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11.02.2025
Unternehmensteuer

FG Berlin-Brandenburg: Gewerbesteuer-Freiheit von Veräußerungsgewinnen von Krankenhaus-Grundstücken

Erste finanzgerichtliche Entscheidung zur Reichweite der Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 GewStG im Zusammenhang mit Veräußerungsgewinnen (Sale-and-lease-back): Der aus der Veräußerung eines Krankenhaus-Grundstücks erzielte Veräußerungsgewinn – auch im Rahmen eines Sale-and-lease-backs – ist von der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 20 Buchst. e GewStG umfasst. 

Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.01.2025, 8 K 8040/24, zulässige Revision wurde nicht eingelegt

Hintergrund

Die Beteiligten stritten um die Reichweite der Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 20 Buchst. e GewStG. 

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb den gesamten Geschäftsbetrieb einer Rehabilitationsklinik, deren Leistungen unstrittig zur ambulanten und stationären Rehabilitation im Sinne des § 3 Nr. 20 Buchst. e GewStG von der GewSt befreit sind und führte diesen ununterbrochen fort. Dabei wurden sämtliche dem Geschäftsbetrieb der Klinik zugeordneten und durch diese genutzten materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände erworben, insbesondere der Grundbesitz mit allen darauf errichteten Gebäuden mit allem Zubehör.

Kurz darauf veräußerte die Klägerin das Grundstück und erzielte einen Veräußerungsgewinn. Die Grundstückskäuferin vermietete sodann das Grundstück an die Klägerin zurück (Sale-and-lease-back-Transaktion).

Nach Auffassung der Außenprüfung falle der Klinikbetrieb unstreitig unter die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 20 Buchst. e GewStG. Es seien aber nur die aus dem Betrieb der Einrichtung erzielten Erträge befreit. Der Verkauf des Grundstücks sei von der Befreiung jedoch nicht umfasst. Der Verkauf des Grundstücks sei für die Tätigkeit der Klägerin nicht erforderlich gewesen und auch ohne weiteres von der befreiten Tätigkeit trennbar. Durch den Verkauf und die anschließende langfristige Rückmietung würden Gelder aus dem SV-System systematisch zu Lasten der Kostenstrukturen der SV-Träger abgeschöpft. Insofern sei es folgerichtig und dem Zweck der Norm entsprechend, wenn die Steuerbefreiung für den Veräußerungsgewinn nicht gewährt werde.

Entscheidung

Das FG kommt in Übereinstimmung mit der Klägerin zu dem Ergebnis, dass der erzielte Veräußerungsgewinn von der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 20 Buchst. e GewStG umfasst ist. Der Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks im Rahmen des Sale-and-lease-backs unterliegt ebenfalls der Befreiung. Der Gewerbeertrag ist um den Veräußerungsgewinn zu mindern.

Gesetzliche Grundlage und Rechtsgrundsätze

Nach § 3 Nr. 20 Buchst. e Satz 1 GewStG sind Krankenhäuser, Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime, Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen und Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen sowie Einrichtungen zur ambulanten oder stationären Rehabilitation von der Gewerbesteuer befreit, wenn bei Einrichtungen zur ambulanten oder stationären Rehabilitation die Behandlungskosten in mindestens 40% der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind. Weitere Voraussetzung ist, dass die Einrichtung Leistungen im Rahmen der verordneten ambulanten oder stationären Rehabilitation im Sinne des Sozialrechts einschließlich der Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder erbringt.

Nach der Rechtsprechung des BFH erfordern die Steuerbefreiungsvorschriften eine Differenzierung zwischen begünstigten und nicht begünstigten Tätigkeiten der Einrichtung. Soweit der Träger der Einrichtung außerhalb derselben Erträge erzielt, unterliegen diese der Gewerbesteuer. Denn der Zweck der Steuerbefreiung liegt darin, die bestehenden Versorgungsstrukturen bei der Behandlung kranker und pflegebedürftiger Personen zu verbessern und die Sozialversicherungsträger von Aufwendungen zu entlasten. Hieraus lässt sich ableiten, dass nur diejenigen Erträge begünstigt sind, die aus dem Betrieb der jeweiligen Einrichtung selbst erzielt werden, denn nur insoweit entstehen für die Sozialversicherungsträger Kosten.

Entscheidungsgründe des FG

Der Ertrag aus der Veräußerung des Grundstücks unterfällt ebenfalls der Gewerbesteuerbefreiung, weil er noch als ein aus dem Betrieb der Einrichtung resultierender Ertrag anzusehen ist. 

Der Klägerin ist darin zu folgen, dass es sich bei der vorliegenden Gestaltung um eine übliche Finanzierungsform handelt und diese im Rahmen der Finanzierungsfreiheit des Betriebs liegt. Die Maßnahme (der Verkauf und die Rückanmietung des Grundstücks) diente der Klägerin zur Refinanzierung des eigenen Kaufpreises bzw. der Finanzierung von weiteren Sanierungen bzw. der Erweiterung des Betriebs oder lediglich der Stärkung des Betriebskapitals. Dadurch konnte auch ganz abstrakt der Befreiungszweck erreicht werden, nämlich die bestehenden Versorgungsstrukturen bei der Behandlung kranker und pflegebedürftiger Personen zu verbessern.

Der Klägerin ist weiterhin darin zu folgen, dass die gewählte Gestaltung der Finanzierung des Erwerbs diente und der einmalige Ertrag weder von den laufenden Aufwendungen in der Zukunft (Mietzahlungen) noch von den früheren Aufwendungen (Absetzung für Abnutzung) getrennt werden kann.

Der Gesetzgeber ist mit der gesetzlichen Normierung der Befreiungsvorschriften davon ausgegangen, dass die Befreiung von Umsatzsteuer und Gewerbesteuer in gleichem Umfang geregelt werden sollte. Das Gericht geht davon aus, dass der Gesetzgeber gerade hier nicht von einer Ausscheidung der einzelnen Umsätze ausging, vielmehr nur eine Regelungsnotwendigkeit bei der auf Umsätze zielenden Umsatzsteuer für notwendig hielt, weil die Befreiung der Gewerbesteuer den Ertrag des Betriebs insgesamt erfasste.

Die Veräußerung ist hiernach als begünstigtes Hilfsgeschäft zu beurteilen und kann nicht anders als andere Hilfsgeschäfte der Einrichtung behandelt werden, die mit dem Betrieb der Einrichtung verbunden sind, aber nur mittelbar der „Leistung am Patienten“ dienen. Würde man generell eine Veräußerung von Wirtschaftsgütern ausscheiden, weil keine befreite Tätigkeit i.S. einer Heilbehandlungstätigkeit vorliege, müsste letztlich auch eine verlustbehaftete Veräußerung ausgeschieden werden, mithin wären Gewerbeverluste zu ermitteln und für die Zukunft festzustellen.

Fazit

Damit ist der aus der Veräußerung eines Krankenhaus-Grundstücks erzielte Veräußerungsgewinn – auch im Rahmen eines Sale-and-lease-backs – von der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 20 Buchst. e GewStG umfasst. ​

Betroffene Normen

​§ 3 Nr. 20 Buchst. e GewStG

Streitjahr ​2016

Anmerkungen

​Das Klageverfahren wurde erfolgreich gemeinsam mit dem Deloitte-Legal-Team (Volker Radermacher und Tobias Prommer) geführt.

Ansprechpartner von Business Tax sind: Ralf Ellsel und Claudia Specht.

Fundstelle

Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.01.2025, 8 K 8040/24, zulässige Revision wurde nicht eingelegt

Ihre Ansprechpartner

Ralf Ellsel
Partner

rellsel@deloitte.de
Tel.: +49 30 25468118

Claudia Specht
Senior Manager

cspecht@deloitte.de
Tel.: +49 30 25468119

Volker Radermacher
Partner

vradermacher@deloitte.de
Tel.: +49 211 8772 3655

Tobias Fabian Prommer
Senior Associate

toprommer@deloitte.de
Tel.: +49 211 8772 4139

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