BMF: Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) mit Wirkung ab 01.01.2024
Die Finanzverwaltung hat mit Datum vom 29.12.2023 ein Schreiben zur Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung veröffentlicht. Die Änderungen erfolgen mit Wirkung zum 01.01.2024 und beruhen auf dem Personengesellschaftsrechtsreformgesetz (MoPeG) vom 10.08.2021 und den damit zusammenhängenden Änderungen der Abgabenordnung durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz vom 29.12.2023.
Hintergrund
Durch das Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz (MoPeG) vom 10.08.2021 (BGBl. I 2021, S. 3436) wird das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit Wirkung ab 01.01.2024 konsolidiert und am Leitbild einer auf gewisse Dauer angelegten, mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestatteten Personengesellschaft ausgerichtet. Die GbR wird dabei nunmehr als Grundform aller rechtsfähigen Personen(handels)gesellschaften ausgestaltet und das Recht der Personengesellschaft an die Bedürfnisse eines modernen Wirtschaftslebens angepasst.
Weiterhin wurden durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz vom 29.12.2023 (BGBl. I 2023, Nr. 411, siehe auch Deloitte Tax News) zahlreiche Bestimmungen der Abgabenordnung mit Wirkung ab 01.01.2024 an die Rechtslage nach Inkrafttreten des MoPeG am 01.01.2024 angepasst.
Folglich sind auch zahlreiche Änderungen im Anwendungserlass zur Abgabenordnung vorzunehmen. Mit Datum vom 29.12.2023 wurde die Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) mit Wirkung ab 01.01.2024 veröffentlicht.
Verwaltungsschreiben
Im Folgenden geben wir einen Überblick über wesentliche Änderungen des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung vom 31.01.2014 (BStBl. I 2014, S. 290; zuletzt geändert durch das BMF-Schreiben vom 30.06.2023 (BStBl. I 2023, S. 1076)), welche mit Wirkung vom 01.01.2024 eingeführt werden.
AEAO zu § 14a AO – Personenvereinigungen
- Hintergrund: Die Vorschrift des § 14a AO (Legaldefinition von „Personenvereinigungen“) wurde mit dem o.g. Kreditzweitmarktförderungsgesetz neu eingeführt.
- Der Erlass enthält nun Ausführungen zu der neu eingeführten Vorschrift, wie z.B. zur rechtsfähigen GbR und zur nicht rechtsfähigen GbR.
- Nach § 719 Abs. 1 BGB entsteht eine rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), sobald sie mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnimmt, spätestens aber mit ihrer Eintragung im Gesellschaftsregister.
- Eine nicht rechtsfähige GbR liegt dagegen vor, wenn sie sich auf die Regelung der Rechtsverhältnisse der Gesellschafter untereinander beschränkt und nicht auf eine Teilnahme am Rechtsverkehr mit Dritten gerichtet ist (Innengesellschaft und stille Gesellschaft).
AEAO zu § 14b AO – Körperschaften mit Sitz im Ausland
- Hintergrund: Auch § 14b AO wurde mit dem o.g. Kreditzweitmarktförderungsgesetz neu eingeführt.
- Der Erlass verweist darauf, dass Körperschaften i.S.d. § 14b Abs. 1 S. 2 AO insbesondere Limiteds mit Sitz im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland und Ort der Geschäftsleitung in Deutschland sind. Schuldet eine solche Limited Körperschaft- oder Umsatzsteuer, ist die Steuer ihr gegenüber (als Inhaltsadressat) festzusetzen und zu vollstrecken. Die Anteilseigner einer solchen Körperschaft haften für die von dieser Körperschaft geschuldeten Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis unbeschränkt.
AEAO zu § 34 AO – Pflichten der gesetzlichen Vertreter und der Vermögensverwalter
- Hintergrund: Die Vorschrift des § 34 AO wurde im Rahmen des o.g. Kreditzweitmarktförderungsgesetz dahingehend abgeändert, dass die rechtsfähigen Personenvereinigungen mitaufgenommen worden sind. Demnach haben nach § 34 Abs. 1 S. 1 AO auch die gesetzlichen Vertreter rechtsfähiger Personenvereinigungen deren steuerliche Pflichten zu erfüllen.
- Der Erlass enthält für die Gesellschaftsformen der OHG, KG, rechtsfähige Personengesellschaften (rechtsfähige GbR) sowie nichtrechtsfähige Personenvereinigungen detaillierte Ausführungen zur gesetzlichen Vertretung. Weiterhin informiert der Erlass über die gesetzliche Vertretung einer GmbH oder AG ohne Geschäftsführer und die Vertretung im Insolvenzverfahren.
AEAO zu § 122 AO – Bekanntgabe
- Der Erlass enthält umfangreiche Ausführungen im Hinblick auf die Bekanntgabe an Personenvereinigungen. So sind Steuerbescheide an die Personenvereinigung selbst zu richten, wenn sie Steuerschuldner ist. Der Erlass macht Ausführungen zum Bekanntgabeadressat bei Steuer- und Feststellungsbescheiden und unterscheidet zwischen rechtsfähigen und nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen.
AEAO zu § 152 AO – Verspätungszuschlag
- Hintergrund: Nach § 152 Abs. 4 S. 3 AO (i.d.F. des o.g. Kreditzweitmarktförderungsgesetzes) ist in Fällen des § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO der Verspätungszuschlag bei rechtsfähigen Personenvereinigungen vorrangig gegen die Personenvereinigung und bei nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen vorrangig gegen die nach § 181 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 AO erklärungspflichtigen Personen festzusetzen.
- Der Erlass führt aus, dass die Neuregelung in nicht beratenen Feststellungsfällen erstmals für den Feststellungszeitraum 2023 und in beratenen Feststellungsfällen erstmals für den Feststellungszeitraum 2022 gilt.
AEAO zu § 181 AO – Verfahrensvorschriften für die gesonderte Feststellung, Feststellungsfrist, Erklärungspflicht
- Hintergrund: Nach § 181 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 AO (i.d.F. des o.g. Kreditzweitmarktförderungsgesetzes) sind in den Fällen des § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO bei rechtsfähigen Personenvereinigungen vorrangig die Personenvereinigung erklärungspflichtig und nachrangig jeder Feststellungsbeteiligte, dem ein Anteil an den einkommensteuerpflichtigen oder körperschaftsteuerpflichtigen Einkünften zuzurechnen ist, und bei nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und in sonstigen Fällen ist jeder Feststellungsbeteiligte erklärungspflichtig, dem ein Anteil an den einkommensteuerpflichtigen oder körperschaftsteuerpflichtigen Einkünften zuzurechnen ist.
- Der Erlass führt hier ebenfalls aus, dass die Neuregelung in nicht beratenen Feststellungsfällen erstmals für den Feststellungszeitraum 2023 und in beratenen Feststellungsfällen erstmals für den Feststellungszeitraum 2022 gilt.
AEAO zu § 183 AO – Bekanntgabe bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung gegenüber rechtsfähigen Personenvereinigungen
- Hintergrund: Nach dem neu gefassten § 183 AO (i.d.F. des Kreditzweitmarktförderungsgesetz) sind alle Verwaltungsakte und Mitteilungen, die mit dem Feststellungsverfahren bzw. einem Verfahren über einen Einspruch zusammenhängen, der rechtsfähigen Personenvereinigung mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten bekannt zu geben.
- Der Erlass führt aus, dass die Bestellung oder Bestimmung eines Empfangsbevollmächtigten nur noch in den Fällen des § 183a AO erforderlich ist. Die rechtsfähige Personenvereinigung kann ihrerseits einen Empfangsbevollmächtigten nach § 122 Abs. 1 AO bestellen.
AEAO zu § 183a AO – Empfangsbevollmächtigte bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung bei nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und in sonstigen Fällen
- Hintergrund: Nach dem im Rahmen des Kreditzweitmarktförderungsgesetz neu eingeführten § 183a AO sollen die Feststellungsbeteiligten, die keine rechtsfähige Personenvereinigung bilden, einen gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten bestellen, der ermächtigt ist, für sie alle Verwaltungsakte und Mitteilungen im Empfang zu nehmen, die nach diesem Gesetz und den Steuergesetzen mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung zusammenhängen.
- Der Erlass führt hier beispielsweise aus, dass sich die Bekanntgabe nach § 183 AO richtet, wenn die Personenvereinigung vor Erlass des Verwaltungsakts Rechtsfähigkeit erlangt.
AEAO zu § 352 AO - Einspruchsbefugnis bei der gesonderten und einheitlichen
- Hintergrund: Nach § 352 Abs. 1 AO (i.d.F. des Kreditzweitmarkförderungsgesetz) kann bei rechtsfähigen Personengesellschaften grundsätzlich nur die Personenvereinigung selbst Einspruch einlegen. Bei nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen kann der Einspruchsbefugte im Sinne des § 352 Abs. 2 AO (i.d.R. der gemeinsame Empfangsbevollmächtigte) Einspruch einlegen.
- Nach dem Erlass bestimmt sich die Einspruchsbefugnis auch nach dem 31.12.2023 nach § 352 AO in der am 31.12.2023 geltenden Fassung (vgl. Art. 97 § 39 Abs. 4 S. 1 EGAO), wenn ein vor dem 01.01.2024 wirksam gewordener Feststellungsbescheid angefochten wird. Das Gleiche gilt, wenn der eine rechtsfähige Personenvereinigung betreffende Feststellungsbescheid nach dem 31.12.2023 und vor dem 1.1.2026 nach Maßgabe von Art. 97 § 39 Abs. 3 EGAO dem Empfangsbevollmächtigten nach § 183 AO a. F. bekannt gegeben worden ist (vgl. Art. 97 § 39 Abs. 4 Satz 2 EGAO). Ist über den Einspruch gegen einen vor dem 01.01.2024 wirksam gewordenen Bescheid nach dem 31.12.2023 zu entscheiden, richtet sich das weitere Verfahren nach den ab dem 01.01.2024 geltenden Vorschriften der AO (vgl. Art. 97 § 39 Abs. 4 S. 3 EGAO).
Fundstelle
BMF, Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) vom 29.12.2023