Jahressteuergesetz 2024: Bundesrat nimmt Stellung
Am 27.09.2024 hat der Bundesrat zum Regierungsentwurf eines Jahressteuergesetzes 2024 Stellung genommen. In seiner Stellungnahme schlägt der Bundesrat zahlreiche (kleinere) Gesetzesanpassungen, wie z.B. bei teilentgeltlichen Übertragungen von Einzelwirtschaftsgütern oder die Anhebung der Freibeträge für Zwecke der Körperschaft- und Gewerbesteuer, vor.
Hintergrund
Das Jahressteuergesetz 2024 ist ein klassisches, sogenanntes Omnibusgesetz, das eine Vielzahl von kleineren gesetzlichen Korrekturen und Anpassungen enthält, mit denen auf Rechtsprechungsänderungen reagiert werden soll. Darüber hinaus werden Fehler korrigiert und es wird auf die Veränderung von Verfahren und Zuständigkeiten reagiert.
Am 05.06.2024 hat sich das Bundeskabinett mit dem Gesetzentwurf befasst und den Regierungsentwurf verabschiedet (siehe Deloitte Tax News).
Am 27.09.2024 hat nun der Bundesrat zum Regierungsentwurf Stellung genommen.
Stellungnahme Bundesrat
Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme die folgenden wesentlichen Punkte aufgegriffen.
Einkommensteuergesetz
- Prüfung einer gesetzlichen Steuerbefreiung für alternative Wohnformen
- Private Veräußerungsgeschäfte: Ausweitung der Vorschrift § 23 S. 4 EStG auf Gesamthandsgemeinschaften als Reaktion auf die jüngste BFH Rechtsprechung (IX R 13/22); so soll auch die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Gesamthandsgemeinschaft als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter gelten
- Verhinderung einer Steuergestaltung bei der zusätzlichen Altersversorgung nach § 10a EStG
- Einführung einer Missbrauchsregelung analog zu § 17 Abs. 2a S. 5 EStG für im Privatvermögen gehaltene Anteile auf für im Betriebsvermögen gehaltene Beteiligungen durch eine Ergänzung in § 6 Abs. 1. EStG. Es soll verhindert werden, dass die Zahlung eines Aufgeldes im Rahmen einer Kapitalerhöhung bzw. die Zahlung eines Nachschusses auf einen konkret bezeichneten Geschäftsanteil zur gezielten Generierung eines Veräußerungsverlustes genutzt werden kann.
- Die im Regierungsentwurf enthaltene Regelung zur Definition einer Beteiligungsidentität an Mitunternehmerschaften muss nach den Vorstellungen des Bundesrates konkretisiert werden. Darüber hinaus soll in Reaktion auf ein BFH-Urteil aus dem Jahr 2021 (IV R 36/18, Deloitte Tax-News) durch einen neuen § 6 Abs. 5 S. 7 -neu- EStG-E sichergestellt werden, dass mehraktige Gestaltungen, die im Kern zum Inhalt haben, Einzelwirtschaftsgüter von einem Körperschaftsteuer-Subjekt auf ein anderes Körperschaftsteuer-Subjekt zu übertragen, verhindert werden sollen.
- Teilentgeltliche Übertragungen von Einzelwirtschaftsgüter: Durch eine Änderung in § 6 Abs. 5 S. 3 EStG-E soll nach den Vorstellungen des Bundesrates entgegen der aktuellen Rechtsprechung (IX R 15/23) sichergestellt werden, dass die stillen Reserven zu dem Prozentsatz aufgedeckt werden, der dem Verhältnis von Entgelt und gemeinem Wert entspricht.
- Die im Regierungsentwurf vorgesehenen Regelungen zur Einführung eines Mobilitätsbudgets mit pauschalierter Versteuerung sollen gestrichen werden.
- Die Antragsveranlagung für beschränkt Steuerpflichtige mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit soll in Reaktion auf ein EuGH-Urteil (C-627/22) allen EU- und EWR-Staatsangehörigen, die in der Schweiz ihren Wohnsitz haben bzw. für Schweizer Staatsangehörige, die ihren Wohnsitz in der EU oder der Schweiz haben, offenstehen.
- Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit: Bei der Berechnung des maßgeblichen Grundlohns für die Ermittlung des steuerfreien Anteils der Sonntags-, Feiertags-, und Nachtzuschläge soll die bisherige Verwaltungsauffassung entgegen jüngster BFH-Rechtsprechung (VI R 11/21) gesetzlich festgeschrieben werden. Danach soll für die Ermittlung des Grundlohns neben dem steuerpflichtigen Arbeitslohn lediglich steuerfreie Beiträge des Arbeitgebers zur betrieblichen Altersversorgung einbezogen werden, wenn sie laufender Arbeitslohn sind.
- § 4i EStG (Sonderbetriebsausgabenabzug bei Vorgängen mit Auslandsbezug) soll aufgehoben werden, da § 4k EStG (Betriebsausgabenabzug bei Besteuerungsinkongruenzen) den doppelten Abzug auch von Sonderbetriebsausgaben mit einschließt und die Regelung des § 4i EStG entbehrlich macht.
- Die bisherige Pflicht zur elektronischen Übermittlung der E-Bilanz als amtlich vorgeschriebenen Datensatz soll um die unverdichteten Kontennachweise mit Kontensalden sowie den Anlagenspiegel und das ihm zugrundeliegende Anlagenverzeichnis erweitert werden.
- Gebäudeabschreibung: Durch eine Änderung in § 7 Abs. 4 EStG soll festgeschrieben werden, dass für die Ermittlung der die Gebäude-AfA kürzere als der den Prozentsätzen in § 7 Abs. 4 S. 1 EStG rechnerisch zugrundeliegenden Nutzungsdauern nur vorgenommen werden darf, wenn ein Gebäude bereits im Zeitpunkt seiner Fertigstellung eine kürzere Nutzungsdauer hat oder die Nutzungsdauer weniger als 20 Prozent der den AfA-Sätzen des § 7 Abs. 4 S. 1 EStG rechnerisch zugrundeliegenden Absetzungszeiträumen beträgt. Darüber hinaus soll in § 11c EStDV festgehalten werden, dass für den Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer nur noch die Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken oder von Personen, die von einer nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken nach entsprechender Norm zertifiziert worden sind, zulässig ist.
- In Reaktion auf ein BFH-Urteil (VI R 20/21) soll die bisherige Verwaltungsauffassung zur Berücksichtigung der Unterkunftskosten bei doppelter Haushaltsführung im Ausland durch eine gesetzliche Regelung umgesetzt werden. Danach können die Unterkunftskosten für doppelte Haushaltsführung im Ausland in Höhe der dem Arbeitnehmer tatsächlich entstehenden Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft oder Wohnung angesetzt werden, höchstens jedoch 2 000 Euro im Monat.
- Der BFH hat in Änderung seiner Rechtsprechung zu § 23 EStG entschieden, dass der entgeltliche Erwerb des Anteils an einer Erbengemeinschaft nicht zur anteiligen Anschaffung eines zur Gesamthand der Erbengemeinschaft gehörenden Grundstücks führt (IX R 13/22). Darauf möchte der Bundesrat reagieren und schlägt Änderungen in §§ 17, 20 und 23 EStG sowie § 22 UmwStG vor, die klarstellen sollen, dass steuerrechtlich eine Nämlichkeit zwischen der angeschafften oder veräußerten unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft oder Gemeinschaft und dem anteiligen angeschafften oder veräußerten Wirtschaftsgut, welches der Personengesellschaft oder Gemeinschaft zuzurechnen ist, gegeben ist.
- Der Bundesrat schlägt in Reaktion auf ein BFH-Urteil aus dem Jahr 2024 (VI R 5/22, Deloitte Tax-News) vor, die Anforderungen der Lohnsteuerpauschalierung bei Betriebsveranstaltungen entsprechend der Verwaltungsauffassung gesetzlich zu verschärfen. Nach dem Vorschlag des Bundesrates soll eine Lohnsteuerpauschalierung nach § 40 Abs. 2 EStG nur noch möglich sein, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.
- Durch die Aufhebung des § 37 Abs. 3 S. 5 EStG soll nach den Vorstellungen des Bundesrates die Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne nach § 34a EStG bereits im Vorauszahlungsverfahren berücksichtigt werden.
- (29) Mit einer Ergänzung in § 4 LStDV soll die gesetzliche Grundlage für die digitale Aufbewahrung der zum Lohnkonto zu nehmenden Unterlagen und Belege nach Maßgabe der Vorschrift des § 147 Abs. 2 AO geschaffen werden.
Körperschaftsteuergesetz
- Mit einem neuen § 5 Abs. 3 – neu – KStG-E soll steuerpflichtigen Wohnungsgenossenschaften auf Antrag ermöglicht werden, ihre Immobilien auch an mehr als nur 89,99 Prozent ihrer Mitglieder zu vermieten, ohne dass es zu einer automatischen Steuerbefreiung und damit Aufdeckung der stillen Reserven kommt.
- Die Freibeträge bei Körperschaft- und Gewerbesteuer sollen auf 7.500 Euro angehoben werden.
Umwandlungssteuergesetz
- Die im Regierungsentwurf vorgesehenen Regelungen zur Abgabe der Schlussbilanz durch die übertragende Körperschaft sollen konkretisiert werden.
Außensteuergesetz
- Der Bundesrat schlägt die Einführung einer Übergangs- oder Nichtbeanstandungsfrist für Altverträge im Zusammenhang mit der Einführung des § 1 Abs. 3d AStG vor. Danach sollte § 1 Abs. 3d AStG nicht auf bis zum 31.12.2024 entstehende Aufwendungen anzuwenden sein, die auf Finanzierungsbeziehungen beruhen, die vor dem 01.01.2024 zivilrechtlich vereinbart wurden und deren tatsächliche Durchführung vor dem 01.01.2024 begonnen hat. Werden betroffene Finanzierungsbeziehungen nach dem 31.12.2023 und vor dem 01.01.2025 wesentlich geändert, sind die Regelungen nicht auf Aufwendungen anzuwenden, die vor der wesentlichen Änderung entstehen.
Abgabenordnung
- Mit dem Regierungsentwurf wird das Datenzugriffsrecht in § 147 Abs. 6 AO als Kann-Vorschrift ausgeführt. Der Bundesrat hält es jedoch für erforderlich, hieraus ein Recht der Außenprüfung zu machen.
- Der Bundesrat greift die bereits im Referentenentwurf (nicht mehr im Regierungsentwurf) enthaltene Regelung wieder auf, wonach die Übermittlung elektronischer Dokumente mit qualifizierter elektronischer Signatur oder von einem besonderen elektronischen Anwalts- oder Steuerberaterpostfach an das besondere elektronische Behördenpostfach gesetzlich ausgeschlossen werden soll, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Dies soll nicht für die elektronischen Postfächer der Gerichte und der Staatsanwaltschaft gelten.
Umsatzsteuergesetz
- Die im Regierungsentwurf vorgesehene Überarbeitung der Kleinunternehmerregelung soll noch nach den Vorstellungen des Bundesrates angepasst werden. So soll klargestellt werden, dass nach Ablauf der fünf Kalenderjahre zu Beginn jedes folgenden Kalenderjahres der Widerruf des Verzichts erfolgen kann.
- Mit Blick auf die Vorbereitungsmaßnahmen zur Einführung der verpflichtenden E-Rechnung sollte auf die Änderung zur IST-Versteuerung vorerst verzichtet werden.
- Der Bundesrat setzt sich dafür ein die Wertgrenzen für die Berichtigungspflicht nach § 44 Abs. 2 UStDV auf 1.000 Euro anzupassen.
Grunderwerbsteuergesetz
- Zur Herstellung von Rechtssicherheit und -klarheit zur Anwendung des § 1 Abs. 4a GrEStG-E sollte eine Anwendungsregelung im neuen § 23 Abs. 25 GrEStG erfolgen.
Erbschafsteuergesetz
- Die Erbfallkostenpauschale in § 10 Abs. 5 ErbStG sollte auf 20.000 Euro angehoben werden.
- Auch im Fall einer Insolvenz soll ein Gleichklang der Regelungen für Kapital- und Personengesellschaften hergestellt werden. Danach soll die insolvenzbedingte Auflösung nicht zum Wegfall der Steuerbegünstigung führen, wenn der Betrieb fortgeführt wird und soweit keine wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert werden.
Mindeststeuergesetz
- Wie auch im Diskussionsentwurf eines Mindeststeueranpassungsgesetzes vorgesehen, wird vorgeschlagen, durch eine Ergänzung in § 3 Abs. 1 MinStG eine Mindeststeuergruppe auch für eine einzelne im Inland belegene, nach § 1 steuerpflichtige Geschäftseinheit einer Unternehmensgruppe zu fingieren.
- Eine weitere vorgeschlagene Änderung betrifft die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des sogenannten CbCR-Safe-Harbour nach §§ 84 ff. MinStG. Danach soll durch eine Änderung des § 87 Nr. 1 S. 2 Buchst. a MinStG die Erforderlichkeit von Einzelabschlüssen gestrichen werden; anstelle von Einzelabschlüssen sollen auch sog. Berichtspakete als qualifizierte Abschlüsse bzw. Rechnungslegungsdaten zugelassen werden.
Weiteres Vorgehen
Der Bundestag hat sich am 25.09.2024 in 1. Lesung mit dem Regierungsentwurf befasst. Mit der 2./3. Lesung im Bundestag wird bereits zum 18.10.2024 gerechnet. Der Bundesrat wird sich voraussichtlich abschließend am 22.11.2024 mit dem Gesetz befassen.
Fundstelle
Bundesrat, Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Jahressteuergesetzes 2024, BR-Drs. 369/24 (B)