FG Rheinland-Pfalz: Ohne elektronische Signatur übermittelte Einkommensteuererklärung
Sachverhalt
Das Finanzamt hatte am 23.07.2008 einen gegen die Klägerin gerichteten Einkommensteuerbescheid für 2007 mit geschätzten Besteuerungsgrundlagen erlassen, weil trotz Aufforderung zuvor keine Einkommensteuererklärung abgegeben worden war. Daraufhin ging am 29.07.2008 beim Finanzamt die - nicht mit einer elektronischen Signatur versehene - elektronisch übermittelte Einkommensteuererklärung für 2007 der Klägerin ein. Der von der Klägerin selbst unterzeichnete komprimierte Ausdruck der Einkommensteuererklärung 2007 ging dagegen erst am 22.09.2008 beim Finanzamt ein. Das Finanzamt lehnte eine der eingereichten Steuererklärung folgende Korrektur zu Gunsten der Klägerin jedoch mit der Begründung ab, dass die Einspruchsfrist von einem Monat hinsichtlich des Bescheides vom 23.07.2008 verstrichen sei. Die von der Klägerin unterschriebene Einkommensteuererklärung sei erst nach Ablauf der Monatsfrist beim Finanzamt eingegangen und damit verspätet. Die zuvor erfolgte elektronische Übermittlung der Steuererklärung könne nicht als Einspruch angesehen werden.
Entscheidung
Ein Steuerbescheid darf zugunsten des Steuerpflichtigen im Wege der sog. schlichten Änderung geändert werden, soweit der Steuerpflichtige den Antrag vor Ablauf der Einspruchsfrist gestellt hat (§ 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO). Die innerhalb der Frist zur Einlegung des Einspruchs gegen den Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 23.07.2008 beim Beklagten am 29.07.2008 eingegangene (nicht mit einer elektronischen Signatur versehene) elektronisch übermittelte Einkommensteuererklärung der Klägerin für 2007 ist als Antrag auf schlichte Änderung zu würdigen. Der Antrag auf schlichte Änderung ist - anders als eine Einkommensteuererklärung - nicht an eine bestimmte Form gebunden und kann auch formlos, z.B. telefonisch oder sogar konkludent bzw. stillschweigend gestellt werden; er muss nur hinreichend konkretisieren, inwieweit und aus welchen Gründen geändert werden soll.
Dies ist hier der Fall: Die Übermittlung der Steuererklärungsdaten hatte zweifelsohne und für das Finanzamt erkennbar zum Ziel, eine Änderung des Einkommensteuerbescheides für 2007 vom 23.07.2008 nach Maßgabe der elektronisch mitgeteilten Steuerdaten zu erreichen. Diese Daten sind nicht etwa unbeachtlich, weil sie ohne elektronische Signatur übermittelt worden sind und weil der unterschriebene komprimierte Ausdruck der Einkommensteuererklärung erst nach Ablauf der Einspruchsfrist bei dem Beklagten eingegangen ist. Denn die für eine wirksame Einkommensteuererklärung einzuhaltenden Formvorschriften gelten nicht - wie oben ausgeführt - für einen Antrag auf schlichte Änderung. In der Übermittlung der Steuererklärungsdaten hätte das Finanzamt daher einen Antrag nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO sehen müssen. Denn wenn schon die Abgabe einer (formwirksamen) Steuererklärung auf einen Schätzungsbescheid im Zweifel einen Antrag auf schlichte Änderung (und keinen Einspruch) darstellt, muss erst Recht eine nicht wirksame - weil nicht mit einer elektronischen Signatur versehene - elektronisch übermittelte Einkommensteuererklärung als Antrag auf schlichte Änderung verstanden werden. Unerheblich ist, wie der/die betreffende Mitarbeiter/-in des Finanzamtes das Begehren tatsächlich aufgefasst hat und ob er/sie daraus die richtigen Schlüsse gezogen hat - insbesondere, ob er/sie den (mit der Übermittlung der Steuererklärungsdaten gestellten) schlichten Änderungsantrag überhaupt als solchen erkannt und dessen Rechtswirkungen richtig eingeschätzt hat (BFH-Urteil vom 01.04.2009).
Betroffene Norm
§ 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO
Streitjahr 2007
Fundstelle
Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.02.2011, 5 K 2680/09, rechtskräftig
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 01.04.2009, IX R 5/08, BFH/NV 2009, S. 1081