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18.11.2011
Verfahrensrecht

BFH: Keine Klagebefugnis des aufnehmenden Unternehmens bei Einbringung eines (Teil-)Betriebs oder Mitunternehmeranteils

Im Falle der Einbringung eines (Teil-)Betriebs oder Mitunternehmeranteils (§ 20 UmwStG a.F.) kann das aufnehmende Unternehmen weder durch Anfechtungsklage noch durch Feststellungsklage geltend machen, die seiner Steuerfestsetzung zu Grunde gelegten Werte des eingebrachten Vermögens seien zu hoch. Denn das aufnehmende Unternehmen ist in einem solchen Fall nicht beschwert. Ein entsprechendes Begehren kann nur der Einbringende im Wege der sog. Drittanfechtung durchsetzen.

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, deren sämtliche Geschäftsanteile im Streitjahr 2004 von D gehalten wurden. D betrieb zugleich als Einzelunternehmer die Betriebe A und B. Zum 01.01.2004 brachte D seine beiden Einzelunternehmen zu Buchwerten (Wert A ./. 1.065.192,06 Euro, Wert B 1.456.977,79 Euro) gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die Klägerin ein. Das Finanzamt nahm an, dass bei dem Unternehmen A stille Reserven aufzudecken seien, da die Passivposten die Aktivposten überstiegen. Dem entsprechend seien bei der Klägerin zusätzliche Abschreibungen zu berücksichtigen. Die gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2004 erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzamt hat Revision eingelegt.

Entscheidung

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage. Diese ist unzulässig, da die Klägerin nicht dartun kann, durch den angefochtenen Bescheid beschwert zu sein.

Eine Anfechtungsklage (§ 40 Abs. 2 FGO) ist nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den angefochtenen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Kläger die Festsetzung einer höheren als der im angefochtenen Verwaltungsakt festgesetzten Steuer begehrt (BFH-Urteil vom 10.01.2007). Ein solcher Sachverhalt liegt im Streitfall vor, da die Klage darauf abzielt, dass die vom Finanzamt vorgenommene Erhöhung der Aktiva aus dem eingebrachten Betrieb A unterbleibt. Eine solche Handhabung würde für die Klägerin zu einer Verminderung von Absetzungen für Abnutzung und mithin zur Festsetzung einer höheren Steuer führen.

Eine Zulässigkeit der Klage folgt entgegen der Ansicht des FG nicht daraus, dass der streitgegenständliche Wertansatz für die Besteuerung des D verbindlich ist. Dies gilt, obwohl der Einbringende nicht mit einem Rechtsbehelf gegen den ihn betreffenden Einkommensteuerbescheid geltend machen kann, dass der bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft angesetzte Wert überhöht sei und sich daraus für ihn eine überhöhte Steuerfestsetzung ergebe (BFH-Urteil vom 20.04.2011). Es trifft zwar zu, dass es mit der im Grundgesetz (Art. 19 Abs. 4 GG) bestimmten Rechtsweggarantie nicht vereinbar wäre, die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung überhaupt auszuschließen. Jedoch ist diese Möglichkeit dadurch eröffnet, dass bei Streitigkeiten über die Höhe des Einbringungswerts der Einbringende die für die aufnehmende Kapitalgesellschaft maßgebliche Steuerfestsetzung anfechten kann. Der Einbringende ist als Drittbetroffener anfechtungsberechtigt.

Die vorliegende Klage ist auch nicht als Feststellungsklage (§ 41 FGO) zulässig. Das FG Düsseldorf (Urteil vom 07.12.2010) hat entschieden, dass das aufnehmende Unternehmen im Wege der Feststellungsklage die Werte des angesetzten Betriebsvermögens überprüfen könne. Die aufnehmende Gesellschaft sei dem Einbringenden gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet, wenn der Ansatz des eingebrachten Vermögens in der Bilanz der aufnehmenden Gesellschaft nicht entsprechend den zuvor getroffenen Vereinbarungen erfolge und dem Einbringenden daraus ein Schaden, etwa in Gestalt eines nicht gewollten Veräußerungsgewinns, entstehe. Angesichts dessen sei ein wirtschaftliches Interesse der aufnehmenden Gesellschaft an der Feststellung der zutreffenden anzusetzenden Werte zu bejahen. Dem ist nicht zu folgen. Da dem Einbringenden insoweit ein eigenes Anfechtungsrecht gegen die Steuerfestsetzung des aufnehmenden Unternehmens zusteht, besteht daneben kein eigenes Feststellungsinteresse der aufnehmenden Gesellschaft. Denn sie kann möglichen Schadensersatzforderungen des Einbringenden entgegenhalten, dieser selbst habe die Möglichkeit gehabt, gegen die Bewertung des Betriebsvermögens durch Anfechtung des Steuerbescheids des aufnehmenden Unternehmens vorzugehen.

Ob im Streitfall D den angefochtenen Bescheid noch mit Aussicht auf Erfolg angreifen kann, muss im vorliegenden Verfahren nicht entschieden werden. Die von der Klägerin erhobene Klage ist jedenfalls unzulässig und muss daher abgewiesen werden.

Betroffene Norm

§ 40 Abs. 2 FGO, § 41 FGO, § 20 Abs. 2 S. 4 UmwStG a.F.
Streitjahr 2004

Vorinstanz

Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 28.07.2010, 2 K 322/10, siehe Deloitte Tax-News vom 04.03.2011 und vom 22.02.2011

Fundstelle

BFH, Urteil vom 08.06.2011, I R 79/10, BStBl II 2012, S. 421

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 10.01.2007, I R 75/05, BFH/NV 2007, S. 1506
BFH, Urteil vom 20.04.2011, I R 97/10, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, zur Vorinstanz siehe Deloitte Tax-News 
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.12.2010, 13 K 4432/08 AO, EFG 2011, S. 890, BFH I R 2/11, siehe Deloitte Tax-News

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