BFH: Kreditinstitut als Leistungsempfänger oder Zahlstelle bei Steuererstattung
Leistungsempfänger ist in der Regel derjenige, demgegenüber die Finanzbehörde ihre abgabenrechtliche Verpflichtung erfüllen möchte. Auch wenn ein Dritter eine Zahlung tatsächlich empfängt, ist er dann nicht als Leistungsempfänger anzusehen, wenn er lediglich als Zahlstelle benannt worden ist oder wenn das Finanzamt auf Grund einer Anweisung des Erstattungsberechtigten an diesen gezahlt hat.
Der BFH hat die Auffassung des FG bestätigt, wonach das Finanzamt gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Rückzahlung des Betrags hat, den es auf das von der GbR angegebene Konto bei dem Kreditinstitut überwiesen hat. Das Kreditinstitut ist nicht Leistungsempfänger i.S.d. § 37 Abs. 2 AO.
BFH, Urteil vom 23.10.2012, VII R 63/11, nicht amtlich veröffentlicht
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Sachverhalt FG Münster
Im Nachgang einer Betriebsprüfung erstattete das Finanzamt einer Gesellschaft (GbR) ein (vermeintliches) Umsatzsteuerguthaben auf ein für die Gesellschaft bei einem Kreditinstitut (Kläger) geführtes Konto, das mangels Kontobewegungen aus seinem technischen Bestand herausgenommen war und durch die Überweisung wieder aufgenommen wurde. Das Kreditinstitut buchte den Betrag auf die ebenfalls bei ihm geführten Konten des Gesellschafters der Gesellschaft um. Dabei nahm das Kreditinstitut eine Verrechnung mit ausstehenden Forderungen gegen den Gesellschafter vor. Nach Feststellung der Fehlerhaftigkeit der Erstattung forderte das Finanzamt die Rückzahlung des Steuererstattungsbetrags von der betroffenen Gesellschaft. Da diese jedoch mitteilte, dass sie insolvent sei, erließ das Finanzamt einen Rückforderungsbescheid gegenüber dem Kreditinstitut.
Streitig ist, ob das Kreditinstitut durch § 37 Abs. 2 AO zur Rückzahlung der Steuererstattung verpflichtet ist.
Entscheidung FG Münster
Nach Auffassung des FG Münster ist das Kreditinstitut nicht als Leistungsempfänger i.S.d. § 37 Abs. 2 Satz 1 AO zu sehen und somit nicht zur Rückzahlung der Steuererstattung verpflichtet.
Gemäß § 37 Abs. 2 AO ist eine Steuer, die ohne rechtlichen Grund gezahlt worden ist, von dem, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, zu erstatten. Der Erstattungspflichtige muss als Leistungsempfänger der zuvor geleisteten Zahlung anzusehen sein. Dies ist in der Regel derjenige, demgegenüber die Finanzbehörde ihre abgabenrechtliche Verpflichtung erfüllen wollte. Auch wenn ein Dritter eine Zahlung tatsächlich empfängt, ist er dann nicht als Leistungsempfänger anzusehen, wenn er lediglich als Zahlstelle benannt worden ist oder wenn das Finanzamt auf Grund einer Anweisung des Erstattungsberechtigten an diesen gezahlt hat.
Ist daher bei einer Steuererstattung ein vom Steuerpflichtigen angegebenes Kreditinstitut eingeschaltet, ist in der Regel davon auszugehen, dass das Finanzamt mit der Überweisung nicht zu Gunsten des Kreditinstituts, sondern mit befreiender Wirkung gegenüber dem anspruchsberechtigten Steuerpflichtigen leisten will. In diesem Fall ist das Kreditinstitut lediglich Zahlstelle, während der Steuerpflichtige Leistungsempfänger bleibt. Mithin kann ein späterer Erstattungsbetrag nicht vom Kreditinstitut, sondern nur vom vermeintlichen Steuergläubiger und damit dem Kontoinhaber zurückgefordert werden. Es kommt nach neuerer BFH-Rechtsprechung nicht darauf an, ob das Konto, auf das die (fehlerhafte) Erstattung geflossen ist, noch besteht (BFH-Urteil vom 10.11.2009; BFH-Beschluss v. 26.04.2010).
Auch die spätere Umbuchung des Erstattungsbetrags und die anschließende Aufrechnung durch das Kreditinstitut führen nicht dazu, dass dieses als Leistungsempfängerin i.S.d. § 37 Abs. 2 AO anzusehen ist (vgl. auch BFH-Urteil vom 10.11.2009). Der Vorgang vollzieht sich allein im Verhältnis zwischen dem Kreditinstitut und der Gesellschaft und hat gerade zur Voraussetzung, dass das Kreditinstitut Zahlstelle ist. Ferner spricht für die Qualifizierung der Gesellschaft als Leistungsempfänger, dass sie tatsächlich in den Genuss der Erstattung gekommen ist (vgl. FG Münster, Urteil vom 24.03.2011), da der umgebuchte Betrag zur Tilgung der Schulden ihres Gesellschafters verwendet wurde.
Betroffene Norm
§ 37 Abs. 2 AO
Fundstellen
BFH, Urteil vom 23.10.2012, VII R 63/11, nicht amtlich veröffentlicht
Finanzgericht Münster, Urteil vom 30.09.2011, 6 K 3407/08, EFG 2012, S. 5
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 10.11.2009, VII R 6/09, BStBl II 2010, S. 255
BFH, Urteil vom 26.04.2010, VII B 212/09, BFH/NV 2010, S. 1414
Finanzgericht Münster, Urteil vom 24.03.2011, 6 K 2439/10, EFG 2011, S. 1670
