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30.03.2017
Unternehmensteuer

FG Köln: Pauschales Betriebsausgabenabzugsverbot bei grenzüberschreitender Betriebsaufspaltung

Aktuell: Der BFH kommt übereinstimmend mit dem FG und entgegen der überwiegenden Auffassung im Schrifttum zu dem Schluss, dass die Grundsätze der Betriebsaufspaltung auch dann zur Anwendung kommen, wenn ein inländisches Besitzunternehmen ein im Ausland belegenes Grundstück an eine ausländische Betriebskapitalgesellschaft verpachtet.

BFH, Urteil vom 17.11.2020, I R 72/16, siehe Deloitte Tax-News
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FG Köln (Vorinstanz)

Bei Überlassung einer im Ausland belegenen wesentlichen Betriebsgrundlage durch ein inländisches Besitzunternehmen an eine ausländische Betriebsgesellschaft ist eine grenzüberschreitende Betriebsaufspaltung anzunehmen. Ein DBA-Schachtelprivileg steht der Anwendung des pauschalen Betriebsausgabenabzugsverbots nach § 8b Abs. 5 S. 1 KStG nicht entgegen.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine gemeinnützige rechtsfähige Stiftung, gründete eine niederländische 100 %ige Tochtergesellschaft (B.V.), der sie ein in den Niederlanden belegenes Grundstück verpachtete, das diese in Ausübung ihrer operativen Geschäftstätigkeit als Betriebsgrundstück nutzte. In 2012 wurde die Ausschüttung einer Dividende an die Klägerin beschlossen.

Das Finanzamt ging davon aus, dass eine Betriebsaufspaltung über die Grenze zwischen der Klägerin als inländischem Besitzunternehmen und der BV als ausländischem Betriebsunternehmen vorliege. Die aus der Nutzungsüberlassung des Grundstücks an die BV erzielten Verpachtungseinkünfte stellten aufgrund der Betriebsaufspaltung gewerbliche Einkünfte dar, welche in Deutschland jedoch abkommensrechtlich von der Besteuerung freigestellt seien. Die Gewinnausschüttung der BV sei nach § 8b Abs. 1, Abs. 5 KStG steuerfrei, wobei allerdings 5 % pauschal als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben zu berücksichtigen seien.

Entscheidung

Das Finanzamt sei zu Recht davon ausgegangen, dass die grenzüberschreitende Betriebsaufspaltung bei der Klägerin infolge der Erzielung von Einkünften i.S.d. § 15 EStG zu einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 S. 1 AO) geführt habe und die Gewinnausschüttung gem. § 8b Abs. 1, 5 KStG lediglich zu 95% steuerfrei sei.

Die Voraussetzungen einer personellen und sachlichen Verflechtung seien aufgrund der 100 %igen Beteiligung der Klägerin an der BV sowie der Verpachtung des der BV als Geschäftslokal dienenden Grundstücks durch die Klägerin unstreitig erfüllt. Umstritten sei aber, ob durch eine inländische Besitzgesellschaft und eine ausländische Betriebsgesellschaft die Folgen einer Betriebsaufspaltung „über die Grenze“ herbeigeführt werden könnten. Ein Teil der Literatur lehne dies ab, da das Betriebsunternehmen im Inland keine Betriebsstätte unterhalte oder weil die ausländischen Vermietungseinkünfte nicht zu gewerblichen Einkünften umqualifiziert werden dürften. Das FG Köln ist anderer Ansicht: Es reiche aus, dass der einheitliche geschäftliche Betätigungswille im Inland gebildet werde und wesentliche Betriebsgrundlagen an das ausländische Betriebsunternehmen überlassen werden (so auch Hessisches FG, Urteil vom 26.03.2015).

Die im Rahmen des betriebsaufspaltungsbedingt vorliegenden wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs der Klägerin zu berücksichtigenden Dividenden aus der Beteiligung an der BV seien im Ergebnis zu Recht gem. § 8b Abs. 5 KStG mit 5% der Körperschaftsteuer unterworfen worden.

Die Dividenden seien zwar – wie von § 8b Abs. 1 S. 1 KStG für die Freistellung vorausgesetzt – Bezüge i.S.d § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Auch seien die Dividenden nach dem DBA-Niederlande – wegen des erfüllten Schachtelprivilegs – zu 100% steuerfrei. Dies gelte deshalb, weil die innerstaatliche Umqualifizierung in gewerbliche Einkünfte nach den deutschen Grundsätzen der Betriebsaufspaltung auf die abkommensrechtliche Einkunftsqualifikation nicht durchschlage (so jetzt auch BMF-Schreiben vom 26.09.2014). Abkommensrechtlich verbleibe es daher bei der tatsächlich verwirklichten Einkunftsart, hier also derjenigen aus Kapitalvermögen, und beim Vorliegen von Dividenden.

Die Frage, ob das DBA-Schachtelprivileg für Dividenden die Anwendung des § 8b Abs. 5 S. 1 KStG ausschließt, wird in Rechtsprechung und Literatur teilweise unterschiedlich beantwortet. Teilweise wird insoweit vertreten, dass die Befreiungsnormen nach DBA und nach § 8b Abs. 1 KStG gleichrangig nebeneinander stünden, so dass der Steuerpflichtige nach dem Prinzip der „Meistbegünstigung“ die für ihn vorteilhaftere Regelung auswählen könne (DBA-Freistellung und Anwendung von § 3c Abs. 1 EStG oder Anwendung von § 8b Abs. 1, 5 KStG). Das FG lehnt eine solche Wahlmöglichkeit des Steuerpflichtigen ab.

Durch die Schachtelstrafe komme es auch nicht zu einem „treaty override“ (vgl. BFH-Urteil vom 29.08.2012 zu § 8b Abs. 7 KStG i.d.F. des StBereinG 1999). Die Freistellung nach dem DBA-Schachtelprivileg beziehe sich auf die Einnahmen (Bruttodividende), während die Besteuerung des Betriebsausgabenabzugs ausschließlich dem Wohnsitzstaat zugewiesen sei, der über diese im Rahmen seiner innerstaatlichen steuerrechtlichen Regelungen frei entscheiden könne.

Hinweis

Mit Beschluss vom 16.01.2019, I R 72/16 hat der BFH das BMF in den Entscheidungsprozess, welche Grundsätze der Betriebsaufspaltung in grenzüberschreitenden Sachverhalten gelten, eingebunden.

Betroffene Norm

§ 8b Abs. 5 KStG

Streitjahr 2012 

Fundstellen

BFH, Urteil vom 17.11.2020, I R 72/16, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Beschluss vom 16.01.2019, I R 72/16, siehe Deloitte Tax-News 

Finanzgericht Köln, Urteil vom 31.08.2016, 10K 3550/14

Weitere Fundstellen

Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 26.03.2015, 10 K 2347/09, EFG 2015, S. 1454, rechtskräftig

BMF, Schreiben vom 26.09.2014, BStBl. I 2014, S. 1258, Tz. 2.2.

BFH-Urteil vom 29.08.2012, I R 7/12, siehe Deloitte Tax-News 

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