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23.12.2010
Verfahrensrecht

BFH: Zahlung ausländischer Schenkungsteuer als rückwirkendes Ereignis

Sachverhalt

Der Kläger, ein Inländer i.S. des § 2 Abs. 1 ErbStG, erhielt im Jahr 1994 zwei Geldschenkungen von seiner Mutter, die ihren Wohnsitz in der Schweiz hatte. Die deutsche Schenkungsteuer wurde mit Bescheiden vom 29.03.1995 festgesetzt. Die Schweizer Finanzbehörde setzte mit Bescheid vom 17.12.2002 Schenkungsteuer für diese Zuwendungen fest. Der Kläger bezahlte diese Schenkungsteuer und beantragte am 10.05.2004 beim Finanzamt, sie unter Änderung der Bescheide vom 29.03.1995 auf die deutsche Schenkungsteuer anzurechnen. Das Finanzamt lehnte die begehrte Änderung ab, da die Festsetzung und Zahlung der Schweizer Schenkungsteuer den Tatbestand einer Korrekturnorm der AO nicht erfülle. Das FG gab der Klage statt, es war der Ansicht, bei der Festsetzung und Zahlung der Schweizer Schenkungsteuer handelte es sich um ein rückwirkendes Ereignis.

Entscheidung

Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Schweizer festgesetzte und vom Kläger gezahlte Schenkungsteuer nach § 21 ErbStG auf die (deutsche) Schenkungsteuer anzurechnen ist und dass die Steuerbescheide vom 29.03.1995 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern sind.

Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist bei Erwerbern, die in einem ausländischen Staat mit ihrem Auslandsvermögen zu einer der deutschen Erbschaftsteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden, auf Antrag die festgesetzte, auf den Erwerber entfallende, gezahlte und keinem Ermäßigungsanspruch unterliegende ausländische Steuer insoweit auf die deutsche Erbschaftsteuer anzurechnen, als das Auslandsvermögen auch der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt. Die ausländische Steuer ist nach § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG nur anrechenbar, wenn die deutsche Erbschaftsteuer für das Auslandsvermögen innerhalb von fünf Jahren seit dem Zeitpunkt der Entstehung der ausländischen Erbschaftsteuer entstanden ist. § 21 ErbStG gilt gemäß § 1 Abs. 2 ErbStG auch für Schenkungen unter Lebenden. Diese Voraussetzungen waren im Streitfall erfüllt.

Die Schenkungsteuerbescheide vom 29.03.1995 sind gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern, denn bei der Zahlung der festgesetzten Schweizer Schenkungsteuer handelt es sich um ein rückwirkendes Ereignis, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Wird festgesetzte ausländische Steuer gezahlt, nachdem das Finanzamt die Erbschaft- oder Schenkungsteuer festgesetzt hat, kommt diesem Ereignis nach dem Willen des Gesetzgebers Wirkung für die Vergangenheit zu. Zwar ergibt sich dieser Wille des Gesetzgebers nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 21 ErbStG, jedoch folgt er aus dessen materiell-rechtlichem Regelungsgehalt. § 21 ErbStG hat den Sinn und Zweck, Überschneidungen im internationalen Besteuerungsbereich möglichst zu vermeiden. Er will eine doppelte steuerliche Belastung von Erwerbern mit inländischer und ausländischer Steuer beseitigen bzw. mildern, indem die ausländische Steuer bei der deutschen Steuer anzurechnen ist. Diese Anrechnung erfolgt im Rahmen des Festsetzungsverfahrens.

Nach herrschender Meinung ist im Fall des § 34c EStG die Festsetzung und Zahlung ausländischer Steuer ein rückwirkendes Ereignis. Es ist nicht erkennbar, weshalb die Zahlung festgesetzter ausländischer Steuer im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht hiervon abweichend nicht als rückwirkendes Ereignis zu beurteilen sein sollte, zumal der Gesetzgeber § 21 ErbStG nach dem Vorbild des § 34c EStG geschaffen hat (vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes BR-Drs. 140/72, S. 73).

Betroffene Norm

§ 21 Abs. 1 ErbStG, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO

Vorinstanz

Niedersächsisches Finanzgericht, Entscheidung vom 26.08.2009, 3 K 62/07, EFG 2010, S. 196, siehe Deloitte Tax-News

Fundstelle

BFH, Urteil vom 22.09.2010, II R 54/09, BStBl II 2011, S. 247

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