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16.10.2014
Verfahrensrecht

BFH: Vollzug einer Schenkung bei unentgeltlicher Zuwendung einer atypisch stillen Beteiligung

Wird eine atypisch stille Beteiligung unentgeltlich durch ein nicht notariell beurkundetes Schenkungsversprechen zugewendet, so ist mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags die Schenkung bewirkt und der Formmangel des Schenkungsversprechens geheilt.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, errichtete im Streitjahr 2005 mit der Tochter ihres Alleingesellschafters durch privatschriftlichen, nicht notariell beurkundeten Vertrag eine atypisch stille Gesellschaft. Der stillen Gesellschafterin wurden neben der Beteiligung am Gewinn und den stillen Reserven auch Mitgliedschaftsrechte eingeräumt. Der Alleingesellschafter versprach seiner Tochter in einem weiteren nur privatschriftlichen Vertrag die Übertragung eines Teils seiner Darlehensforderung gegenüber der GmbH, mit welchem die Einlageverpflichtung der Tochter erfüllt werden sollte.

Das Finanzamt hob die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung der Klägerin mit der Begründung auf, die atypisch stille Gesellschaft könne steuerlich nicht anerkannt werden. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage der GmbH statt.

Entscheidung

Das FG sei zu Recht davon ausgegangen, dass die zwischen der Klägerin und der Tochter des Alleingesellschafters gegründete atypisch stille Gesellschaft steuerlich anzuerkennen sei. Insbesondere sei der Formmangel des Schenkungsvertrags durch Vollzug der Schenkung geheilt.

Nach § 179 Abs. 1 i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO werden einkommen- und körperschaftssteuerliche Einkünfte gesondert und einheitlich festgestellt, wenn an diesen Einkünften mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerlich auch zuzurechnen sind. Diese Vorrausetzungen seien insbesondere bei einer gewerblichen Mitunternehmerschaft erfüllt. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH seien Beteiligte einer atypisch stillen Gesellschaft als Mitunternehmer anzusehen (u.a. BFH-Urteil vom 27.05.1993), wenn nach einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles feststehe, dass der Beteiligte Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative trage und die Gesellschaft zivilrechtlich wirksam gegründet sei.

Der Vertrag zur Gründung einer stillen Gesellschaft bedürfe ausnahmsweise der notariellen Beurkundung, wenn die Einlage in eine stille Gesellschaft schenkweise zugewandt werde. Gleiches gelte auch für den vorliegenden Fall der schenkweisen Zuwendung einer Forderung, die zum Zwecke der Einlagepflichterfüllung getätigt werde.

Zur Frage der Heilung eines Formmangels hat der BGH unlängst in Einschränkung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass bei unentgeltlicher Zuwendung einer durch den Abschluss eines Gesellschaftsvertrags entstehenden Unterbeteiligung, die Schenkung mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags i.S. des § 518 Abs. 2 BGB vollzogen sei (BGH-Urteil vom 29.11.2011). Der BFH schließe sich dieser Rechtsprechung an und gehe auch davon aus, dass die aufgestellten Grundsätze auch auf atypisch stille Gesellschaften anzuwenden seien.

Bei der Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft komme es mangels Gesamthandsvermögen zwar nicht zu einer dinglichen Mitberechtigung an der Hauptgesellschaft, allerdings beschränke sich die Beteiligung nicht nur auf schuldrechtliche Ansprüche, wenn dem Beteiligten - wie im Streitfall - mitgliedschaftliche Rechte eingeräumt wurden. Dadurch erhalte der Beteiligte nicht nur die Stellung eines schuldrechtlichen Gläubigers, sondern eine mitgliedschaftliche Rechtsposition. Dies rechtfertige die Annahme, dass die unentgeltliche Zuwendung dinglich bewirkt sei und damit der Formmangel des Schenkungsversprechens geheilt wurde.

Betroffene Normen

§ 179 Abs. 1 i.V.m § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, § 518 BGB
Streitjahr 2005

Vorinstanz

Finanzgericht Niedersachsen, Urteil vom 29.09.2011, 10 K 269/08, EFG 2012, S. 46

Fundstelle

BFH, Urteil vom 17.07.2014, IV R 52/11

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 27.05.1993, IV R 1/92, BStBl II 1994, S. 700
BGH, Urteil vom 29.11.2011, II ZR 306/09, BGHZ 191, S. 354

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