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18.03.2020
Unternehmensteuer

FG Münster: Steuerliche Beurteilung einer Gewinnausschüttung im Rückwirkungszeitraum

Aktuell: Der BFH hat die Auffassung des FG Münster bestätigt.

BFH, Beschluss vom 12.04.2022, VIII R 35/19, siehe Deloitte Tax-News
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FG Münster (Vorinstanz):
Wird ein Einzelunternehmen mitsamt der Beteiligung an einer GmbH nach § 20 Abs. 5 S. 1 i.V.m. Abs. 6 UmwStG rückwirkend in eine weitere Kapitalgesellschaft eingebracht, so ist eine im Rückwirkungszeitraum vorgenommene Gewinnausschüttung aus der miteingebrachten Kapitalgesellschaftsbeteiligung nicht mehr dem Einbringenden, sondern der übernehmenden Gesellschaft zuzurechnen. Die Überweisung des ausgeschütteten Betrags auf das private Bankkonto des Einbringenden führt nicht zu einer kapitalertragsteuerpflichtigen „Weiterausschüttung“ der übernehmenden Gesellschaft an den Einbringenden, sondern stellt eine Entnahme gemäß § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG dar.  

Sachverhalt

Ein Einzelunternehmen, zu dessen Betriebsvermögen eine Beteiligung an einer GmbH gehört, wird in eine weitere Kapitalgesellschaft mit steuerlicher Rückwirkung eingebracht. Im Rückwirkungszeitraum erfolgt eine Gewinnausschüttung der GmbH an den Einbringenden und eine Überweisung des Ausschüttungsbetrags von dem betrieblichen Bankkonto des Einzelunternehmens auf das private Bankkonto des Einbringenden.

Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Gewinnausschüttung der GmbH aufgrund der rückwirkenden Einbringung (nachträglich) nach § 8b Abs. 1, 5 KStG zu 95 % steuerbefreit sei, da die Gewinnausschüttung der übernehmenden Kapitalgesellschaft als Empfängerin zuzurechnen sei. Weiter stelle die Überweisung vom betrieblichen auf das private Bankkonto des Einbringenden eine „Weiterausschüttung“ der übernehmenden Gesellschaft an den Einbringenden dar, die mit dem Teileinkünfteverfahren zu besteuern und der Kapitalertragsteuer zu unterwerfen sei.

Entscheidung

Auch das FG kommt zu dem Ergebnis, dass die im Rückwirkungszeitraum vorgenommene Gewinnausschüttung der GmbH nach § 8b Abs. 1, 5 KStG zu 95 % steuerbefreit ist. Allerdings liegt nach seiner Ansicht keine kapitalertragsteuerpflichtige „Weiterausschüttung“ der übernehmenden Kapitalgesellschaft an den Einbringenden, sondern vielmehr eine Entnahme gemäß § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG vor.

Gesetzliche Grundlage

Nach § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG sind das Einkommen und das Vermögen des Einbringenden und der übernehmenden Gesellschaft auf Antrag so zu ermitteln, als ob das eingebrachte Betriebsvermögen mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags auf die Übernehmerin übergegangen wäre. Dies gilt hinsichtlich des Einkommens und des Gewerbeertrags nicht für Entnahmen und Einlagen, die nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag erfolgen (vgl. § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG). Nach § 20 Abs. 5 S. 3 UmwStG sind die Anschaffungskosten der Anteile um den Buchwert der Entnahmen zu vermindern.

Übernehmende Gesellschaft als Empfänger der Gewinnausschüttung

Die Gewinnausschüttung der GmbH ist nach Ansicht des FG – und soweit ersichtlich – auch nach einhelliger Auffassung in der Literatur aufgrund der rückwirkenden Einbringung nicht mehr dem Einzelunternehmen, sondern der übernehmenden Gesellschaft zuzurechnen. Dies ergebe sich aus § 20 Abs. 5 S. 1 i.V.m. Abs. 6 UmwStG. Dass zivilrechtlich die Gewinnausschüttung an den Einbringenden vorgenommen wurde und dieser zivilrechtlich auch noch an der GmbH beteiligt war, ändere daran nichts. Für die steuerliche Beurteilung sei nach § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG gerade nicht die zivilrechtliche Lage, sondern die o. g. steuerliche Rückwirkungsfiktion maßgebend. Des Weiteren sei die Gewinnausschüttung nach § 8b Abs. 1, 5 KStG zu 95 % steuerbefreit, da sie mit der übernehmenden Gesellschaft nunmehr einer Kapitalgesellschaft zugerechnet wird.

Keine unmittelbare „Weiterausschüttung“ der Gewinnausschüttung

Eine zusätzliche „Weiterausschüttung“ der Gewinnausschüttung von der übernehmenden Gesellschaft an den GmbH-Gesellschafter könne nicht angenommen werden. Wenn man die vorgenommene Überweisung auf das private Bankkonto außer Betracht lässt, sei der ausgeschüttete Betrag durch die bloße Ausschüttung steuerlich noch nicht in den Bereich des Einbringenden gelangt.

Überweisung vom betrieblichen auf das private Bankkonto als Entnahme gemäß § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG

Entgegen einiger Auffassungen in der Literatur stellt nach Ansicht des FG die „Überweisung“ auf das private Bankkonto des Einbringenden eine Entnahme nach § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG dar.
Bevor es zur rückwirkenden Einbringung des Einzelunternehmens in die Kapitalgesellschaft gekommen ist, sei in dieser Überweisung eine Entnahme aus dem Einzelunternehmen i.S.v. § 4 Abs. 1 S. 2 EStG zu sehen gewesen. Durch die rückwirkende Einbringung des Einzelunternehmens wäre diese Entnahme nach § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG an sich rückwirkend als vGA zu beurteilen gewesen. Nach § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG bleibe es aber dabei, dass die Überweisung als Entnahme und nicht als vGA zu qualifizieren ist. Danach gilt die Rückwirkungsfiktion des § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG nicht für Entnahmen, die nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag erfolgen. Um eine solche handelt es sich hier, so das FG.

Das FG spricht sich somit dagegen aus, eine „Weiterausschüttung“ von der übernehmenden Gesellschaft an den Einbringenden anzunehmen, wenn bzw. soweit die Ausschüttung beim Einbringenden endgültig verbleibt. Ist der Einbringende eine natürliche Person, unterliege die „Weiterausschüttung“ dort der Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren und bei der leistenden Gesellschaft der Kapitalertragsteuerpflicht.

Auch einer weiteren Auffassung in der Literatur, wonach eine „sonstige Gegenleistung“ im Sinne des § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 4, § 20 Abs. 3 S. 3 UmwStG vorliege, wenn bzw. insoweit der Einbringende den ausgeschütteten Betrag behalten dürfe, schließt sich das FG nicht an.

Keine planwidrige Regelungslücke

Auch wenn die Qualifizierung der Überweisung auf das private Bankkonto als Entnahme gemäß § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG im Ergebnis dazu führt, dass der ausgeschüttete Betrag an eine natürliche Person gelangt ist, ohne dass es zu einer Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren gekommen ist, besteht nach Ansicht des FG keine planwidrige Regelungslücke. Schließlich werde die zunächst unterbliebene Besteuerung der entnommenen Beträge als vGA bei einer späteren Anteilsveräußerung nachgeholt. Die gemäß § 20 Abs. 5 S. 3 UmwStG um den Buchwert der Entnahmen gekürzten Anschaffungskosten der Anteile erhöhen einen etwaigen nach § 17 EStG zu erfassenden Veräußerungsgewinn. 

Betroffene Norm

§ 20 Abs. 5 S. 1 i.V.m. § 20 Abs. 6 UmwStG, § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG

Streitjahr 2016

Anmerkungen

Gegenmeinung in der Literatur

In der Literatur wird u.a. von Patt (in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, Stand: 01.11.2019, § 20 UmwStG, Rz. 318, 2. Spiegelstrich) die Feststellung einer Entnahme nach § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG – wie vom FG angenommen – abgelehnt. Nach Patt bedeutet nämlich eine Entnahme eine Verwendung von betrieblichen Wirtschaftsgütern einer einkommensteuerpflichtigen Person für private oder betriebsfremde Zwecke derselben Person. Die Ausschüttung des Gewinns einer körperschaftsteuerpflichtigen Person an eine einkommensteuerpflichtige Person als ihren Anteilseigner erfülle diese Voraussetzung nicht. Patt spricht sich für eine kapitalertragsteuerpflichtige „Weiterausschüttung“ der übernehmenden Gesellschaft an den tatsächlichen Empfänger aus, wenn der Einbringende die Gewinnausschüttung endgültig behält.

Fundstellen

BFH, Beschluss vom 12.04.2022, VIII R 35/19, siehe Deloitte Tax-News 

Finanzgericht Münster, Urteil vom 11.12.2019, 10 K 2506/17 Kap, EFG 2019, S. 2015

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