Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD: Wie sehen die Leitlinien der Steuerpolitik aus?
CDU, CSU und SPD haben sich auf eine Große Koalition geeinigt und einen Koalitionsvertrag vorläufig unterzeichnet. Der Vertrag steht jedoch unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Unionsgremien und des SPD-Mitgliederentscheids. Das Ergebnis der SPD-Mitgliederbefragung soll am 14.12.2013 bekannt gegeben werden.
Der Vertrag trägt die Überschrift „Deutschlands Zukunft gestalten“. Große Reformvorhaben sucht man im Bereich Steuern vergeblich. Lediglich in den Bereichen Investmentsteuerrecht und Grundsteuer werden Reformen in Aussicht gestellt. Die Schwerpunkte der vereinbarten steuerlichen Maßnahmen liegen bei der Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens und der Bekämpfung internationaler Steuerumgehungsstrukturen.
Im Folgenden werden die in den verschiedenen politischen Feldern aufgenommenen Verlautbarungen zum Thema Steuern überblicksartig dargestellt:
Maßnahmen im Bereich Steuern
Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens
- Einführung einer vorausgefüllte Steuererklärung für alle Steuerpflichtigen bis zum Veranlagungszeitraum 2017, für Rentner/Pensionäre ab Veranlagungszeitraum 2015
- Ausbau der elektronischen Kommunikation mit dem Finanzamt
- Weitgehender Verzicht auf eine verpflichtende Übersendung der Papierbelege mit der Steuererklärung
- Zugrundelegung von risikoorientierten Parametern bei der Bearbeitung von Steuererklärungen
- Faktorverfahren Ehegatten: Festlegung für mehrere Jahre; Änderung, wenn sich die Einkünfte/Einkünfteverteilung in nicht nur geringem Ausmaß ändern/ändert
- Weiterentwicklung des Steuerverfahrensrechts in Richtung eines Selbstveranlagungsverfahrens (beginnend mit der Körperschaftsteuer)
- Stärkung des BZSt
- BZSt wird zur zentralen Anlaufstelle der Länder zur Unterstützung der Steuerfahndungsstellen
- BZSt wird zentrale Anlaufstelle für Gebietsfremde
- Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung (u.a. Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, Gewerbeordnung)
- Verbesserung der Rahmenbedingungen bei der Abgabenerhebung beim grenzüberschreitenden Warenverkehr (Stärkung IT-gestützte Analyse)
- Familienkassen des Bundes sollen bei der Bundesagentur für Arbeit zentriert werden
- Ausbau der steuerlichen IT
- Anwendung von sog. Nichtanwendungserlassen restriktiv handhaben
Bekämpfung internationaler Steuerumgehungsstrukturen
- Kampf gegen grenzüberschreitende Gewinnverlagerungen vorantreiben
- Wenn nationale Ziele im Rahmen der OECD-BEPS-Initiative sich bis 2015 nicht umsetzen lassen, Ergreifung nationaler Maßnahmen, internationale Initiativen sollen national vorbereitet werden
- Mögliche nationale Maßnahmen: Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs für Zahlungen an Briefkastenfirmen (ohne hinreichende aktive Geschäftstätigkeit), Schaffung eines öffentlichen Registers für alle wirtschaftlich Beteiligten an Trust-Konstruktionen (Vorbild Geldwäschegesetz), Quellenbesteuerung von Lizenzaufwendungen muss mit angemessener Besteuerung der Lizenzerträge im Empfängerland korrespondieren
- Einführung einer länderspezifischen Berichterstattung (country-by-country-reporting) im Bankenbereich und im Rohstoffhandel
- Revision des OECD-Musterabkommens zum Informationsaustausch mit dem Ziel des automatischen steuerlichen Informationsaustausches als internationalen Standard
- Ausdehnung der EU-Zinsrichtlinie auf alle Kapitaleinkünfte und alle natürlichen und juristischen Personen
- Bessere Abstimmung des Unternehmenssteuerrechts in der EU
- Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs
- Fortsetzung der Arbeiten an der nationalen Verhandlungsgrundlage für DBAs
- Vorgehen gegen Steuervermeidung durch Offshore-Finanzplätze
Maßnahmen gegen nationale Steuergestaltung und Steuerhinterziehung
- Prüfung, wie der Anteilstausch und Umwandlungen mit finanziellen Gegenleistungen nicht mehr systemwidrig steuerfrei gestaltet werden können (Umwandlungssteuerrecht, Hinweis: sog. Porsche-Deal)
- Weiterentwicklung der Regelung zur strafbefreienden Selbstanzeige (bei Handlungsbedarf), z.B Wirkung der Selbstanzeige künftig von den vollständigen Angaben zu den steuerrechtlich unverjährten Zeiträumen (zehn Jahre) abhängig machen
- Bei systematischen Verstößen von Banken gegen Steuerrecht kommen aufsichtsrechtliche Sanktionen bis hin zum Lizenzentzug in Betracht
- Überprüfung, ob durch eine Verbesserung des Informationsflusses von der BaFin an die Finanzbehörden Steuerhinterziehung wirksamer bekämpft werden kann
Gewerbesteuer, Erbschaftsteuer, Grundsteuer
- Planungssicherheit der Kommunen bei der Gewerbesteuer
- Erbschaftssteuer bleibt den Ländern als Einnahmequelle erhalten
- Grundsteuer wird unter Beibehaltung des Hebesatzrechtes für Kommunen zeitnah modernisiert
Sonstige Themen
- Ablehnung einer umsatzsteuerlichen Belastung kommunaler Beistandsleistungen (ggf. auf EU-Ebene dafür einsetzen)
- Steuerpflicht von Veräußerungsgewinnen aus Streubesitz soll ergebnisoffen aufgegriffen werden (Business Angels und Startups: Suchen nach Lösungen für besondere Belastungseffekte, wenn der Investor sich von seinem Engagement trennt)
Maßnahmen, die durch die jeweiligen Politikfelder initiiert wurden
Europäische Wirtschaftspolitik
- Innerhalb der EU soll Steuerdumping verhindert, Steueroasen ausgetrocknet und die Steuerharmonisierung vorangebracht werden
Existenzgründer und Wachstumsfinanzierung
- Rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen für Wagniskapital sollen international wettbewerbsfähig gestaltet und Deutschland als Fondsstandort attraktiv gemacht werden
Unternehmensnachfolge
- Unternehmensnachfolge soll auch künftig nicht durch die Erbschaftsbesteuerung gefährdet werden
- Es wird das Erfordernis einer verfassungsfest und mittelstandsfreundlich ausgestalteten Erbschafts- und Schenkungsteuer gesehen, die einen steuerlichen Ausnahmetatbestand beim Erhalt von Arbeitsplätzen vorsieht
Mittelstandsförderung
- Überprüfung der Thesaurierungsregelungen für Einzelunternehmen
Konventionelle und alternative Antriebe und Kraftstoffe
- Verlängerung der bis Ende 2018 befristete Energiesteuerermäßigung für klimaschonendes Autogas und Erdgas
Leistungsfähige Schifffahrt, Häfen und maritime Wirtschaft
- Erhalt der Tonnagesteuer
- Festhalten an der bis Ende 2015 befristeten Befreiung von Schiffserlöspools von der Versicherungssteuerpflicht, Prüfung einer pragmatischen Lösung für die Zeit danach
Regeln für die Finanzmärkte
- Zügige Umsetzung der Finanztransaktionssteuer mit breiter Bemessungsgrundlage und niedrigem Steuersatz, im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit in der EU, negative Auswirkungen auf die Altersversorgung, die Kleinanleger und die Realwirtschaft sollen verhindert werden
- Intensivierung des Kampfs gegen Finanzbetrug, Geldwäsche, und Steuerhinterziehung
Finanzielle Situation Alleinerziehender und Geschiedener
- Anhebung es steuerlichen Entlastungsbetrages für Alleinerziehende
- Künftig Staffelung der Höhe des Entlastungsbetrags nach der Zahl der Kinder
Kirchen und Religionsgemeinschaften
- Festhalten am System der Kirchensteuer, damit die Kirchen Planungssicherheit haben
Umwelt
- Aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit wird die Förderung des Agrardiesels in der jetzigen Form beibehalten und einheitliche europäische Regelung über die Energiesteuerrichtlinie angestrebt
Kultur
- Festhalten an der steuerlichen Förderung von Baudenkmälern und Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen
- Beibehaltung des verminderten Mehrwertsteuersatzes für Bücher, Zeitungen und Zeitschriften; in Zukunft ausdehnen auf Hörbücher
- Auf europäischer Ebene soll darauf hingewirkt werden, dass auf E-Books, E-Paper und andere elektronische Informationsmedien künftig der ermäßigte Mehrwertsteuersatz Anwendung finden kann
- Festhalten an den Steuererleichterungen für kulturelle Leistungen
- Bewahrung bestehender Standards der Steuererleichterungen für gemeinnützige Einrichtungen
- Prüfung, ob weitere Umsatzsteuererleichterungen für künstlerische Berufe möglich sind
Fundstelle
Vorläufig unterzeichneter Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD
