörigen Chancen und Risiken sowie der gegebenenfalls mitübertragenen oder mitüberlassenen Wirtschaftsgüter oder sonstigen Vorteile ganz oder teilweise übertragen oder überlassen wird, so dass das übernehmende Unternehmen diese Funktion ausüben oder eine bestehende Funktion ausweiten kann.“

Hierbei ist festzustellen, dass nunmehr durch die Hinzufügung des Wortes „gegebenenfalls“ die Übertragung bzw. Überlassung von Wirtschaftsgütern kein Tatbestandsmerkmal mehr ist. Auch ist eine Übertragung/ Überlassung einer Funktion im Ganzen nicht mehr nötig, sondern bereits die „teilweise“ Übertragung/ Überlassung soll ausreichen, um den Tatbestand einer FVerl zu verwirklichen. Des Weiteren ist die Funktionseinschränkung beim verlagernden Unternehmen kein Tatbestandsmerkmal mehr einer FVerl.

Hierdurch werden die Vorschriften signifikant verschärft und die Fälle, in denen Funktionsverlagerungen anzunehmen sind, deutlich ausgeweitet. Insbesondere auch in Betriebsstättenfällen oder bei Personalentsendungen ergeben sich hieraus eine Reihe ungeklärter Fragen bzw. Problemfelder. Es ist fraglich, ob dies von der Ermächtigung durch das Gesetz gedeckt ist. 

  • Bewertung (§ 2 FVerlV-RE): Bei der Bewertung des Transferpakets sollen fortan auch Steuereffekte berücksichtigt werden. Diese Auffassung der Finanzverwaltung wurde bereits in den Verwaltungsgrundsätzen Funktionsverlagerung in 2010 dargelegt, ist jedoch international bis heute nicht Konsens. Mit der Aufnahme in die Verordnung bekommt diese Auffassung nun Gesetzeskraft. Nicht geklärt wird in der Verordnung jedoch, wie konkret Steuereffekte zu berücksichtigen sind. 
  • Kapitalisierungszinssatz (§ 4 FVerlV-RE): Zur Bestimmung des Kapitalisierungszinssatz wurde nun der zwingende Kapitalmarktbezug eingeführt sowie explizit auf den Drittvergleich verwiesen. Vereinfachte Ansätze sind somit in Zukunft nicht mehr möglich, was zu einem erheblichen Mehraufwand bei der Bestimmung der Kapitalisierungszinssätze führen kann. 
  • Kapitalisierungszeitraum (§ 5 FVerlV-RE): Während die vorherige Fassung lediglich die Glaubhaftmachung eines begrenzten Kapitalisierungszeitraums forderte, ist nun ein Nachweis seitens des Steuerpflichtigen nötig. Hieraus ergibt sich eine Verschärfung, die in der Praxis seitens des Steuerpflichtigen regelmäßig nicht zu erfüllen sein kann. Eine analoge Erhöhung der Beweislastschwelle wurde für die Annahme von Funktionsverdoppelungen, sowie dem Ansatz Schadenersatz-, Entschädigungs- und Ausgleichsansprüchen für den Wert von Funktionsverlagerungen vorgenommen.

Fazit und Implikationen

Nach der Verabschiedung des AbzStEntModG spiegelt sich die fortwährende Verschärfung der Gesetzeslage nun auch im Rahmen der geplanten Regelungen zu Funktionsverlagerungen wider. Die Neufassung schränkt die rechtlichen Möglichkeiten der deutschen Steuerpflichtigen zur Vermeidung der ganzheitlichen Transferpaketbewertung erheblich ein. Sehr fraglich ist außerdem die Tendenz zur erheblichen Ausweitung der Nachweispflichten. Dies wird in Zukunft voraussichtlich zumindest einen erheblichen Mehraufwand für die Unternehmen und Berater nach sich ziehen, sofern der Nachweis faktisch überhaupt möglich ist.

Die Wirkweise des Verordnungsentwurfs auf die Bewertungs- und damit auch die Steuerhöhe kann für viele Anwendungsfälle überwiegend kurz als profiskalisch beschrieben werden. In diesem Kontext sind überarbeitete Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung notwendig, um rechtssicher agieren zu können, sofern durch den aktuellen Entwurf drohende neue Unklarheiten in der Endfassung nicht ausgeräumt werden oder nicht beseitigte, bereits bestehende Zweifelsfragen unbeantwortet bleiben.

Die Neuverordnung soll mit ihren Bestimmungen zur rechtssicheren und einheitlichen Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Funktionsverlagerungen gemäß § 1 Absatz 3b AStG maßgeblich und erstmals auf Funktionsverlagerungen in Veranlagungszeiträumen anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2021 beginnen. Daher wäre die Neufassung rückwirkend bei entsprechendem Beginn des Veranlagungszeitraums auch für Restrukturierungen relevant, die bereits vor ihrer Verabschiedung durchgeführt wurden.

Mit Veröffentlichung des Entwurfs wurde den Verbänden Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben. Nach Fertigstellung durch das BMF muss der Bundesrat der Rechtsverordnung noch zustimmen

Fundstelle

BMF, Referentenentwurf vom 25.05.2022, veröffentlicht am 05.07.2022 -  Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach § 1 Absatz 1 des Außensteuergesetzes in Fällen grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen (Funktionsverlagerungsverordnung – FVerlV)​

Weitere Fundstellen

Deloitte, Stellungnahme zum Regierungsentwurf FVerlV

Ihre Ansprechpartner

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