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04.03.2011
Verfahrensrecht

BFH: Ringweise Anteilsveräußerungen und -erwerbe zur Verlustnutzung

Sachverhalt

Der Kläger hielt in seinem Privatvermögen eine 14,29%ige Beteiligung an einer GmbH, deren Stammkapital 350.000 DM betrug. Die GmbH handelte in den Jahren 2000 und 2001 fast ausschließlich mit Aktien am Neuen Markt. Aufgrund der negativen Börsenentwicklung betrug das in Wertpapieren angelegte Vermögen der GmbH zum 31.12.2001 nur noch 94.575,73 DM. Sechs der sieben Gesellschafter der GmbH veräußerten mit Verträgen vom 14. und 17.12.2001 ihre jeweilige Beteiligung von 14,29 % zum Kaufpreis von 7.500 Euro reihum an einen Mitgesellschafter und erwarben zeitgleich wieder eine Beteiligung in gleicher Höhe von einem jeweils anderen Mitgesellschafter. In diesem Zusammenhang veräußerte auch der Kläger mit Vertrag vom 17.12.2001 seine Beteiligung an den Gesellschafter M und erwarb mit Vertrag vom selben Tag eine Beteiligung in gleicher Höhe von einem anderen Gesellschafter. Nach den Veräußerungs- und Erwerbsvorgängen waren alle Gesellschafter wiederum mit 14,29 % beteiligt, d.h. mit derselben Beteiligungsquote wie vor den Veräußerungen. In seiner Einkommensteuererklärung 2001 machte der Kläger einen Verlust aus der Veräußerung der GmbH-Beteiligung in Höhe von 83.123 DM geltend (Veräußerungspreis von 7.500 Euro abzüglich Wert der Stammeinlage bei Gründung der Gesellschaft von 50.000 Euro). Finanzamt und Finanzgericht erkannten den Verlust wegen Gestaltungsmissbrauchs nicht an.

Entscheidung

Die Veräußerung der Geschäftsanteile an der GmbH stellt keinen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten dar. Ein Gestaltungsmissbrauch ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die - gemessen an dem erstrebten Ziel - unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen.

Dem Kläger stand es frei, ob, wann und an wen er seine Anteile an der GmbH veräußert. Dies gilt unbeschadet des Umstands, dass die Veräußerung im Streitfall zu einem Verlust geführt hat. Denn die Berücksichtigung eines Veräußerungsverlusts steht nicht nur im Einklang mit § 17 EStG, sondern entspricht auch dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.

Im Streitfall war der gewählte Weg des Anteilsverkaufs zur Verlustnutzung nach der Wertung des Steuerrechts auch nicht ungewöhnlicher als etwa der einer Liquidation, da nach § 17 Abs. 4 EStG die Rückzahlung des Gesellschaftsvermögens anlässlich der Liquidation einer Kapitalgesellschaft wie eine Anteilsveräußerung behandelt wird (BFH-Urteil vom 08.05.2003). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger wirtschaftlich seine Anteile überhaupt nicht veräußern wollte oder durch die Anteilsveräußerung nur formal ein Rechtsträgerwechsel eintreten sollte, bestehen nach den tatsächlichen Feststellungen des FG nicht. Im Gegenteil: Der Kläger wollte endgültig veräußern, um den inzwischen eingetretenen Wertverlust der Beteiligung im Einklang mit der maßgeblichen gesetzlichen Regelung zu realisieren.

Die vom Kläger gewählte Gestaltung wird auch nicht dadurch rechtsmissbräuchlich, dass er im zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung wiederum Anteile an der GmbH in gleichem Umfang von einem Mitgesellschafter erwarb. Hier liegt auch kein Fall gegenläufiger Rechtsgeschäfte vor. Diese Vorgänge heben sich nämlich nicht auf. Durch den erneuten Anteilserwerb ändert sich die steuerrechtliche Ausgangslage bei einer späteren Veräußerung dieser Anteile oder bei einer Liquidation der GmbH, da dann der Gewinn oder Verlust unter Berücksichtigung der niedrigeren Anschaffungskosten zu ermitteln ist.

Betroffene Norm

§ 17 EStG, § 42 AO
Streitjahr 2001

Vorinstanz

Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.02.2009, 4 K 1078/05, EFG 2010, S. 99

Fundstelle

BFH, Urteil vom 07.12.2010, IX R 40/09, BStBl II 2011, S. 427

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 29.05.2008, IX R 77/06, BStBl II 2008, S. 789
BFH, Urteil vom 08.05.2003, IV R 54/01, BStBl II 2003, S. 854

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