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18.03.2021
Unternehmensteuer

FG Münster: Gestellung von Personal-und Sachmitteln eines gemeinnützigen Krankenhauses für ambulante Nebentätigkeit

Das FG Münster stuft die Erträge eines Krankenhauses aus der Gestellung von Personal- und Sachmitteln an sein angestelltes ärztliches Personal für deren genehmigte ambulante Tätigkeit (Chefarztambulanzen) als Teil des Krankenhauszweckbetriebes ein. Zudem nimmt das FG zum Veranlassungszusammenhang von Betriebsausgaben im Kontext mit der verbilligten Abgabe von Speisen an Personal Stellung. 

Sachverhalt

Das FG hatte zu beurteilen, ob Erträge eines gemeinnützigen Krankenhauses, die aus der Personal- und Sachgestellung an angestelltes ärztliches Personal resultierten, dem Krankenhauszweckbetrieb im Sinne des § 67 AO oder – so die Ansicht der Finanzverwaltung – dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzurechnen waren.

Nutzungsentgelte

Die ambulanten Behandlungen wurden im Rahmen einer vom Krankenhaus genehmigten Nebentätigkeit durchgeführt und erfolgten innerhalb der sozialrechtlichen Ermächtigungen (insb. nach § 116 SGB V). Die Dienstaufgaben durften durch die Nebentätigkeit nicht beeinträchtigt werden. Zudem wurde die Nebentätigkeitserlaubnis seitens des Krankenhauses unter der Bedingung ausgesprochen, dass die medizinische Behandlung in den Räumlichkeiten des Krankenhauses unter Nutzung von dessen Einrichtungen und Geräten zu erfolgen hatte. Für die Nutzung wurden entsprechende Entgelte zwischen dem Krankenhaus und dem ärztlichen Personal vereinbart. Die Abrechnung für durchgeführte Behandlungen gegenüber Privatversicherten erfolgte durch die behandelnden Ärzte selbst. 

Die Finanzverwaltung ordnete die Erträge aus den Nutzungsentgelten dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu. Hiergegen wendete sich das Krankenhaus und begehrte die Zuordnung zum steuerbegünstigten Krankenhauszweckbetrieb im Sinne des § 67 AO. Begründet wurde dies u.a. damit, dass die durchgeführten Behandlungen im Rahmen der Nebentätigkeit typische Krankhausleistungen darstellten, die dem gesetzlichen Versorgungsauftrag entsprächen. Sozialrechtlich sei ermächtigtes Personal dem Krankenhaus zuzurechnen und sei nicht mit einer niedergelassenen Praxistätigkeit vergleichbar.

Verbilligte Abgabe von Speisen und Getränken

Darüber hinaus betrieb das Krankenhaus eine Cafeteria, in der Speisen und Getränke zu marktüblichen Preisen an Dritte verkauft wurden. Krankenhauseigenes Personal hatte auf Basis einer Betriebsvereinbarung Anspruch auf eine vergünstigte Abgabe. Aus dem Cafeteriabetrieb ergab sich insgesamt ein Verlust, der seitens des Krankenhauses bisher vollständig dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugeordnet wurde. Das Finanzamt sah die verbilligte Abgabe an das Personal als durch das Anstellungsverhältnis veranlasst an und nahm insofern eine Neuzuordnung der Betriebsausgaben zum steuerbegünstigten Zweckbetrieb vor.

Entscheidung

Nutzungsentgelte aus der Personal- und Sachgestellung

Das FG bestätigt die Rechtsansicht des Krankenhauses und ordnet die Nutzungsentgelte aus der Personal- und Sachgestellung (inkl. der Übernahme der Abrechnungstätigkeit) sowohl resultierend aus der Behandlung von gesetzlich Versicherten als auch von Privatversicherten insgesamt dem Krankenhauszweckbetrieb nach § 67 AO zu. 

Dabei beruft sich das FG auf die vom BFH aufgestellten Grundsätze zum Umfang des Krankenhauszweckbetriebs (vgl. u.a. BFH vom 31.07.2013, I R 82/12). Hiernach handele es sich solange um typischerweise gegenüber Patienten erbrachte Behandlungen, als das Krankenhaus von Gesetzes wegen zur Sicherstellung seines Versorgungsauftrags zu diesen Leistungen befugt und der jeweilige Sozialversicherungsträger zur Zahlung grundsätzlich verpflichtet sei. Der Zurechnungszusammenhang zum Krankenhauszweckbetrieb einer ambulanten Behandlung zum Krankenhaus werde – ähnlich wie bei der ambulanten Abgabe von Zytostatika - nicht unterbrochen, da die auf Grundlage des § 116 SGB V sozialversicherungsrechtlich zulässige Behandlung innerhalb des Krankenhauses erbracht werden muss und nicht im Rahmen einer niedergelassenen Praxis außerhalb des Krankenhausbetriebs. Insbesondere sei es unbeachtlich, ob die Behandlung im Rahmen der Dienstaufgabe oder als Nebentätigkeit durchgeführt werde. Eine Unterscheidung zwischen gesetzlich Versicherten und Privatpatienten bzw. Selbstzahlern, gegenüber denen die allgemeinen Entgelte für Krankenhausleistungen abgerechnet wurden, sei aufgrund des Typisierungscharakters des § 67 AO nicht geboten. Da die Personal- und Sachgestellung allein der für ein Krankenhaus typischen ambulanten Behandlung durch das nach § 116 SGB V ermächtigte ärztliche Personal gedient habe, seien die Gewinne hieraus insgesamt dem Krankenhauszweckbetrieb zuzurechnen.

Verbilligte Abgabe von Speisen und Getränken

Das FG folgt der Auffassung des Finanzamtes dem Grunde nach und ordnet die im Zusammenhang mit der an das Krankenhauspersonal verbilligten Abgabe von Speisen und Getränken stehenden Betriebsausgaben dem steuerbegünstigten Zweckbetrieb zu. 

Als Begründung greift das FG auf die ständige BFH-Rechtsprechung zurück (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 15.1.2015, I R 48/13). Hiernach seien Betriebsausgaben im Rahmen des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nur zu berücksichtigen, wenn sie durch das Unterhalten dieses Geschäftsbetriebs veranlasst seien. Unberücksichtigt blieben Betriebsausgaben, die auch ohne bzw. soweit diese ohne den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb entstanden wären. Dabei gelte der für die steuerliche Beurteilung maßgebliche Veranlassungszusammenhang das Prinzip der wertenden Selektion von Aufwandsursachen. Bestehen mehrere Veranlassungszusammenhänge, so können diese jeweils anteilige Berücksichtigung finden.

Da sich das Krankenhaus gegenüber seinem Personal arbeitsrechtlich zu einer verbilligten Verköstigung verpflichtet habe, seien diese Aufwendungen auch ohne den Cafeteriabetrieb entstanden und seien entsprechend nicht durch den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb veranlasst.

Das FG ließ die Revision aufgrund grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu.

Betroffene Norm

§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, §§ 14, 64 und 67 AO, § 116 SGB V

Streitjahre 2009-2011

Anmerkungen

Die Entscheidung ist mit Blick auf die Beurteilung, welche Leistungen dem Krankenhauszweckbetrieb im Sinne des § 67 AO zuzurechnen sind, zu begrüßen. Das Urteil folgt den von der Rechtsprechung der letzten Jahre aufgestellten Grundsätzen, wonach nicht die Differenzierung zwischen Dienstaufgabe und Nebentätigkeit maßgeblich ist und auch nicht zwingend auf eine vertragsärztliche bzw. privatärztlicher Zulassung abgestellt werden muss. Entscheidend ist, ob die Tätigkeit im Rahmen des gesetzlichen Versorgungsauftrages liegt. Ob der BFH der Auffassung des FG dem Grund und auch dem Umfang der Zurechnung folgt, bleibt bis zur Entscheidung über die Revision abzuwarten. 

Fundstellen

Finanzgericht Münster, Urteil vom 13.01.2021, 13 K 365/17 K, G, F, Revision anhängig unter BFH V R 2/21

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 31.07.2013, I R 82/12, BStBl. II 2015, 123

BFH, Urteil vom 15.1.2015, I R 48/13, BStBl. II 2015, 713

Ihre Ansprechpartner

Dr. Achim Bollweg
Partner

abollweg@deloitte.de
Tel.: +49 511 3023 4421

Sabine Kachel
Senior Manager

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Tel.: +49 511 3023 4150

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