Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz: Bundeskabinett verabschiedet Regierungsentwurf
Als Reaktion auf die Veröffentlichung der so genannten Panama Papers haben Bund und Länder einen Maßnahmenkatalog verabschiedet, mit dem die Steuertransparenz durch zusätzliche Mitwirkungspflichten der Steuerpflichtigen sowie durch erweiterte Anzeigepflichten für Banken erhöht werden soll. Mit dem vom Bundeskabinett am 21.12.2016 verabschiedeten Regierungsentwurf soll dies rechtlich umgesetzt werden.
Hintergrund
Mit der Veröffentlichung der so genannten „Panama Papers“ im April 2016 entwickelte sich eine öffentliche Diskussion über die Legitimation und teilweise auch die Legalität von Domizilgesellschaften (sogenannte Briefkastenfirmen). Dabei wurde viel über die Motive der Anleger in solche Gesellschaften diskutiert. Die Bundesregierung hat umgehend reagiert und ein Maßnahmenpaket für mehr Transparenz bei Domizilgesellschaften angekündigt. Zusammen mit den Bundesländern wurden in der Folge Maßnahmen, die zu mehr Steuertransparenz führen sollen, erarbeitet. Hierzu zählen unter anderem eine Ausdehnung der Mitwirkungspflichten der Steuerpflichtigen auf jegliche Geschäftsbeziehungen zu ausländischen Unternehmen sowie erhöhte Anzeigepflichten für Banken.
Zur Umsetzung dieser Zielsetzungen hat das Bundeskabinett am 21.12.2016 den Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG) ins parlamentarische Gesetzgebungsverfahren gegeben.
Regelungen im Regierungsentwurf
Die Änderungen im Regierungsentwurf gegenüber dem Referentenentwurf (siehe Deloitte Tax-News) sind überwiegend redaktioneller Natur. Im Folgenden werden die wesentlichen Regelungen dargestellt, dabei wird auf Änderungen gegenüber dem Referentenentwurf eingegangen und durch kursive Schrift werden diese kenntlich gemacht:
Maßnahmen in Reaktion auf „Panama Papers“
- Die Grenze für die Anzeigepflicht nach § 138 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a) AO-E bei ausländischem Beteiligungserwerb soll bei mittelbaren Beteiligungen von 25 auf 10 Prozent abgesenkt werden. Mittelbare und unmittelbare Beteiligungen sind nach der geplanten Neuregelung zusammen zu rechnen. Gegenüber dem geltenden Recht und dem Referentenentwurf wird die Mitteilungspflicht auf Veräußerungen ausgedehnt. Als Erleichterung soll die Frist zur Abgabe der Mitteilung bis zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung, spätestens jedoch bis zum Ablauf von vierzehn Monaten nach Ablauf des relevanten Besteuerungszeitraums, verlängert werden. Die Neuregelung soll anzuwenden sein für mitteilungspflichtige Sachverhalte nach dem 31.12.2017.
- Bei Erlangung eines unmittelbar oder mittelbar beherrschenden oder bestimmenden Einflusses auf die gesellschaftsrechtlichen, finanziellen oder geschäftlichen Angelegenheiten einer Drittstaat-Gesellschaft (Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Sitz oder Geschäftsleitung in Staaten oder Territorien, die nicht Mitglieder der EU oder der Europäischen Freihandelsassoziation liegen) muss dies dem Finanzamt mitgeteilt werden. Bei Verletzung der Mitteilungspflicht kann eine Geldbuße von bis zu 25.000 Euro verhängt werden. Die Regelung ist erstmals anzuwenden für mitteilungspflichtige Sachverhalte nach dem 31.12.2017. Nach einer Übergangsregelung ist auch eine vor dem 01.01.2018 erstmals verwirklichte und am 01.01.2018 fortbestehende Beherrschung einmalig mitzuteilen. Im Regierungsentwurf wird klargestellt, dass dies zusammen mit der Steuererklärung für 2018 erfolgen muss, spätestens 14 Monate nach dem Ablauf des Besteuerungszeitraums 2018.
- Finanzinstitute sollen den Finanzbehörden nach § 138b -neu- AO-E von ihnen hergestellte oder vermittelte Geschäftsbeziehungen inländischer Steuerpflichtiger zu Drittstaat-Gesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen mitteilen. Im Falle einer Verletzung dieser Mitwirkungspflicht sollen die Finanzinstitute für dadurch verursachte Steuerausfälle haften. Es soll ein Bußgeld von bis zu 25.000 Euro (im Referentenentwurf waren noch 50.000 Euro vorgesehen) gelten. Die Regelung soll für mitteilungspflichtige Sachverhalte nach dem 31.12.2017 Anwendung finden.
- Das sogenannte steuerliche Bankgeheimnis nach § 30a AO soll aufgehoben werden. Diese Streichung soll ab dem Tag nach der Verkündung des Änderungsgesetzes gelten und auch für alle vor diesem Zeitpunkt verwirklichte Sachverhalte anzuwenden sein.
- Das automatisierte Kontenabrufverfahren für Besteuerungszwecke (§ 93 Absatz 7 AO-E) soll erweitert werden, um ermitteln zu können, in welchen Fällen ein inländischer Steuerpflichtiger Verfügungsberechtigter oder wirtschaftlich Berechtigter eines Kontos oder Depots einer natürlichen Person, Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt, Sitz, Hauptniederlassung oder Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereichs der AO ist. Zugleich soll die Frist, innerhalb der Kreditinstitute die Daten bei Auflösung eines Kontos zum Kontenabruf vorhalten müssen, auf zehn Jahre verlängert werden (§ 24c Absatz 1 Satz 3 KWG-E).
- Die Möglichkeit von Sammelauskunftsersuchen der Finanzbehörden soll auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gesetzlich klargestellt werden (§ 93 Absatz 1a AO-E).
- Die Kreditinstitute sollen künftig im Rahmen der Legitimationsprüfung nach § 154 Absatz 2 AO auch das steuerliche Identifikationsmerkmal des Kontoinhabers, jedes anderen Verfügungsberechtigten und jedes anderen wirtschaftlich Berechtigten erheben und aufzeichnen. Diese Informationen sollen im Kontenabrufverfahren ausschließlich den Finanzbehörden mitgeteilt werden (§ 93b Absatz 1a AO-E).
- In § 147a Absatz 2 AO soll eine neue Aufbewahrungsverpflichtung (6 Jahre) für Steuerpflichtige geschaffen werden, die allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf gesellschaftsrechtliche, finanzielle oder geschäftliche Angelegenheiten einer Drittstaat-Gesellschaft ausüben können. Die Aufbewahrungspflicht umfasst die Aufzeichnungen und Unterlagen über diese Beziehung zur Drittstaaten-Gesellschaft und alle damit verbundenen Einnahmen und Ausgaben. Die Verpflichtung soll von dem Zeitpunkt an zu erfüllen sein, in dem der Sachverhalt erstmals verwirklicht wird, der zum beherrschenden oder bestimmenden Einfluss führt. Bei diesen Steuerpflichtigen wäre dann künftig auch ohne besondere Begründung eine Außenprüfung zulässig.
- Die Steuerhinterziehung durch verdeckte Geschäftsbeziehungen zu vom Steuerpflichtigen beherrschten Drittstaat-Gesellschaften soll in den Katalog der besonders schweren Steuerhinterziehungen aufgenommen werden, damit auch hier die zehnjährige Verjährungsfrist für die Strafverfolgung gilt (§§ 370, 376 AO-E). Zugleich soll die Zahlungsverjährungsfrist in Steuerhinterziehungsfällen allgemein von fünf auf zehn Jahre verlängert werden (§ 228 Satz 2 AO-E).
Weitere Änderungen in Reaktion auf EuGH-Rechtsprechung/EU-Kommission
- Die noch im Referentenentwurf vorgesehenen Änderungen zur einkommensteuerlichen Behandlung von Versorgungsleistungen bei beschränkt Steuerpflichtigen wurde bereits im Rahmen des Ersten BEPS-Umsetzungsgesetzes umgesetzt (siehe Deloitte Tax-News) und ist nicht mehr im Regierungsentwurf enthalten.
- Steuerberatungsleistungen: Der EuGH hat in der Rechtssache C-342/14 „X-Steuerberatungsgesellschaft“ entschieden, dass die Regelung des § 3a StBerG hinsichtlich des Anwendungsbereichs nicht hinreichend klar gefasst sei und nach Auffassung des EuGH im Fall einer Dienstleistung ohne physischen Grenzübertritt keine Anwendung finde. Mit einer Änderung des StBerG soll nun klargestellt werden, dass es keines physischen Grenzübertritts bedarf und eine Befugnis ausländischer Dienstleister zur vorübergehenden und gelegentlichen Hilfeleistung in Steuersachen auch dann bestehen kann, wenn die Dienstleistung vom Niederlassungsstaat des ausländischen Dienstleisters aus erbracht wird.
- Erbschaftsteuer: Nach der bisherigen Regelung des § 2 Absatz 3 ErbStG wird auf Antrag des Erwerbers ein Vermögensanfall, zu dem der beschränkten Steuerpflicht nach § 2 Absatz 1 Nummer 3 ErbStG unterliegendes Inlandsvermögen im Sinne des § 121 BewG gehört, insgesamt als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes, der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer (§ 9) seinen Wohnsitz in EU/EWR hat. Stellt er den Antrag nicht, erhält er nach § 16 Absatz 2 ErbStG in der geltenden Fassung nur einen Freibetrag von 2 000 Euro. Dies hat der EuGH als Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit moniert. In Reaktion darauf wird das ErbStG angepasst. Es soll dann ein „modifizierter voller“ Freibetrag nach § 16 Abs. 2 ErbStG-E gelten. Die Neufassung ist erstmals auf Erwerbe anzuwenden, für die die Steuer nach dem Tag der Verkündung des Änderungsgesetzes entstanden ist.
Nach der bisherigen Fassung des § 17 Absatz 1 und 2 ErbStG wird dem überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner und den Kindern des Erblassers der besondere Versorgungsfreibetrag nur im Fall der unbeschränkten Steuerpflicht gewährt. Die EU-Kommission hat die Bundesregierung aufgrund einer Verletzung der Grundfreiheiten hinsichtlich der Beschränkung des Freibetrages auf unbeschränkt Steuerpflichtige aufgefordert, Abhilfe zu schaffen. Das ErbStG wird entsprechend angepasst. Die Gewährung des besonderen Versorgungsfreibetrags für beschränkt Steuerpflichtige soll dann die Leistung der Amtshilfe durch den Staat, in dem der Erblasser ansässig ist, voraussetzen. Die Neuregelung soll auch rückwirkend für alle noch nicht bestandskräftigen Steuerbescheide gelten.
Weiteres Vorgehen
Als erster Schritt im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren folgt nun die erste Beratung des Regierungsentwurfs im Bundesrat mit der Verabschiedung der Stellungnahme des Bundesrates, zu der in der Folge die Bundesregierung eine Gegenäußerung abgibt. Die erste Sitzung des Bundesrates im Jahr 2017 findet am 10.02.2017 statt.
Fundstelle
Bundesregierung, Regierungsentwurf vom 21.12.2017, BR-Drs. 816/16