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12.01.2023
Unternehmensteuer

FG Hamburg: Anerkennung einer Organschaft bei Umwandlung des Gewinnabführungs- oder Verlustübernahmeanspruchs in ein Darlehen

​Der Durchführung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft steht die Umwandlung eines Gewinnabführungs- oder Verlustübernahmeanspruchs in ein Darlehen nicht entgegen, sofern der Darlehensanspruch werthaltig ist. Ein solches Darlehen muss dabei nicht fremdüblich vereinbart sein. 

Sachverhalt

Alleinige Gesellschafterin der A-GmbH war die B-UG. Die beiden Gesellschaften schlossen in 2015 einen Ergebnisabführungsvertrag, wonach zwischen der A-GmbH als Organgesellschaft und der B-UG als Organträgerin eine Organschaft begründet wurde. Im Jahr 2016 wandelten die B-UG und die A-GmbH die Forderung/Verbindlichkeit aus dem abzuführenden Gewinn für das Wirtschaftsjahr 2015 in ein verzinsliches Darlehen um. Eine entsprechende Darlehensumwandlung schlossen die Organträgerin und Organgesellschaft auch in 2017 in Bezug auf den Verlustausgleichsanspruch für den Jahresfehlbetrag der A-GmbH aus dem Geschäftsjahr 2016. In 2018 wurden die B-UG und die A-GmbH auf eine weitere Gesellschaft verschmolzen.

Das Finanzamt versagte der Organschaft zwischen der B-UG und der A-GmbH die steuerliche Anerkennung.

Entscheidung

Das FG geht entgegen der Ansicht des Finanzamtes vom Bestehen eines Organschaftsverhältnisses zwischen der B-UG und der A-GmbH aus.

Wirksamer Gewinnabführungsvertrag

Nach Auffassung des FG schlossen die B-UG und die A-GmbH einen wirksamen Ergebnisabführungsvertrag, sodass die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 S. 1 KStG für die Begründung einer ertragsteuerlichen Organschaft vorlagen. Die Organschaft ist laut FG auch gem. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KStG während ihrer gesamten Geltungsdauer durchgeführt worden.

Die Verschmelzung zwischen Organträgerin und Organgesellschaft während der Mindestlaufzeit des Ergebnisabführungsvertrags von 5 Jahren sei für die Durchführung des Vertrages nicht schädlich. Zwar ende der Vertrag im Rahmen der Verschmelzung durch Konfusion. Die Verschmelzung sei aber einer zulässigen Kündigung aus wichtigem Grund gleichzusetzen, die gem. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 2 KStG unschädlich ist (vgl. auch FG Hamburg, Urteil vom 04.09.2020, 6 K 150/18, BMF-Schreiben vom 11.11.2011, Tz. Org. 04).

Umwandlung des Gewinnabführungs- oder Verlustübernahmeanspruchs in ein Darlehen unschädlich

Auch die vertraglich vereinbarten Umwandlungen des abzuführenden Gewinns und des Verlustausgleichsanspruchs in unbefristete Darlehen stehen nach Ansicht des FG der Durchführung des Gewinnabführungsvertrags nicht entgegen.

Tatsächlich durchgeführt wird ein Ergebnisabführungsvertrag i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG, wenn er entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen vollzogen wird. Die nach den GoB ermittelten Gewinne sind tatsächlich durch Zahlung oder Verrechnung an den Organträger abzuführen. Zur tatsächlichen Durchführung des Gewinnabführungsvertrages reiche der Verbindlichkeitsausweis in der Bilanz der Organgesellschaft allein nicht aus; die Organgesellschaft müsse diese Verbindlichkeit auch zeitnah erfüllen.

Die zeitnahe Erfüllung könne jedoch auch durch Erfüllungssurrogate erfolgen, wie etwa durch eine Aufrechnung (vgl. BFH-Beschluss vom 26.04.2016, I B 77/15). Auch die Umwandlung in ein Darlehen sei möglich, da der Anspruch damit zwischen den Organgesellschaften rechtlich anerkannt und durch Novation erfüllt wird (vgl. z.B. auch Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, § 14 Rz. 520). Eine vorherige Erfüllung der gegenseitigen Ansprüche durch Zahlung und anschließende Neuausreichung als Darlehen sei nicht erforderlich und stelle lediglich einen umständlichen Umweg dar, der zur Durchführung des Gewinnabführungsvertrags nicht erforderlich ist, wenn sich die Parteien vor der Erfüllung durch Zahlung auf eine Darlehensumwandlung einigen, und hierdurch die Ansprüche aus dem Gewinnabführungsvertrag rechtlich erfüllen.

Der Darlehensanspruch müsse dabei weder marktüblich sein noch fremdüblich verzinst werden. Die steuerliche Würdigung einer Darlehensforderung habe nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu erfolgen und löse bei marktunüblichen Darlehenskonditionen etwa verdeckte Gewinnausschüttungen aus.

Werthaltigkeit der Darlehensforderung

Erforderlich für eine Erfüllung durch Umwandlung in ein Darlehen ist laut FG jedoch, dass der Darlehensanspruch – wie bei einer Aufrechnung als Erfüllungssurrogat – werthaltig ist (vgl. z.B. auch Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, § 14 Rz. 520).

Vorliegend war nach Auffassung des FG die Werthaltigkeit des Darlehensanspruchs aus der Umwandlung des Gewinnabführungsanspruchs gegeben. Die Organgesellschaft war aus Sicht des FG weder zahlungsunfähig noch überschuldet und die Darlehensforderung ist auch nicht ausgefallen, sondern ihr stand später der Verlustausgleichsanspruch gegen die Organträgerin gegenüber, der ebenfalls in ein Darlehen umgewandelt wurde. In Bezug auf die Darlehensverpflichtung der B-UG als Organträgerin aus der Umwandlung der Verlustübernahmeverpflichtung sei ebenfalls von einer Werthaltigkeit auszugehen. Dies folge schon daraus, dass die B-UG eine Aufrechnungsmöglichkeit mit dem Darlehensanspruch aus der Gewinnabführungsverpflichtung hatte.

Betroffene Normen

​§ 14 Abs. 1 S. 1 KStG

Streitjahr 2016​

Anmerkungen

Verbuchung der Verpflichtungen aus einem Gewinnabführungsvertrag auf einem Verrechnungskonto

Mit Urteil vom 21.06.2022 (10 K 1406/18, BFH-anhängig: I R 37/22, siehe Deloitte Tax-News) hat das FG Köln entschieden, dass eine bloße Verbuchung einer Verbindlichkeit auf einem Verrechnungskonto oder auch eine erst nach Jahren erfolgte Aufrechnung für die tatsächliche Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags nicht ausreichen. Denn die für die Anerkennung einer ertragsteuerlichen Organschaft erforderliche tatsächliche Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags setze voraus, dass die durch den Gewinnabführungsvertrag begründeten Verpflichtungen innerhalb angemessener Zeit beglichen werden.​

Während das FG Köln es also nicht genügen lässt, schlicht Forderungen und Verbindlichkeiten auf einem Verrechnungskonto einzubuchen, bietet das FG Hamburg einen Ausweg über die Umwandlung in ein Darlehen. Ob die beiden FG-Urteile vor dem BFH Bestand haben werden, bleibt abzuwarten. Im Fall des FG Köln wurde bereits Revision eingelegt und im Fall des FG Hamburg Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.

Fundstelle

Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 30.06.2022, 6 K 182/20, EFG 2022, S. 1868, Nichtzulassungsbeschwerde: I B 45/22

Weitere Fundstellen

​FG Hamburg, Urteil vom 04.09.2020, 6 K 150/18, EFG 2021, S. 55, siehe Deloitte Tax-News 

BFH, Urteil v. 20.01.1999, IR 69/97, BStBl. II 1999, 514

BMF, Schreiben vom 11.11.2011, Umwandlungssteuererlass, BStBl. I 2011, S. 1314
 

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