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28.07.2022
Verfahrensrecht

BMF: Übergangsregelung für die Festsetzung von Zinsen auf Steuern für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019

Trotz bereits in Kraft getretener, gesetzlichen Neuregelung ergehen Festsetzungen von Zinsen auf Steuernachforderungen und -erstattungen für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 wegen technischen und organisatorischen Schwierigkeiten seitens der Finanzverwaltung weiterhin vorläufig oder werden weiterhin ausgesetzt. Mit Datum vom 22.07.2022 hat das BMF ein Schreiben zu der Übergangsregelung veröffentlicht.

Hintergrund

Das Bundesverfassungsgericht hatte mit dem Beschluss vom 08.07.2021 (1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17) die Regelungen für die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen ab 2014 in ihrer Höhe von monatlich 0,5% für verfassungswidrig erklärt (siehe Deloitte Tax-News). Eine übergangsweise Weiteranwendung der Verzinsungsregelung wurde nur noch für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume zugelassen (Fortgeltungsanordnung). Für ab in das Jahr 2019 fallende Verzinsungszeiträume sind die Vorschriften dagegen unanwendbar. Die Finanzverwaltung hatte in dem BMF-Schreiben vom 17.09.2021 (geändert durch BMF-Schreiben vom 03.12.2021) bereits ausführliche Hinweise zur Anwendung des o.g. Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts gegeben (siehe Deloitte Tax-News): u.a. werden nach dem BMF-Schreiben (erstmalige) Zinsfestsetzungen für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 bis zu einer rückwirkenden Gesetzesänderung ausgesetzt.

Mit dem „Zweiten Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ vom 12.07.2022 (BGBl. I 2022, S. 1142) wurde der Zinssatz – rückwirkend für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 - für Zinsen nach § 233a AO auf 0,15% pro Monat gesenkt (siehe Deloitte Tax-News). Das „Zweite Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ ist am 22.07.2022 in Kraft getreten.

Da die Steuerverwaltungen der Länder die Neuberechnung der Zinsen in anhängigen Verfahren und die Umstellung der Zinsberechnungsprogramme aufgrund der damit verbundenen erheblichen technischen und organisatorischen Auswirkungen allerdings nicht sofort nach Inkrafttreten der Neuregelungen umsetzen können, enthält Artikel 97 § 15 Abs. 16 EGAO eine Übergangsregelung: Solange die Neuregelung in § 238 Abs. 1a und 1b AO technisch und organisatorisch noch nicht umgesetzt werden kann, können Zinsfestsetzungen nach § 233a AO für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 ungeachtet der am 22.07.2022 in Kraft getretenen Neuregelungen weiterhin vorläufig ergehen oder ausgesetzt werden.

Hinsichtlich dieser Übergangsregelung (gemäß Art. 97 § 15 Abs. 16 EGAO für die vorläufige Festsetzung nach § 165 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AO und die Aussetzung der Festsetzung nach § 165 Abs. 1 S. 4 S. 2 Nr. 2 AO von Nachzahlungs- und Erstattungszinsen nach § 233a AO für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019) hat das BMF mit Datum vom 22.07.2022 ein Schreiben veröffentlicht. Am selben Tag hat das BMF noch ein weiteres, allgemeines Schreiben zu den Änderungen der gesetzlichen Regelungen zur Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen (§§ 233 bis 239 AO) veröffentlicht (siehe Deloitte Tax News).

 

 

Verwaltungsanweisung

Das BMF-Schreiben vom 22.07.2022 tritt mit sofortiger Wirkung an die Stelle des BMF-Schreibens vom 17.09.2021 (geändert durch das BMF-Schreiben vom 03.12.2021) (siehe Deloitte Tax-News) und hat dieselben Gliederungspunkte:

I. Erstmalige Zinsfestsetzungen nach § 233a AO
II. Geänderte oder berichtigte Zinsfestsetzungen nach § 233a AO
III. Mit vorläufigen Steuerfestsetzungen verbundene Zinsfestsetzungen nach § 233a AO
IV. Einspruchsfälle
V. Rechtshängige Fälle
VI. Aussetzung der Vollziehung
VII. Zinsen nach den §§ 234 bis 237 AO
VIII. Schlussbestimmungen.

Der wesentliche Unterschied zwischen dem BMF-Schreiben vom 22.07.2022 und dem vom 17.09.2021 besteht darin, dass die (erstmaligen) Festsetzungen von Nachzahlungs- und Erstattungszinsen nach § 233a AO für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 nun mit der folgenden Begründung (und auf Basis der o.g. Übergangsregelung) ausgesetzt werden: „Die Aussetzung der Zinsfestsetzung erfolgt, weil die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für die Anwendung der vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 08.07.2021 (1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17) geforderten Neuregelungen zur Vollverzinsung noch nicht vorliegen. Sobald diese Voraussetzungen vorliegen, wird die Festsetzung von Nachzahlungs- und Erstattungszinsen geprüft und gegebenenfalls nachgeholt.“

Die bisherige Begründung lautete (im BMF-Schreiben vom 17.09.2021 noch) wie folgt:

„Die Aussetzung der Zinsfestsetzung erfolgt aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 08.07.2021, (1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17), nach der § 233a in Verbindung mit § 238 Abs. 1 S. 1 AO für Verzinsungszeiträume ab dem 1.01.2019 bis zu einer rückwirkenden Gesetzesänderung nicht mehr angewendet werden darf. Nach Verkündung der vom Bundesverfassungsgericht geforderten rückwirkenden Gesetzesänderung wird die Festsetzung von Nachzahlungs- und Erstattungszinsen gegebenenfalls nachgeholt.“

Folglich ergehen die Zinsfestsetzungen für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 trotz bereits in Kraft getretenen Neuregelung wegen technischen und organisatorischen Schwierigkeiten seitens der Finanzverwaltung weiterhin vorläufig oder werden weiterhin ausgesetzt.

 

Betroffene Normen

§ 233a AO i.V.m. § 238 Abs. 1 S. 1 AO

Fundstelle

BMF, Schreiben vom 22.07.2022, IV A 3 - S 0338/19/10004 :007

 

Weitere Beiträge

BVerfG, Beschluss vom 08.07.2021, 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17, siehe Deloitte Tax-News
BMF, Schreibens vom 17.09.2021, geändert durch das BMF-Schreiben vom 03.12.2021, siehe Deloitte Tax-News

BMF, Schreiben vom 22.07.2022, siehe Deloitte Tax News 

 

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