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30.03.2017
Verfahrensrecht

BMF: Koordinierte steuerliche Außenprüfungen mit ausländischen Steuerbehörden

Das BMF hat mit jetzt erst veröffentlichtem Schreiben vom 06.01.2017 ein Merkblatt über koordinierte Außenprüfungen mit Steuerverwaltungen anderer Staaten und Gebiete herausgegeben, in dem insbesondere die rechtlichen Grundlagen für solche Außenprüfungen dargestellt, als auch deren praktische Durchführung erläutert werden.

Hintergrund

Die Finanzverwaltungen verschiedener Staaten arbeiten, insbesondere in Verrechnungspreisfragen und Fragen der Betriebsstättengewinnaufteilung, aber auch bei der Ermittlung grenzüberschreitender Steuergestaltungs- und Steuervermeidungsmodelle und komplexer Unternehmensumstrukturierungen, verstärkt zusammen. Grundlage für die Zusammenarbeit ist insbesondere die EU-Amtshilferichtlinie (Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15.02.2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG), die in Deutschland im Rahmen des EU-Amtshilfegesetz (EUAHiG) in nationales Recht umgesetzt wurde. Ein Instrument der Zusammenarbeit der Finanzverwaltungen verschiedener Staaten sind sog. koordinierte bi- und multilaterale Außenprüfungen. Hierzu zählen gleichzeitige Prüfungen (Simultanprüfungen) sowie gemeinsame steuerliche Außenprüfungen (international als „Joint Audits“ bezeichnet).

Verwaltungsanweisung

Das BMF hat sich mit Schreiben vom 06.01.2017 in Ergänzung des Merkblatts zur zwischenstaatlichen Amtshilfe durch Informationsaustausch in Steuersachen (BMF-Schreiben vom 23.11.2015) zur Durchführung koordinierter steuerlicher bi- und multilateraler Außenprüfungen geäußert.

Ziele koordinierter Außenprüfungen
Das wesentliche Ziel koordinierter Außenprüfungen ist unter Beteiligung ausländischer Bediensteter zu einer einvernehmlichen Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts zu gelangen, um internationale Besteuerungskonflikte (sog. „weiße Einkünfte“) und etwaig resultierende Verständigungsverfahren zu vermeiden bzw. zu vereinfachen und zeitlich zu verkürzen.

Sofern eine rechtlich verbindliche Verständigung über die ertragsteuerliche Beurteilung des einvernehmlich festgestellten Sachverhalts mit den beteiligten Steuerverwaltungen angestrebt wird, ist ein entsprechender Antrag des Steuerpflichtigen im Wege eines Verständigungsverfahrens notwendig.

Rechtliche Grundlagen für steuerlich koordinierte Außenprüfungen

  • Gleichzeitige steuerliche Außenprüfungen (Simultanprüfungen)
    Bei gleichzeitigen steuerlichen Außenprüfungen führen die beteiligten Finanzbehörden im eigenen Hoheitsgebiet jeweils eigenständige Steuerprüfungen nach dem für sie geltenden Steuerverfahrensrecht durch. Relevante Informationen werden zwischen den beteiligten Finanzbehörden ausgetauscht.
  • Gemeinsame steuerliche Außenprüfungen der deutschen Steuerverwaltung (Joint Audits)
    Bei gemeinsamen steuerlichen Außenprüfungen sind die inländischen Bediensteten im ausländischen Staat und die ausländischen Bediensteten im Inland während der relevanten Prüfungsabschnitte anwesend.

Relevante Vorschriften für steuerliche koordinierte Außenprüfungen mit anderen EU-Mitgliedstaaten sind insbesondere §§ 10-12 EUAHiG und für solche Prüfungen mit Drittstaaten dem Artikel 26 des OECD-Musterabkommens für Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) entsprechende Vorschriften sowie Artikel 8 und 9 des Amtshilfeübereinkommens.

Praktische Durchführung koordinierter Prüfungen

  • Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) ist das zentrale Verbindungsbüro zwischen den ausländischen Steuerverwaltungen und den im Inland für die Außenprüfung zuständigen Finanzämter.
  • Der Steuerpflichtige und alle weiteren vom Informationsaustausch betroffenen inländischen Beteiligten sind grundsätzlich rechtzeitig zu hören (§ 117 Abs. 4 S. 3 i.V.m. § 91 AO).
  • Einwendungen gegen den beabsichtigten Informationsaustausch und die Anwesenheit ausländischer Bediensteter während der inländischen Ermittlungen sind gegenüber dem für die Außenprüfung zuständigen deutschen Finanzamt und in den Fällen des § 19 Abs. 3 Finanzverwaltungsgesetz (FVG) dem BZSt geltend zu machen. Das zentrale Verbindungsbüro (BZSt) entscheidet über die Einwendungen des Steuerpflichtigen.
  • Sofern der Steuerpflichtige seine Zustimmung nach § 10 Abs. 3 EUAHiG erteilt hat, dürfen Bedienstete anderer EU-Mitgliedstaaten im Beisein inländischer Bediensteter Personen befragen sowie Dokumente prüfen. 
  • Koordinierte Außenprüfungen können von der deutschen oder von einer ausländischen Steuerverwaltung initiiert werden. Das zentrale Verbindungsbüro prüft die rechtliche Zulässigkeit des Vorschlags und übernimmt die Abstimmung mit den ausländischen Behörden.
  • Die Einleitung eines Vorabverständigungsverfahrens kann vom Steuerpflichtigen neben oder nach gemeinsamen steuerlichen Außenprüfungen beantragt werden.

Betroffene Normen

§§ 7, 30, 91, 114, 117, 178a, 193 ff. AO; §§ 1, 4, 6, 8, 10-12, 19 EUAHiG; §§ 5 u. 19 FVG; Artikel 26 OECD-Musterabkommen für DBA; Artikel 8 und 9 des Amtshilfeübereinkommens

Fundstelle

BMF, Schreiben vom 06.01.2017, IV B 6 – S 1315/16/10016:002

Weitere Fundstelle

BMF, Schreiben vom 23.11.2015, IV B 6 – S 1320/07/10004:007, BStBl. I 2015, S. 928

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