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14.06.2017
Unternehmensteuer

FG Schleswig-Holstein: Kein Verzicht auf Abgabe einer E-Bilanz wegen Sicherheitsbedenken

Mit Urteil vom 15.05.2018, VII R 14/17 hat der BFH die Auffassung des FG Schleswig-Holstein bestätigt, wonach nicht aufgrund von Sicherheitsbedenken auf die elektronische Übermittlung von Bilanz und GuV verzichtet werden kann. Eine Übersendung der Daten auf CD oder USB-Stick ist grundsätzlich nicht zulässig. Durch ein behauptetes Ausspähungsrisiko ergibt sich auch dann keine unbillige Härte i.S. der § 5b Abs. 2 S. 1 EStG und § 150 Abs. 8 AO, wenn der Steuerpflichtige ein sicherheitsrelevantes Unternehmen betreibt.
BFH, Urteil vom 15.05.2018, VII R 14/17, BVerfG-anhängig: 1 BvR 1656/18
                                                                                                                                             

Vorinstanz: FG Schleswig-Holstein

Die Abgabe einer E-Bilanz ist bei einer lediglich abstrakten Gefahr, dass Dritte mögliche Sicherheitslücken des SSL-Verfahrens zur gezielten Ausspähung übermittelter Daten der E-Bilanz nutzen könnten, nicht wirtschaftlich unzumutbar. Die Ablehnung des Finanzamts einer Datenübermittlung durch Übergabe eines Datenträgers (hier: USB-Stick) ist nicht ermessensfehlerhaft, solange die Finanzbehörde nicht über die den besonderen Sicherheitsstandards entsprechenden Möglichkeiten verfügt, die auf dem Datenträger übermittelten Daten in das System der Finanzverwaltung einzulesen.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH, deren Gegenstand die Herstellung und der Vertrieb von sicherungstechnischen Einrichtungen aller Art ist. Die Klägerin reichte die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung für das Streitjahr 2013 in Papierform ein. Das Finanzamt forderte die Klägerin zur Einreichung in elektronischer Form (E-Bilanz) auf.

Die Klägerin bot an, die bereits in Papierform eingereichten Daten dem Finanzamt zusätzlich auf einem Datenträger (hier: USB Stick) zur Verfügung zu stellen. Eine elektronische Übermittlung dieser Daten im Wege der Datenfernübertragung lehnte die Klägerin jedoch mit der Begründung ab, dass eine hohe Gefahr des Ausspähens dieser Daten bestünde und dies zu einer Existenzgefährdung der Klägerin führen könne. Gegen die erfolgte Zwangsgeldfestsetzung legte die Klägerin erfolglos Einspruch ein.

Entscheidung

Die zulässige Klage sei unbegründet. Die Zwangsgeldfestsetzung und die Aufforderung zur Abgabe der E-Bilanz seien rechtmäßig und würden die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen.

Gemäß § 5b Abs. 1 S. 1 EStG ist der Inhalt der Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustverrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, wenn der Gewinn nach § 4 Abs. 1, § 5 oder § 5a EStG ermittelt wird. Auf Antrag kann die Finanzbehörde zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten (vgl. § 5b Abs. 2 S. 1 EStG). Dem Antrag ist nach § 150 Abs. 8 S. 1 AO i. V. m. § 5b Abs. 2 S. 2 EStG zu entsprechen, wenn die elektronische Übermittlung für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Gemäß § 150 Abs. 8 S. 2 AO ist dies insbesondere der Fall, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre oder wenn der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen.

Im Urteilsfall läge keine wirtschaftliche oder persönliche Unzumutbarkeit vor, da die Klägerin die Steuererklärungen (Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuererklärung) in elektronischer Form per Datenfernübertragung übermittelt habe.

Eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit ergäbe sich auch nicht aus dem von der Klägerin vorgetragenen Ausspähungsrisiko, da die Klägerin diese Gefahr nicht näher konkretisieren könne und diese Gefahr lediglich abstrakter Natur sei. Auch unter Berücksichtigung der erst nach der Entscheidung des BFH vom 14.03.2012 bekannt gewordenen „Snowden-Enthüllungen“ stelle die bei der elektronischen Übermittlung der Daten im Wege der Datenfernübertragung abstrakte Gefahr des Ausspähens der Daten keine unverhältnismäßige Belastung des Steuerpflichtigen dar. Das Ausspähungsrisiko und die ggfs. mögliche Nutzung dieser Daten von Konkurrenzunternehmen betreffe eine Vielzahl von Steuerpflichtigen und stelle kein Ausnahmefall dar, der unter eine Härtefallregelung fallen könne. Die vom Gesetzgeber für alle Steuerpflichtigen eingeführte Verpflichtung der Übermittlung per Datenfernübertragung sei auch verfassungsgemäß.

Weiter sei die Ablehnung des Antrags auf Verzicht auf die Übermittlung der E-Bilanz per Datenfernübertragung nicht ermessensfehlerhaft, solange die Finanzbehörde nicht über die den besonderen Sicherheitsstandards entsprechenden Möglichkeiten verfüge, die auf einem Datenträger (hier: USB-Stick) übermittelten Daten in das System der Finanzverwaltung einzulesen.

Betroffene Normen

§ 5b Abs. 2 S. 2 EStG, § 150 Abs. 8 AO
Streitjahr 2013

Anmerkung

Die o.g. FG-Entscheidung steht auch im Einklang mit der bisherigen BFH-Rechtsprechung (vgl. Urteile vom 14.03.2012 (siehe Deloitte Tax-News) und vom 17.08.2015) zu dieser Thematik. Der BFH hat bereits mit Urteil vom 14.03.2012 entschieden, dass die (grundsätzliche) Verpflichtung Umsatzsteuer-Voranmeldungen elektronisch zu übermitteln, verfassungsgemäß ist und dass das hohe Alter und die mangelnde Computererfahrung lediglich einzelner Geschäftsführer keine persönliche Unzumutbarkeit begründet. Mit Urteil vom 17.08.2015 hat der BFH darüber hinaus entschieden, dass die gesetzlich nicht vorgesehene Datenübermittlung durch Übergabe eines Datenträgers (z.B. CD oder USB-Stick) nicht zulässig ist.

Fundstellen

BFH, Urteil vom 15.05.2018, VII R 14/17, BVerfG-anhängig: 1 BvR 1656/18

FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 08.03.2017, 1 K 149/15

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 14.03.2012, XI R 33/09, BStBl. II 2012, S. 477, siehe Deloitte Tax-News 

BFH, Urteil vom 17.08.2015, I B 133/14 (NV)

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