FG Köln: Aktivierung von Beiträgen zur Instandhaltungsrückstellung
Beiträge zur Instandhaltungsrückstellung einer Wohnungseigentümergemeinschaft sind bei bilanzierenden Unternehmen zu aktivieren, solange diese noch nicht für Instandhaltungsmaßnahmen tatsächlich verwendet worden sind. Dem steht auch nicht die jüngere Rechtsprechung des BFH zur grunderwerbsteuerlichen Behandlung von geleisteten Beiträgen zu einer Instandhaltungsrückstellung in Veräußerungsfällen entgegen.
Tatbestand
Ein bilanzierendes Unternehmen (U) ist im Bereich des An- und Verkaufs von Immobilien tätig. 2016 erwarb es mehrere Teileigentumsrechte an einer Immobilie. Nach dem Kaufvertrag sollte der Anteil des Verkäufers an den gemeinschaftlichen Geldern (u. a. Instandhaltungsrückstellung) bei Besitzübergang auf U übergehen. Das Finanzamt setzte Grunderwerbsteuer fest.
Hinsichtlich der bilanziellen Behandlung des erworbenen Anteils an der Instandhaltungsrückstellung vertrat U die Auffassung, dass dieser nicht zu aktivieren sei. Dem widersprach das Finanzamt.
Entscheidung
Das FG schließt sich der Auffassung des Finanzamtes an, dass geleistete Beiträge zu Instandhaltungsrückstellungen zu aktivieren sind.
Gesetzliche Grundlagen
Nach § 10 Abs. 6 S. 1 WEG 2007 kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gegenüber Dritten und Wohnungseigentümern selbst Rechte erwerben und Pflichten eingehen. Gemäß § 10 Abs. 7 WEG 2007 gehört das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Zu einer ordnungsmäßigen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung gehört gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG 2007 die Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrückstellung.
BFH-Rechtsprechung zur bilanziellen Behandlung einer Beteiligung an Instandhaltungsrückstellung
Nach der bisherigen Rechtsprechung muss ein bilanzierender Gewerbetreibender, dem eine Eigentumswohnung gehört und der Zahlungen in eine von der Wohnungseigentümergemeinschaft gebildete Instandhaltungsrückstellung geleistet hat, seine Beteiligung an der Instandhaltungsrückstellung mit dem Betrag der geleisteten und noch nicht verbrauchten Einzahlungen aktivieren (BFH, Urteil vom 05.10.2011, I R 94/10).
Danach sind Wirtschaftsgüter alle Sachen, Rechte, tatsächlichen Zustände und konkreten Möglichkeiten, die entweder einzeln oder zusammen mit dem Betrieb übertragen werden können und aus der Sicht eines potenziellen Betriebserwerbers einen eigenständigen Wert haben (BFH, Urteil vom 30.09.2010, IV R 28/08). Die Beteiligung an einer Instandhaltungsrückstellung i.S.d. § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG 2007 erfüllt diese Voraussetzungen. Denn zum einen vermittelt sie einen geldwerten Anspruch des Wohnungseigentümers auf Bezahlung von Aufwendungen aus der Instandhaltungsrückstellung (BFH, Urteil vom 09.10.1991, II R 20/89). Zum anderen kann der genannte Anspruch jedenfalls zusammen mit dem Betrieb des Wohnungseigentümers übertragen werden. Ein Erwerber des entsprechenden Betriebs wird der Beteiligung an der Rückstellung einen eigenständigen Wert zumessen, da er in derselben Weise wie zuvor der Veräußerer von ihr profitiert und würde diesen Vorteil bei marktgerechtem Verhalten im Rahmen des Kaufpreises für den Betrieb abgelten. Daher ist die Beteiligung an der Instandhaltungsrückstellung als Wirtschaftsgut anzusehen und in der Steuerbilanz eines betrieblich beteiligten Wohnungseigentümers in Höhe der Anschaffungskosten (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG) zu aktivieren.
Wenn der Eigentümer einer Eigentumswohnung diese zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nutzt, sind die von ihm in eine Instandhaltungsrückstellung eingezahlten Beträge erst mit deren Verbrauch durch die Eigentümergemeinschaft als Werbungskosten abziehbar (BFH, Urteil vom 21.10.2005, IX B 144/05). Sie sind zwar mit ihrer Einzahlung bei dem Eigentümer abgeflossen, gehören aber aus steuerrechtlicher Sicht nach wie vor zu seinem Vermögensbereich.
Diese Beurteilung hat der BFH auch für die Rechtslage nach der Einführung des § 10 Abs. 6 und 7 WEG 2007 bestätigt. Danach ist die Frage, zu welchem Zeitpunkt die zur Instandhaltungsrückstellung geleisteten Beiträge als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können, unabhängig davon zu beurteilen, wie die Rechtsbeziehungen der Wohnungseigentümer zur Eigentümergemeinschaft zivilrechtlich einzustufen sind. Die Zuweisungsentscheidung in § 10 Abs. 7 WEG 2007, wonach „das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gehört“, beantwortet nicht die nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG allein maßgebliche Frage, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe der Steuerpflichtige Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung tätigt (BFH, Urteile vom 09.12.2008, IX B 124/08 und vom 05.10.2011, I R 94/10).
Im Streitfall: Geleistete Beiträge zu Instandhaltungsrückstellungen sind zu aktivieren
Das FG bestätigt diese Sichtweise. Danach musste U als bilanzierender Steuerpflichtiger die von ihm geleisteten Beiträge zu Instandhaltungsrückstellungen aktivieren.
Grunderwerbsteuerliche Behandlung steht Aktivierung nicht entgegen
Dem steht auch nicht die jüngere Rechtsprechung des BFH zur grunderwerbsteuerlichen Behandlung von geleisteten Beiträgen zu einer Instandhaltungsrückstellung in Veräußerungsfällen entgegen, wonach beim Erwerb von Teileigentum der vereinbarte Kaufpreis als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht um die anteilige Instandhaltungsrückstellung zu mindern ist (BFH, Urteil vom 16.09.2020, II R 49/17). Der BFH hat ausdrücklich klargestellt, dass dabei unbeachtlich ist, wie die Instandhaltungsrückstellung ertragsteuerrechtlich zu behandeln ist.
Ertragsteuerliche Einstufung
Umgekehrt ändere auch die grunderwerbsteuerliche Betrachtung nichts an der ertragsteuerlichen Einstufung. Tatsächlich und bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise vermittelt die Beteiligung an einer Wohnungseigentümergemeinschaft bei Bildung einer Instandhaltungsrückstellung dem jeweiligen Eigentümer einen geldwerten Anspruch auf Bezahlung von Aufwendungen aus der Instandhaltungsrückstellung. Auch wenn der Anspruch erst später bei Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen entsteht, ist die Entstehung bereits zum Zahlungszeitpunkt wirtschaftlich verursacht. Der Anspruch wird – unabhängig von der grunderwerbsteuerlichen Betrachtung des BFH – unter wirtschaftlichen Aspekten im Veräußerungsfall von einem Wohnungsveräußerer auf den Erwerber übertragen und abgegolten. Der entsprechende Wert der Instandhaltungsrückstellung ist bei U in der Bilanz wirtschaftlich durch Aktivierung zu erfassen und zur Vervollständigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu dokumentieren.
Betroffene Normen
§ 6 Abs. 1 EStG, §§ 10, 21 WEG 2007
Fundstelle
Finanzgericht Köln, Urteil vom 21.06.2023, 2 K 158/20