Wachstumschancengesetz: Bundesrat nimmt Stellung
In seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Wachstumschancengesetzes schlägt der Bundesrat Änderungen vor, die stark davon geprägt sind, die Auswirkungen auf die Haushalte der Länder sowie der Gemeinden zu reduzieren. Bei der Ausgestaltung der Klimaschutz-Investitionsprämie sollte ein anderes Förderinstrument genutzt werden.
Hintergrund
Das Bundeskabinett hat am 30.08.2023 den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz) verabschiedet (siehe Deloitte Tax-News).
Mit dem Gesetzentwurf sollen die Wachstumschancen der deutschen Wirtschaft erhöht, Investitionen und Innovationen in neue Technologien ermöglicht und die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland gestärkt werden. So sollen Unternehmen eine Prämie von bis zu 30 Millionen Euro für Investitionen in den Klimaschutz und in Energie- und Ressourceneffizienz erhalten. Von den rund 50 Einzelmaßnahmen sind neben der Einführung einer Investitionsprämie, die Stärkung der steuerlichen Forschungsförderung sowie Verbesserungen des steuerlichen Verlustabzugs und der Abschreibungsbedingungen inkl. der temporären Wiedereinführung der degressiven AfA besonders hervorzuheben. Zur Gegenfinanzierung sind die Anpassung der Zinsschranke an die Vorgaben der ATAD, die Einführung einer Zinshöhenschranke und die Ausweitung der Pflicht zur Mitteilung von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen auf innerstaatliche Steuergestaltungen vorgesehen.
Der Bundesrat hat am 20.10.2023 zum Regierungsentwurf Stellung genommen. Die Bundesregierung wird zur Bundesratsstellungnahme eine Gegenäußerung verabschieden. Parallel hierzu haben bereits die Beratungen im Bundestag begonnen.
Stellungnahme Bundesrat
Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich das Vorhaben der Bundesregierung, bessere Rahmenbedingungen für mehr Wachstum, Investitionen und Innovationen auch zum Klimaschutz zu schaffen, er sieht jedoch umfangreichen Korrekturbedarf mit Blick auf die massiven Auswirkungen auf die Haushalte der Länder und Gemeinden. Er fordert generell eine umfassende Kompensation der finanziellen Belastungen der Länder und Gemeinden durch den Bund in Form von zusätzlichen Umsatzsteueranteilen durch Anpassung des Finanzausgleichsgesetzes. Darüber schlägt der Bundesrat folgende wesentliche Punkte vor.
- Anpassung MoPeG: Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich, dass die Bundesregierung Regelungen zur Anpassung der Steuergesetze an das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) zum 01.01.2024 aufgenommen hat. Die Anpassungen, insbesondere zum Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG), reichen für den Bundesrat nicht aus. Der Bundesrat verweist vor diesem Hintergrund auf seine Stellungnahme zum Mindestbesteuerungsumsetzungsgesetz (siehe Deloitte Tax-News).
- Klimaschutz-Investitionsprämie: Anstelle einer Umsetzung der Klimaschutz-Investitionsprämie durch die Finanzverwaltungen der Länder fordert der Bundesrat, diese als Zuwendung durch den Bund (z. B. Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle - BAFA) zu verwalten und aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren. Unabhängig von dieser generellen Position fordert der Bundesrat den Wechsel von der Orientierung an den Vorgaben des AGVO hin zu einem Notifizierungsverfahrens, um vor allem die Interessen der in besonderem Maße unterstützungsbedürftigen kleinen und mittleren Unternehmen zu berücksichtigen. Darüber hinaus sollte im weiteren Gesetzgebungsverfahren geprüft werden, ob die Voraussetzung der Begünstigung nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 KlimaInvPG in Bezug auf die Nutzung in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs des Anspruchsberechtigten zu überarbeiten ist.
- Übermittlung Identifikationsnummer an Arbeitgeber: Die Finanzämter sollen nach einem Vorschlag des Bundesrates die Identifikationsnummer des Arbeitnehmers auf Anfrage an den Arbeitgeber mitteilen, wenn dieser für den Arbeitnehmer bereits eine Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2022 (mittels eTin) übermittelt hat und der Arbeitgeber zugleich versichert, dass das Dienstverhältnis über den 31.12.2022 hinaus fortbestanden hat. Darüber hinaus muss der Arbeitnehmer seiner Verpflichtung, dem Arbeitgeber die Identifikationsnummer mitzuteilen (§ 39e Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG), trotz Aufforderung nicht nachgekommen sein.
- Dienstwagenbesteuerung: Der Bundesrat lehnt die Anhebung der maximalen Bruttolistenpreises zur Erlangung der „Viertel-Bemessungsgrundlage“ ab und schlägt vor, bei Hybrid-Pkw die Alternativmöglichkeit in Form der bestehenden Kilometergrenze zur Erlangung der „Halbe-Bemessungsgrundlage“ für Zulassungen ab 2025 zu streichen.
- Abschreibungen: Der Bundesrat macht sich für die Abschaffung der Bildung des Sammelpostens stark und hält daher die geplante Anhebung der betragsmäßigen Obergrenze von derzeit 1 000 Euro auf 5 000 Euro sowie die Verkürzung der Auflösungsdauer von bisher fünf auf drei Jahre für nicht notwendig. Weiterhin bitte der Bundesrat, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob im Zuge der befristeten Wiedereinführung der degressiven Absetzung für Abnutzung (AfA) für bewegliche Wirtschaftsgüter der maßgebliche Faktor zur Berechnung haushaltsverträglicher ausgestaltet werden kann.
- Rentenbesteuerung: Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die verfassungsrechtlich notwendigen Gesetzesänderungen zur Vermeidung einer zukünftigen „doppelten Besteuerung“ von Renten aus der Basisversorgung einer nochmaligen sorgfältigen Prüfung - unter der weiteren Einbeziehung der Fachebene der Länder - zu unterziehen und durch ein eigenständiges Gesetzgebungsverfahren umzusetzen.
- Thesaurierungsbegünstigung: Die neuen Regelungen bei der Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG-E sollen nach den Vorstellungen des Bundesrates erstmals für den Veranlagungszeitraum 2025 anzuwenden sein.
- Pflichtveranlagungsgrenze in § § 46 Absatz 2 Nr. 3 u. 4 EStG: Durch den Ansatz von 114 Prozent (bei Einzelveranlagung) der Summe aus dem Grundfreibetrag, dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag und dem Sonderausgaben-Pauschbetrag bzw. von 114 Prozent (bei Zusammenveranlagung) der Summe aus dem doppelten Grundfreibetrag, dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag und dem doppelten Sonderausgaben-Pauschbetrag soll die frühere Berücksichtigung einer Pauschale für Vorsorgeaufwendungen mit einem dynamischen Verweis ermöglicht werden.
- Zinshöhenschranke: In seiner Stellungnahme lässt der Bundesrat den §1a AStG-E aus dem Referentenentwurf zum ATAD-Umsetzungsgesetz von Ende 2019 als Alternative zur Zinshöhenschranke aufleben. So wird empfohlen, die im Regierungsentwurf vorgesehene Zinshöhenschranke zu streichen und stattdessen den § 1 AStG um zwei zusätzliche Absätze zu erweitern. Diese bauen auf dem Wortlaut des §1a AStG-E aus dem RefE-ATAD-Umsetzungsgesetz auf. Damit würden, wie beim §1a AStG-E, inhaltlich wesentlichen Aspekten der in Kapitel X der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien dargestellten Interpretation des Fremdvergleichsgrundsatzes bezüglich Finanzierungstransaktionen widersprochen.
- Steuerliche Förderung kleinerer Photovoltaikanlagen: Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Freigrenze in § 3 Nr. 72 EStG für die Steuerbefreiung von Einnahmen und Entnahmen der Photovoltaikanlage(n) in einen entsprechenden Freibetrag umgewandelt werden kann.
- Steuerfreigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung: Die im Regierungsentwurf in § 3 Nr. 73 EStG-E geplante Freigrenze von 1.000 Euro soll nach den Vorstellungen des Bundesrates nicht umgesetzt werden.
- Verlustverrechnung: Die Verlustabzugsbeschränkungen sind für den Bundesrat ein sicherndes Element für die fiskalisch notwendige Vorhersehbarkeit der Haushaltsplanung. Die im Regierungsentwurf vorgesehenen Erweiterungen des Verlustabzuges lehnt der Bundesrat vor diesem Hintergrund ab.
- Bonuszahlungen gesetzlicher Krankenversicherungen: Der Bundesrat hält es für notwendig, weiterhin an der vereinfachten und unbürokratischen steuerlichen Handhabung dieser Bonuszahlungen festzuhalten. Der Bundesrat fordert daher, im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine unbefristet geltende gesetzliche Regelung vorzusehen. Danach soll bei Bonuszahlungen bis zu einer Höhe von 150 Euro von keiner, den Sonderausgabenabzug mindernde Beitragsrückerstattung auszugehen sein.
- Fünftelungsregelung: Der Regierungsentwurf sieht die Streichung der Anwendung der sog. Fünftelungsregelung/-methode für außerordentliche Einkünfte im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens vor. Der Bundesrat hält die Aufhebung der bestehenden Regelung zur Berücksichtigung der Tarifermäßigung im Lohnsteuerabzugsverfahren für nicht erforderlich. Die Regelung ließe sich automatisiert umsetzen und würde bei Streichung bei Arbeitnehmern zu Liquiditätsnachteilen führen.
- Datenaustausch Unternehmen und private Kranken-/Pflegeversicherungen: Um bürokratischen Aufwand bei der (lohn-)steuerlichen Behandlung der Beiträge zu einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung zu mindern, soll ein umfassender elektronischer Datenaustausch zwischen den Unternehmen der privaten Kranken- und Pflegeversicherung, der Finanzverwaltung und den Arbeitgebern eingeführt werden (JStG2020). Der ursprünglich vorgesehene Start zum 01.01.2024 soll sich um 2 Jahr bis zum 01.01.2026 verschieben.
- Forschungszulage: Der Bundesrat lehnt die Ausweitung der Bemessungsgrundlage auf Sachaufwand ab.
- E-Rechnung: Der Bundesrat schlägt vor, die Einführung der verbindlichen E-Rechnung für inländische B2B Umsätze um 2 Jahre zu verschieben (= Empfang der E-Rechnung erst ab dem 1.1.2027 verpflichtend).
- Leistungen von Zweckbetrieben: Mit der in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG im Regierungsentwurf vorgesehenen Ergänzung soll auf die aktuelle BFH-Rechtsprechung reagiert und die Wahrung des bisherigen Status Quo erreicht werden. Nach der Auffassung des Bundesrates würden mit den Änderungen ungewollte Auswirkungen einhergehen, der Bundesrat lehnt sie daher ab.
- KMU-Verzicht auf Übermittlung der USt-VA und der USt-Steuererklärung für das Kalenderjahr: Der Bundesrat bittet im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die hierfür im Regierungsentwurf vorgesehene Ausnahmeregelung nicht gesetzessystematisch an anderer Stelle vorgenommen werden muss.
Fundstelle
Bundesrat, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz), BR-Drs. 433/23 (B)