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10.06.2011
Verfahrensrecht

BFH: Erlass eines Berichtigungsbescheids in verjährter Zeit

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war Inhaber von zwei Betrieben, Betrieb A und Betrieb B, für die unterschiedliche Steuernummern vergeben waren. Der Kläger führte vor dem Finanzgericht einen Rechtsstreit, in dem er die Herabsetzung des Gewerbesteuermessbetrages 1990 für den Betrieb B begehrte. Das Finanzamt erließ im August 2003 einen geänderten Gewerbesteuermessbescheid 1990, verwechselte allerdings die beiden Betriebe des Klägers. Es verminderte die Besteuerungsgrundlagen für den Betrieb A, für den im Jahr 1997 ein einheitlicher Messbetrag 1990 bestandskräftig festgesetzt worden war. Im Jahr 2005 bemerkte das Finanzamt die Verwechslung und erließ im April 2005 einen nach § 129 AO berichtigten Bescheid, durch den der Gewebesteuermessbetrag 1990 für den Betrieb A wieder auf den ursprünglichen Betrag heraufgesetzt wurde. Außerdem erließ es auch für den Betrieb B einen geänderten Bescheid und verminderte den Messbetrag.

Gegen den Bescheid vom April 2005 für den Betrieb A wandte sich der Kläger. Das FG wies die anschließend erhobene Klage ab.

Entscheidung

Die Revision ist begründet. Das Finanzamt durfte den angefochtenen Gewerbesteuermessbescheid 1990 vom April 2005 für den Betrieb A nicht erlassen, da die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war.

Steuerfestsetzungen sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist (§169 Abs. 1 S. 1 und 2 AO). Die Festsetzungsfrist für einen Gewerbesteuermessbescheid 1990 für den Betrieb A war spätestens im Jahr 1998 abgelaufen. Der aufgrund einer Verwechslung trotz Verjährung im August 2003 erlassene Bescheid für den Betrieb A war zwar rechtswidrig, aber rechtlich existent und nicht etwa nichtig i.S. von § 125 AO ist (BFH-Beschluss vom 06.05.1994). Eine Möglichkeit, diesen Bescheid nach § 129 AO zu berichtigen, bestand nicht, da die Jahresfrist des § 171 Abs. 2 AO abgelaufen war. Wegen des Eintritts der Festsetzungsverjährung wäre auch mit Zustimmung des Klägers eine Aufhebung des Gewerbesteuermessbescheids 1990 nicht möglich gewesen (§ 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO).

Zutreffend hat das FG eine Aufhebung des Berichtigungsbescheids wegen widerstreitender Festsetzungen abgelehnt. Ein fehlerhafter Bescheid ist auf Antrag aufzuheben oder zu ändern, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise in mehreren Bescheiden zugunsten eines Steuerpflichtigen berücksichtigt worden ist, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen (§ 174 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 AO). Der fehlerhafte Bescheid darf nach § 174 Abs. 2 S. 2 AO allerdings nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist. Der Steuerpflichtige muss selbst, allein oder überwiegend, die fehlerhafte Berücksichtigung verursacht haben (BFH-Urteile vom 06.09.1995 und 13.11.1996, BFH-Beschluss vom 24.06.2004). Dies ist hier zu verneinen. Der Erlass des fehlerhaften Bescheids im August 2003 für den Betrieb A war nicht auf einen Antrag oder eine Erklärung des Klägers zurückzuführen, sondern beruhte auf einem Versehen des Finanzamts.

Betroffene Norm

§169 Abs. 1 S. 1 und 2 AO, § 129 AO, § 171 Abs. 2 AO, § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO, § 174 AO
Streitjahr 2005

Vorinstanz

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 16.05.2007, 9 K 3554/06 G

Fundstelle

BFH, Urteil vom 03.03.2011, III R 45/08, BStBl II 2011, S. 673 

Weitere Fundstellen

BFH, Beschluss vom 06.05.1994, V B 28/94, BFH/NV 1995, S. 275
BFH, Urteil vom 06.09.1995, XI R 37/95, BStBl II 1996, S. 148
BFH, Urteil vom 13.11.1996, XI R 61/96, BStBl II 1997, S. 170
BFH, Beschluss vom 24.06.2004, XI B 63/02, BFH/NV 2005, S. 1

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