FG Nürnberg: Umsatztantiemen als verdeckte Gewinnausschüttungen auch bei Minderheitsaktionären
Nur im Ausnahmefall (in der Gründungsphase oder Aufbauphase des Unternehmens) ist eine Umsatztantieme beim Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH steuerlich anzuerkennen, wenn diese zeitlich und höhenmäßig begrenzt ist. Diese Grundsätze gelten auch für Aktiengesellschaften und deren Minderheitsaktionäre.
Sachverhalt
Die Klägerin war eine AG, dessen Vorstand K zu 1/3 an der AG beteiligt war. Gemäß dem Anstellungsvertrag bekam K eine Gewinntantieme, deren Höhe abhängig vom Jahresgewinn vor Abzug der Kosten des Vorstands war, mindestens bekam K jedoch einen Fixbetrag (von 50.000 Euro in 12 gleichen Monatsbeträgen). Zusätzlich erhielt K eine Umsatztantieme i.H. v. 1% aus dem jeweiligen Verkaufsumsatz aus Immobilienverkäufen.
Nach dem Finanzamt war bei der Berechnung der Gewinntantiemen der im Vorjahr erzielte Verlust zu berücksichtigen. Folglich sei ein Teilbetrag der Gewinntantiemen als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu qualifizieren. Darüber hinaus stellten aus Sicht des Finanzamts die Umsatzprovisionen - nach Abzug des Fixums - in voller Höhe verdeckte Gewinnausschüttungen dar. Hingegen vertrat die AG die Auffassung, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung im Fall eines Minderheitsaktionärs nur im Ausnahmefall in Betracht kommt.
Entscheidung
Das FG Nürnberg schließt sich dem Finanzamt an und nimmt eine vGA an, da die Verluste des Vorjahres nicht bei der Ermittlung der Gewinntantiemen berücksichtigt wurden. Weiter stellt nach dem FG auch die Umsatztantieme eine vGA dar.
Verdeckte Gewinnausschüttung
Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht.
Kein Mehrheitsaktionär erforderlich
Eine vGA scheidet aus Sicht des FG nicht deswegen aus, weil es sich bei der Klägerin um eine AG und bei K um einen Minderheitsaktionär handelt. Denn auch in einer solchen Konstellation könne eine Vergütung durch die Rechtsstellung als Aktionär mitverursacht sein. Dies gelte insbesondere für die die Gewährung einer Umsatztantieme, die der BFH auch bei einem (GmbH-)Minderheitsgesellschafter als vGA beurteilt. Dies zeige, dass es auf die Durchsetzbarkeit des Willens in der Gesellschafterversammlung nicht ankommt. Dann könne dies aber auch nicht anders zu entscheiden sein, wenn es keine Gesellschafterversammlung gibt, sondern die Entscheidungen in einer Aufsichtsratssitzung getroffen werden.
Verluste sind bei der Ermittlung der Gewinntantiemen zu berücksichtigen
Nach dem FG hat die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Gewinntantieme vor Steuern und Tantiemen zu erfolgen. Die „Kosten des Vorstands“ umfassen den Gesamtaufwand der Vorstandsvergütungen inkl. der Tantieme-Rückstellungen. Diese Abzüge sind bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zu eliminieren. Außerdem sind nach dem FG die erlittenen Verluste des Vorjahres zu berücksichtigen. Bei der Begründung beruft sich das FG auf Rechtsprechung des BFH, nach der eine an den in der Handelsbilanz ausgewiesenen Jahresüberschuss anknüpfende Gewinntantieme, die eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer verspricht, im Allgemeinen steuerlich nur anzuerkennen ist, wenn unter der (Mit-)Verantwortung des Gesellschafter-Geschäftsführers angefallene oder noch anfallende Jahresfehlbeträge laut Handelsbilanz ebenfalls in die Bemessungsgrundlage der Tantieme einbezogen werden (vgl. BFH-Urteil vom 18.09.2007, I R 73/06). Die Jahresfehlbeträge seien regelmäßig vorzutragen und durch zukünftige Überschüsse auszugleichen. Hiervon abweichende Tantiemevereinbarungen führen nach dem BFH regelmäßig zu einer vGA.
Umsatztantieme nur im Ausnahmefall steuerlich anzuerkennen
Auch die Umsatztantieme ist nach dem FG nicht steuerlich anzuerkennen und führt deshalb zur Annahme einer vGA. Das FG beruft sich bei dieser Streitfrage wiederum auf bisherige BFH-Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 19.02.1999, I R 105-107/97 sowie den BFH-Beschluss vom 12.10.2010, I B 70/10). Umsatztantiemen sind nach dem BFH nur im Ausnahmefall (Gründungs- oder Aufbauphase) steuerlich anzuerkennen, wenn diese zeitlich und höhenmäßig begrenzt ist; hierbei ist unbeachtlich, ob der Begünstigte lediglich Minderheitsgesellschafter ist. Dies gelte folglich auch für Aktiengesellschaften.
Im Streitfall sei die Umsatztantieme des K weder zeitlich noch höhenmäßig begrenzt. Weiter befand sich die AG nicht mehr in der Gründungs- oder Aufbauphase. Folglich sei die Umsatztantieme steuerlich nicht anzuerkennen.
Betroffene Normen
§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG
Streitjahre 2012-2016
Fundstelle
FG Nürnberg, Urteil vom 19.07.2022, 1 K 1489/20; BFH-anhängig: I R 36/22
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 18.09.2007, I R 73/06, BStBl. II 2008, 314
BFH, Urteil vom 19.02.1999, I R 105-107/97, BStBl. II 1999, S. 321
BFH, Beschluss vom 12.10.2010, I B 70/10